Leitartikel

Das (Kassen-)Geld regiert die Welt

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

für das Jahr 2009 wird der ZE-Punktwert im Rahmen der vom BMG festgelegten Grundlohnsummensteigerung angehoben. Zu Beginn der gesetzlichen Budgetierung hätte eine solche Meldung noch berechtigte Empörung der Zahnärzteschaft ausgelöst, die mit regelmäßig wesentlich höheren Kostensteigerungen zu kämpfen hat. Später gab es noch ein Kopfschütteln. Inzwischen werden solche Entscheidungen mit einem Schulterzucken quittiert. Wer hatte schließlich anderes erwartet?

Diese Resignation gegenüber der gesetzlichen Budgetierung, die Budget- und Punktwertverhandlungen zu einer fast automatisch ablaufenden Routine verkommen lässt, scheint inzwischen auch die Kassenseite erfasst zu haben. Musste früher vor dem Bundesschiedsamt selbst um die regelmäßig geringfügige Anhebung im Rahmen der Grundlohnsummensteigerung gestritten werden, wurde diese vom GKV-Spitzenverband jetzt kommentarlos „rübergeschoben“. Im besonderen Umfeld der Situation des Jahres 2008 konnte und musste die KZBV dennoch eine deutlich höhere Anhebung des ZE-Punktwertes beantragen, obwohl in Kenntnis der gesetzlichen Einschränkungen die Erfolgsaussichten von vorne herein zu relativieren waren.

Die Entwicklung der zahnärztlichen Realeinkommen ist seit Jahrzehnten rückläufig. Die Kostensteigerungen in der Praxis hingegen sind überproportional. Die allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen waren bestens. Die gewerkschaftlichen Lohnforderungen näherten sich dem zweistelligen Bereich. Der Gesetzgeber selbst hatte im SGB V für die vertragsärztlichen Vergütungen die gesetzliche Budgetierung als ungeeignet abgeschafft und einen Gesetzentwurf für ein vergleichbares Vorgehen im Krankenhaus vorgelegt. Nach Einführung des Festzuschusssystems haben die Kassen im Bereich ZE nachweislich mehrere Milliarden Euro eingespart. Jährlich sparen die Kassen zudem nachweislich dreistellige Millionenbeträge in den anderen zahnärztlichen Leistungsbereichen in Folge nicht ausgeglichener Budgetunterschreitungen. Und das Beste: All dies wurde von den Kassen nicht einmal bestritten!

Nicht unbescheiden war deshalb die Erwartung, dass wenn schon nicht von den Kassen, dann zumindest vom Bundesschiedsamt eine Punktwertanhebung zugestanden wird, die geeignet ist, die realen Kostensteigerungen auszugleichen und den Zahnärzten wieder eine Teilnahme an der allgemeinen Einkommensentwicklung zu ermöglichen. Aber weit gefehlt. Ebenso wie auf Landesebene und den Sozialgerichten war auch vor dem Bundesschiedsamt nicht mehr als die vom BMG zugestandene Punktwertsteigerung im Rahmen der Grundlohnsumme zu erreichen. Also zurück zur Tagesordnung?

Diesmal nicht! Denn der Entscheidung des Bundesschiedsamtes, insbesondere seiner Begründung, kommt Signalwirkung zu. In seiner rechtlichen und tatsächlichen Argumentation ist das Schiedsamt der KZBV nämlich durchaus gefolgt. Umso bedeutsamer die Argumentation, mit der eine höhere Punktwertsteigerung dennoch abgelehnt wurde. Es sei doch immerhin denkbar, dass durch eine höhere Anhebung des ZE-Punktwertes zumindest eine einzige Kasse, die ihr Budget in einem KZV-Bereich erreicht oder überschreitet, durch eine derartige Punktwertanhebung im ZE-Bereich zu Beitragserhöhungen gezwungen würde. Diese bloße Möglichkeit war dem Schiedsamt Anlass genug, auch die nachgewiesenen Milliardeneinsparungen der Krankenkassen unberücksichtigt zu lassen. Dies hat zur Folge, dass praktisch überhaupt keine Situation mehr denkbar ist, in der eine Überschreitung der jeweiligen Grundlohnsummensteigerung möglich wäre.

Der Gesetzgeber nimmt somit billigend in Kauf, dass der Wettbewerb der Krankenkassen zulasten der Leistungserbringer durchgeführt und finanziert wird. Umso wichtiger ist daher gerade jetzt der Dialog mit dem Gesetzgeber, der – wie zuvor im Bereich der vertragsärztlichen Versorgungen – nunmehr auch im Bereich der vertragszahnärztlichen Versorgung tätig werden muss. Gerade der Leistungsbereich, der in den zurückliegenden Jahren niemals durch überproportionale Kostensteigerungen aufgefallen ist, sondern in dem die Kassen im Gegenteil Milliardenbeträge eingespart haben, kann nicht weiterhin als einziger einer sachwidrigen Budgetierung unterworfen werden, die zu einer zunehmenden Rationierung von Leistungen führt, wie zwischenzeitlich selbst von der Politik anerkannt werden muss. Allerdings sind die zurzeit geltenden beziehungsweise diskutierten Mechanismen hierfür aus dem ärztlichen und dem Krankenhausbereich für die Verhältnisse in der zahnärztlichen Praxis ungeeignet. Gerade im Superwahljahr 2009 wird sich die Zahnärzteschaft daher zu positionieren haben, welches konkrete Honorierungssystem an die Stelle der bisherigen gesetzten Budgetierung treten muss. Die Möglichkeiten der Rechtsanwendung vor den Schiedsämtern und den Sozialgerichten sind ausgeschöpft. Nunmehr geht es um Rechtsgestaltung, die in Zukunft wieder eine angemessene Vergütung auch der zahnärztlichen Leistungen ermöglichen muss.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Wolfgang EßerStellvertretender Vorsitzender der KZBV

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