Elektronischer Personalausweis

Kleine Karte, große Kritik

Im November 2010 soll der elektronische Personalausweis (ePA) kommen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat das Bundeskabinett im Juli vorgelegt. Der ePA erscheint im heute üblichen Scheckkartenformat, doch seine handliche Größe steht im Kontrast zu dem Protest an dem Projekt. Der ist nämlich riesig.

Pflicht für den ePA ist ein digitales, biometrisches Foto, wie es für Reisepässe schon länger Vorschrift ist. Der Chip enthält außerdem einen Identitätsnachweis, bestehend aus Name, Adresse und Geburtsdatum. Es bleibt jedem selbst überlassen, ob er diese persönlichen Daten freischalten lässt. Gleiches gilt für die elektronischen Abdrücke der zwei Zeigefinger: Sie dürfen nur unter Zustimmung des Inhabers gespeichert werden, Zugriff darauf haben nur staatliche Stellen wie Polizei und Grenzbehörden. Aber aufgepasst: Einmal erteilt, kann die Freigabe der Abdrücke nicht mehr widerrufen werden.

Wie viel der neue Ausweis kostet, steht noch nicht fest. Klar ist aber, dass er teurer wird als die bisher üblichen acht Euro. Gegen Aufpreis kann er zudem mit einer „qualifizierten elektronischen Signatur“ ausgestattet werden. Sie soll die manuelle Unterschrift ersetzen und besonders schützenswerte Aktionen im Internet, wie Behördengänge oder Vertragsabschlüsse, ermöglichen.

Nach Ansicht des Bundesinnenministeriums machen die Zusatzinfos den Ausweis fälschungssicherer. Beispiel Flughafen: Bisher könne das Sicherheitspersonal die Reisenden nur anhand ihrer Optik kontrollieren.

Im Übrigen sei es nicht schwer, bei einem gestohlenen Perso sein Aussehen dem des eigentlichen Inhabers anzupassen. Standardisierte Digitalbilder und Fingerabdrücke gewährleisteten dagegen eine eindeutige Identifizierung, sagen die Sicherheitsexperten.

Wäre es nach der Union gegangen, allen voran Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, hätte es weniger Freiwilligkeit beim ePA gegeben – vor allem in Sachen elektronischer Fingerabdruck. Mit seinen Forderungen scheiterte er aber am Widerstand der SPD.

Auch die Oppositionsparteien melden Bedenken an. Silke Stokar, innenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, sagte der „Braunschweiger Zeitung“, der neue Ausweis bringe keinen Sicherheitsgewinn. Dafür aber eine Reihe neuer Risiken und Gefahren. Besonders bedenklich sei die Speicherung des Fingerabdrucks. Er könnte vor allem im Ausland missbraucht werden, wo der deutsche Datenschutz nicht gilt und die Abdrücke möglicherweise in Dateien von Sicherheitsbehörden gespeichert werden. Dass man mit dem ePA die Papier, Druck-, Porto- und Transportkosten reduziere – allein bei Kontoeröffnungen im Internet ginge es um Einsparungen über 130 Millionen Euro, heißt es auf der Homepage des Bundesinnenministeriums – beeindruckt die Grünen-Sprecherin nicht: Es sei falsch, ein staatliches Dokument mit Privatgeschäften, wie Internetbanking oder Online-Shopping, zu verquicken.

Sanfter Einstieg in die totale Erfassung

„Biometrische Daten auf dem ePA machen diesen nicht sicherer, sondern sogar unsicherer“, begründete Gisela Piltz, innenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, die Einwände ihrer Partei in der „Berliner Zeitung“. Wer sich die digitalen Daten verschafft, könne noch leichter fremde Identitäten annehmen. Piltz verweist in diesem Zusammenhang auf technische Probleme: „Chipkarte, Lesegeräte und Treibersoftware passen noch nicht zusammen.“

Ein weiterer Kritikpunkt: Trotz der teilweisen Freiwilligkeit bei der Datenfreigabe sinke die Hemmschwelle, biometrische Daten zu verwenden. Letztlich sei der ePA daher „ein sanfter Einstieg in die totale Erfassung“. Schon früher hatte die FDP angemahnt, dass Bürger, die ihren Fingerabdruck zurückhielten, sich verdächtig machen, etwas verbergen zu wollen.

Der Chaos Computer Club (CCC) schraubt den Optimismus des Ministeriums ebenfalls nach unten: Der ePA baue eben nicht – wie von Schäuble behauptet – Bürokratie ab, sondern verstärke sie zusätzlich. Damit Unternehmen die elektronische Identifikation nutzen können, müssten sie sich erst einem Seriositäts-Check unterziehen. Dafür sei eine eigens dafür zuständige neue Bundesstelle notwendig, verdeutlicht CCC-Mitglied Frank Rosengart in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“.

Ein weiteres Problem: „Viele Bürger sind leider immer noch sehr naiv . Mit ihrer elektronischen Signatur werden sie ohne nachzudenken jeden Quatsch unterschreiben.“

Susanne TheisenFreie Journalistin in KölnSusanneTheisen@gmx.net    

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