Fortbildungstage in Wernigerode

Lust auf Leistung

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Passgenau auf die aktuelle Diskussion über die steigende Parodontitisprävalenz bei den Erwachsenen und Senioren und auf die sich daraus ergebenden Herausforderungen für die Zahnärzteschaft zugeschnitten, standen Parodontitis und Mundschleimhauterkrankungen im Mittelpunkt der 16. Fortbildungstage der Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt vom 19. bis 21. September 2008 in Wernigerode.

Mehr als 500 Zahnärzte und über 400 Praxismitarbeiterinnen kamen nach Wernigerode zu einem anspruchsvollen Vortrags- und Seminarprogramm, für das als wissenschaftlicher Leiter Prof. Dr. Dr. Søren Jepsen, Bonn, gewonnen worden war.

Es gebe „sehr gute Gründe auch über das Zahnbett und über die Mundhöhle hinaus“, die Parodontitistherapie und -prophylaxe in jede Zahnarztpraxis einzubetten, gab Jepsen den Teilnehmern als Fazit mit auf den Weg: Die Parodontologie halte viele Möglichkeiten bereit, wie man dem Patienten helfen könne; sie sei evidenzbasiert, erfordere allerdings auch einen hohen (nicht zuletzt personellen) Aufwand, um die Patienten über viele Jahre in der Praxis zu betreuen. Man leiste dabei jedoch zugleich einen wichtigen Beitrag, um auch allgemeingesundheitliche Risiken einzudämmen. In 13 wissenschaftlichen Vorträgen und sieben praktischen Kursen und Seminaren sowie in einem weitgehend dem Generalthema der Tagung angepassten Vortrags- und Seminarprogramm für Praxismitarbeiterinnen wurde die hier angedeutete breite Palette an Fragestellungen erörtert; vieles, was in Wernigerode diskutiert wurde, war anwendungsbereites Wissen gleich für den nächsten Praxistag.

Der Präsident der Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt, Dr. Frank Dreihaupt, erfreut über die Rekordbeteiligung, nutzte das Forum, um seine Kollegen einerseits zu ermutigen, andererseits zu ermahnen. Mut machte er ihnen bezüglich der Zukunft der zahnärztlichen Tätigkeit. Bei aller Ablehnung der derzeitigen Gesundheitsreform, die nach den Vorstellungen der Bundesgesundheitsministerin geraden Wegs in die Staatsmedizin führen solle und das bewährte System ruinieren werde, sehe er mittelfristig gute Chancen für die Zahnheilkunde. Neben dem derzeitigen Kollektivvertragssystem eröffne das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz „neue Welten“ mit Selektivverträgen. Daran, dass es sie auch in der zahnmedizinischen Versorgung geben werde, sei nicht mehr zu zweifeln – folglich komme es darauf an, sich diesen neuen Anforderungen rechtzeitig zu stellen, den Markt zu beobachten, Möglichkeiten der Neugestaltung zu nutzen und dafür das Engagement und die Kreativität aller Mitarbeiter des Praxisteams zu wecken. Im gleichen Atemzug mahnte er alle Zahnärzte, Kollegialität zu wahren. Dies sei für die Zukunft des Berufsstandes unverzichtbar.

Den „Flow“ erleben

Die Aufforderung des Kammerpräsidenten, das Potenzial des Praxisteams besser zu nutzen, ergänzte der Festvortrag der Tagung. Prof. Dr. Felix von Cube, Verhaltensforscher und Pädagoge aus Heidelberg, legte seine Erkenntnisse darüber dar, wie man „Lust an Leistung“ erzeugt. Er sei sich sicher, dass es Triebe wie der der Neugier und der der Sicherheit (Verwandlung von Unsicherheit in Sicherheit) seien, die Menschen dazu bewegten, sich „anzustrengen“, Leistungen zu vollbringen. Habe man erreicht, wonach man strebte, erlebe man „Flow“, ein Glücksgefühl, ein Gefühl der Lust, der Bestätigung, der Identifikation mit der Tätigkeit. Die Kunst der Mitarbeiterführung bestehe nun darin, jedem sein „Flow-Erlebnis“ zu ermöglichen. Fehlende „Flow-Erlebnisse“ in der Arbeitswelt würden in der Freizeit ausgeglichen, aber nachgewiesenermaßen sei das Erlebnis in der Freizeit weniger intensiv. Interessant auch der Hinweis, dass zu viel Sicherheit unproduktiv ist: „Wer Sicherheit spürt, hat kein Motiv.“

Die beschriebenen Mechanismen, so betonte Felix von Cube, seien auch auf die Beziehung zwischen der Praxis und ihren Patienten anwendbar – ein Denkanstoß, der manchen Zahnarzt vielleicht noch beschäftigen wird. Für die Fortbildungstage in Wernigerode jedenfalls wurde „Flow“ zum geflügelten Wort – sie machten Lust auf Leistung.

Sabine FiedlerZahnärztekammer Sachsen-AnhaltGroße Diesdorfer Straße 16239110 Magdeburg

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