Keramikrestaurationen

Die Bedeutung optimaler Oberflächen

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Dentalkeramiken sind wegen ihrer guten mechanischen, ästhetischen und biokompatiblen Eigenschaften weit verbreitet. Während keramische Restaurationen in der Vergangenheit fast ausschließlich über manuelle Verfahren, wie zum Beispiel Schichten oder Pressen, hergestellt wurden, so nimmt die rationelle schleifende maschinelle Bearbeitung von Keramikblöcken auch von vollanatomischen Restaurationen inzwischen stetig zu. Kontinuierliche technische Verbesserungen ermöglichen dabei inzwischen eine sehr schonende und präzise Materialbearbeitung und immer bessere Oberflächen (Abbildung 1).

Da es sich beim Schleifergebnis derzeit immer um eine mittels rotierender Diamantwerkzeuge erzeugte Oberfläche handelt, ist unabhängig von ihrer Güte eine weitere Glättung vor der Eingliederung im Mund notwendig.

Es gibt hierfür mehrere Gründe:

1.Eine glatte Oberfläche ist günstig für eine geringe Plaqueanlagerung [1,2]. Untersuchungen zeigten, dass eine erhöhte Oberflächenrauigkeit mit einem Ra-Wert von mehr als 0,2 μm einen deutlichen Anstieg der Bakterienbesiedelung im Vergleich zu glatten Arealen mit einem Ra-Wert von 0,12 μm zur Folge hatte [1]. Der Mittenrauwert Ra beschreibt die Rauigkeit einer Oberfläche. Zur Ermittlung dieses Messwerts wird die Oberfläche auf einer definierten Messstrecke abgetastet, sämtliche Höhenund Tiefenunterschiede werden aufgezeichnet. Die Spanne der Rauigkeitswerte reicht von 0,1 μm mit nicht mehr sichtbaren Bearbeitungsspuren bis hin zu 25 μm bei sehr rauen Flächen mit spürbaren Riefen. Die Rauigkeit aller harten Oberflächen im Mund sollte höchstens einen von Ra 0,2 μm betragen [3].

2.Eine homogene und glatte Oberfläche steigert die Festigkeit und Langlebigkeit von Keramik. Keramik ist ein sprödes Material und auf Zugspannungen schwach belastbar. Die typische Entstehung von Keramikfrakturen beginnt mit kleinen Materialdefekten, an denen sich durch eine einwirkende Zugspannung ein initialer Riss bildet. Dieser dehnt sich bei erneut einwirkenden Spannungen intermittierend aus (subkritische Rissausweitung), bis eine kritische Rissgröße erreicht ist und es zur fatalen Fraktur kommt (Abbildung 2). Dieser Mechanismus wird im Mund durch Wassereinlagerung beschleunigt.

Die Festigkeit von Dentalkeramik wird durch eine hohe Oberflächengüte signifikant erhöht [5-8] (Abbildung 3). Aus diesem Grund ist es von allergrößter Bedeutung nach allen Einschleifmaßnahmen im Mund eine sorgfältige Politur vorzunehmen.

Außerhalb des Mundes kann Keramik durch Politur oder einen Glasurbrand geglättet werden. Nach der Befestigung im Mund ist nur noch eine Politur möglich. Auf alle Verfahren soll im Folgenden eingegangen werden:

Glasur

Ein Glasurbrand stellt die beste Methode zur Oberflächenvergütung dar. Eine dünn fließende Glasurschicht kann in mögliche Oberflächendefekte oder Mikrorisse eindringen und bildet eine feste Schicht. Sie verstärkt die Restauration und verringert die Einwirkung von Umgebungsfaktoren und gewährleistet die notwendige Ebenheit [7, 8]. Durch einen Glasurbrand lassen sich Ra-Werte um 0,01 μm mit sehr geringen Schwankungen erzielen [9]. Darüber hinaus ist die Qualität der Oberfläche unabhängig von der Oberflächenform konstant. Dies ist gerade bei anatomischen Kauflächen in den Fissurenreliefs von Bedeutung. Auf Abbildung 4 ist ein glasierter, vollanatomischer, CAD/CAM-geschliffener Keramikzahn nach der Besputterung mit Gold dargestellt. Die christbaumkugelartige Erscheinung verdeutlicht den perfekten Hochglanz. Die rechte Seite zeigt die dazugehörige REM-Aufnahme.

Politur planer Flächen

Zur Beurteilung der Effektivität verschiedener Polierinstrumente erlaubt die Politur planer Keramikflächen das theoretische Potenzial der verschiedenen Instrumente unter idealen Bedingungen zu beurteilen. Hierzu wurde eine Untersuchung durchgeführt, bei der die Bestimmung des Mittenrauwerts Ra (DIN EN ISO 4287) zu Vergleichszwecken mit zwei verschiedenen Messverfahren vorgenommen wurde.

a) Tastschnittverfahren (mechanisch):

Eine Tastspitze verfährt auf der Probenoberfläche entlang einer Linie mit konstanter Geschwindigkeit. Aus den vertikalen Ausschlägen der Tastspitze ergibt sich das Messprofil, aus welchem Rauheitskennwerte wie Ra ermittelt werden können.

b) Weißlichtinterferometrie (WLI, optisch):

Auf raue Oberflächen einfallendes Licht zeigt nach der Reflexion Interferenzphänomene, anhand derer Informationen über das Oberflächenprofil sowie Rauheitskennwerte gewonnen werden können.

Im Tastschnittverfahren wurde je eine Einzelmessung in unterschiedlichen Richtungen durchgeführt. Die höchsten Ra-Werte sind in 90° zur Bearbeitungsrichtung zu erwarten. In der Auswertung wurden sowohl die Mittelwerte der Einzelmessungen als auch die jeweiligen Höchstwerte aufgeführt. Trotz quantitativer Unterschiede zwischen den Ergebnissen der beiden Messmethoden zeigt sich bei beiden Verfahren qualitativ die gleiche Tendenz der Ergebnisse, sowohl bei den Mittelals auch bei den Maximalwerten. Damit genügt zum Vergleich der Bearbeitungsergebnisse die Betrachtung eines Datensatzes, hier die jeweiligen Höchstwerte der Tastschnittmessungen (Abbildung 5).

In Abbildung 5 sind die Höchstwerte bei der Bearbeitung von Keramikscheiben mit verschiedenen Einzelinstrumenten oder Kombinationen von Werkzeugen aufgeführt. Beispielhaft sind einige Methoden abgebildet. Die grüne Linie markiert den kritischen Wert von Ra 0,2 mm.

Folgendes geht hervor:

1. Mit Diamantinstrumenten, selbst Feinstkorndiamanten kann keine ausreichend glatte Oberfläche erzielt werden.

2. Das Endergebnis wird immer auch stark von einer ausreichenden und abgestimmten Vorpolitur beeinflusst. So führt das Auslassen der schwarzen Sof-lex Scheibe zu einem ungenügenden Polierergebnis (Probe 18 / Probe 7). Ebenso resultiert die zusätzliche Anwendung eines feineren Diamantinstruments bei gleicher nachfolgender Bearbeitung immer in einer geringeren Rautiefe (Probe 20 / Probe 19).

3. Mittels Sof-lex Scheiben ist eine mehr als ausreichende Oberflächengüte zu erreichen, selbst unter Auslassung der feinsten Scheibe (Probe 7). Bei den dargestellten Werten handelt es sich um Höchstwerte. Diese Werte stehen jedoch in Übereinstimmung mit Angaben aus der Literatur, wo folgende Mittelwerte für die Keramikbearbeitung mit Sof-lex Scheiben zu finden sind [10]:

Finishing (Sof-lex extra fein) 0.03 (entspricht Probe 13)

Finishing (Sof-lex fein) 0.04 (entspricht Probe 7)

Finishing (Sof-lex medium) 0.05 (entspricht Probe 12)

Finishing (Sof-lex grob) 0.15 (entspricht Probe 15) Mit Gummipolierern und Diamantpaste konnten im vorliegenden Fall keine vergleichbar guten Oberflächen erzielt werden (Probe 18).

Für das Optrafine System (Probe 18) wird vom Hersteller als Polierleistung angegeben, dass bei einer etwa 20 mm2 große Fläche mit den beiden Gummipolierern nach je 10 Sekunden Anwendung ein Ra-Wert von knapp unter 0,4 μm erreicht wird. Nach weiteren 30 Sekunden Bearbeitung mit einem Nylonbürstchen und Diamantpaste ist auf derselben Fläche ein Ra-Wert von knapp unter 0,2 μm nachweisbar [11]. Der im eigenen Versuch gefundene Wert von knapp über 0,2 μm ist darauf zurückzuführen, dass eine größere Fläche über kürzere Zeit (etwa 20 Sekunden) mit Diamantpaste bearbeitet wurde.

Politur von Kauflächen

Im Gegensatz zu planen Flächen ist die Po litur von Kauflächen mit der zusätzlichen Schwierigkeit verbunden, auch Vertiefungen erreichen zu müssen. Um einen Eindruck von der Effektivität verschiedener Polierinstrumente zu gewinnen, wurden 20 vollanatomische Keramikzähne in einer groben Schleifstrategie hergestellt und auf verschiedene Weise der Versuch unternommen, eine möglichst vollständige Politur zu erzielen. Dabei wurden Gummipolierer unterschiedlicher Formen (Kelch, Konus, Linse) und Körnung mit und ohne anschließende Feinpolitur mit Diamantpaste sowie alternativ auch Sof-lex Scheiben verwendet. Die bearbeiteten Proben wurden mit Gold beschichtet, dann REM Aufnahmen erstellt. Die Vergoldung lässt den Glanzgrad optisch sehr gut beurteilen. Als Referenz kann die glasierte Kaufläche aus Abbildung 4 dienen.

Um es vorwegzunehmen: Keines der angewendeten Instrumente und keine der angewendeten Methoden konnte ein wirklich optimales Ergebnis vorweisen. Selbst die Politur im Labor durch einen Zahntechniker zeigte ungenügend polierte Bereiche. In den Abbildungen 6 bis 10 sind exemplarisch einige Ergebnisse und zum Vergleich die unbearbeitete Situation dargestellt. Enge Vertiefungen, wie sie Fissuren naturgemäß darstellen, lassen sich auf diese Weise offenbar nicht hinreichend polieren.

Folgende klinische Konsequenzen ergeben sich aus dieser Darstellung:

1. Bei notwendigen Einschleifmaßnahmen im Mund sind Vertiefungen auf den Kauflächen nach Möglichkeit zu vermeiden.

2. Einschleifen sollte möglichst kleinflächig und punktuell zielgerichtet erfolgen, da die Politur großer Kauflächenareale nicht zuletzt wegen des notwendigen Instrumentenwechsels zeitintensiv ist.

3. Die visuelle Kontrolle an der transluzenten zahnfarbenen Keramik ist nicht gut möglich. Der im Labor polierte Keramikzahn (Abbildung 10) sah zum Beispiel ohne Vergoldung hinreichend poliert aus. Daher sollte das Bearbeitungsergebnis im Mund unter Vergrößerung genau geprüft werden. Eine mögliche Forderung nach einer Opakisierung mittels Scan Spray ist wahrscheinlich praxisfremd.

4. Vor jedem Polierschritt sollte der vorhergehende Schritt sehr gründlich durchgeführt werden, da dies das Endergebnis in starkem Maße beeinflusst.

5. CAD/CAM-geschliffene Keramikrestaurationen sollten idealerweise immer glasiert werden. Dies geschieht geschätzt derzeit bei Chairside System nur in rund 25 Prozent aller Fälle [12]. Obwohl nicht bekannt ist, in welchem Maße sich die unpolierten Bereiche negativ auf die Festigkeit oder Lebensdauer auswirken, so ist davon auszugehen, dass eine Glasur die Qualität der Restauration steigert, und daher unbedingt empfehlenswert.

Eine Glasur kann auch in der Zahnarztpraxis ohne großen Aufwand durchgeführt werden. Die Fertigstellung von Chairside (CEREC, D4D) oder zentral (absolute Ceramics) geschliffenen, vollkeramischen Restaurationen im Praxislabor mittels Glasur oder Bemalung stellt eine gute Möglichkeit dar, die Qualität der Restaurationen zu steigern. Sie ermöglicht zugleich eine Wertschöpfung in der Praxis, da die Investition in einen kleinen Keramikofen überschaubar ist. Spätestens bei der Verwendung von Lithiumdisilikat (IPS e.max CAD), das im blauen Zustand geschliffen und danach auskristallisiert wird, ist eine Glasur obligat.

Dr. Jan HajtóPraxis für ästhetische ZahnheilkundeWeinstr. 480333 Münchendr.jan.hajto@t-online.de

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