Kreditsicherheit

Konfliktpotential inbegriffen

Oftmals ist ein Kredit davon abhängig, welche Sicherheiten dafür bürgen. Bei der Bewertung von Kreditsicherheiten kann es dabei durchaus zu verschiedenen Ansichten über den Wert der Sicherheit kommen.

Das hatte Sebastian W. mit seiner Zahnarztpraxis noch nicht erlebt, als ihm, übrigens erst durch sein hartnäckiges Nachfragen, mitgeteilt wurde, dass sein Praxisgebäude von seiner Bank mit einem Verkehrswert von nicht mehr als 270 000 Euro geschätzt wird. Nach seiner eigenen Wertermittlung hat die Immobilie dagegen einen Wert von mindestens 400 000 Euro. W. wird nun auch klar, warum der für ihn zuständige Kundenberater darauf bestand, das bei einer anderen Bank geführte Wertpapierdepot in Höhe von rund 100 000 Euro ebenfalls als Sicherheit mit in die Wertermittlung hereinnehmen zu wollen.

Zum Hintergrund: W. benötigt für einen sehr umfangreichen Umbau seiner Immobilie ein langfristiges Bankdarlehen von 370 000 Euro. In Anbetracht seiner durchaus befriedigenden Kreditwürdigkeit sowie der Immobilie selbst als Sicherheit war er überzeugt, dass er den Kredit problemlos erhalten würde. Misstrauisch wurde W., als sich die Bearbeitung der Angelegenheit nicht, wie sonst üblich, rund zwei Wochen, sondern über mehr als fünf Wochen hinzog. Da er keinerlei Zwischeninformation erhielt, wurde W. nach diesem Zeitraum etwas ungeduldig und fragte telefonisch nach. Erst nach einigem Hin und Her erklärte ihm sein Gesprächspartner, dass die Bank zu einer „völlig anderen Einschätzung des Verkehrswertes“ gekommen sei und daher neben der auf diesem Objekt einzutragenden Grundschuld „eine weitere, werthaltige Sicherheit“ benötige. W. war durch diese Antwort offenbar derart überrascht worden, dass er noch während des Gesprächs das erwähnte Wertpapierdepot anbot. Erst nach Beendigung der Unterredung machte sich W. klar, dass es für ihn überhaupt keinen Grund gab, die aus seiner Sicht völlig unrealistische Wertermittlung des Kreditinstituts zu akzeptieren.

Eigene Wertermittlung

Mittlerweile hat er sich nochmals sehr ausführlich mit seiner eigenen Wertermittlung auseinandergesetzt. Als Grundlage des Grundstückwertes diente ihm dabei der sogenannte „Richtwert“ der Richtwertkarte seiner Gemeinde, aus der nach seiner Erfahrung sehr realistische Quadratmeterpreise hervorgehen. Um den Wert des Gebäudes zu bestimmen, bat er einen mit ihm befreundeten Architekten um dessen Einschätzung. In der Summe kommt W. auch nach nochmaligem Durchrechnen auf den von ihm bereits festgestellten Verkehrswert von 400 000 Euro. Wertmindernde Einflüsse, die möglicherweise zur Abstufung durch seine Bank geführt haben, kann er nach wie vor nicht erkennen. Auch sind eventuell negativ zu Buche schlagende zukünftige Infrastrukturmaßnahmen, wie etwa der Anbau weiterer verkehrsintensiver Gewerbebetriebe, nach Auskunft der städtischen Wirtschaftsförderung, an diesem Standort nicht geplant.

Da die Zeit nun langsam drängt, hat sich W. entschlossen, in die Offensive zu gehen. Er wird kurzfristig mit seiner Bank ein Gespräch führen, in dem er sie bitten wird, ihre Bewertungsdetails bezüglich der Immobilie offenzulegen. Darüber hinaus ist er fest entschlossen, das Wertpapierdepot als Sicherheit nicht zur Verfügung zu stellen. Dies gilt zumindest so lange, bis er klar und deutlich nachvollziehen kann, aus welchem Grund ein Bewertungsunterschied von mehr als 100 000 Euro zustande gekommen ist. W. ist sich allerdings auch bewusst, dass seine Bank in der Vergangenheit regelmäßig „gemauert“ hat, wenn es um die Offenlegung ihrer Sicherheitenbewertungen ging.

Banken-Wertermittlung

So erinnert er sich eher ungern an die unendlich langen Diskussionen, als es bei einem längst zurückgezahlten Darlehen um die Bewertung der damaligen Bürgschaft seiner Frau ging. Während W. die damals der Bank zur Verfügung gestellte Vermögensübersicht als Beleg für die Zahlungsfähigkeit seiner Frau völlig ausreichend erschien, bestand das Kreditinstitut auf einer schriftlichen Abtretung eines erheblichen Bausparguthabens, um – so lautete die Begründung – „eine Bewertbarkeit der Bürgschaft herbeizuführen“.

Dieser Fall zeigt, da er keine Ausnahme darstellt, dass sich im Verhältnis Banken zu Zahnarztpraxen zukünftig ein Konfliktfeld entwickeln kann, das von beiden Seiten nicht unterschätzt werden sollte. So ist es weder seitens des Kreditgebers noch für den Praxisinhaber erfreulich, wenn offensichtlich auf Grund mangelnder Kommunikation derart unterschiedliche Einschätzungen bei der Bewertung von Kreditsicherheiten erfolgen. Beiden Geschäftspartnern ist daher zu raten, die Wünsche und Anforderungen der jeweils anderen Partei ernst zu nehmen und sich rechtzeitig über konkrete Wertvorstellungen jeder einzelnen Sicherheit auszutauschen. Hierzu ist erforderlich, dass vor allem das jeweilige Bankinstitut deutlich macht, wie es zu den Bewertungsansätzen kommt und welche Hilfen dazu herangezogen werden.

Michael VetterFranz-Lehar-Str. 1844319 Dortmund

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