„Klimagipfel“ in der Zahnarztpraxis

Öko-Bewusstsein für die Zukunft

Die letzten Klimagipfel der Weltpolitiker – eine Enttäuschung? Wenn die große Politik es nicht schafft, kann man doch im Kleinen anfangen und sich die Frage stellen: Was wollen wir für die Gesundheit aller in der Praxis tun?

Die moderne Zahnarztpraxis ist nicht in erster Linie auf Umweltfreundlichkeit ausgerichtet. Da es bei ökologischem Handeln im Kern um Gesundheit geht, stehen jedoch auch Heilberufler in der Verantwortung. Wenn sich die Staaten der Welt nicht auf Umwelt-Verträglichkeit ihres Handelns einigen können, heißt das nicht, zu resignieren, sondern sich selbst – im Kleinen – zu engagieren. Das geht ganz einfach, indem man einen eigenen „Klimagipfel“ in der Praxis einberuft und zusammen mit dem Praxisteam überlegt, was gesundheitsfreundlicher gestaltet werden kann. Wichtig ist es, dass sich keiner zu einem speziellen Verhalten zwingt, sondern immer nur so weit geht, wie seine Motivation reicht. Umweltschutz soll keine lästige Aufgabe sein; man kann sich langsam umgewöhnen, wenn man sich bewusst macht, dass es um die Gesundheit aller und die unserer Nachkommen geht.

Ein kleines Beispiel voran: Man bekommt täglich unendlich viel Post, oft Werbung. Werfen alle die Briefumschläge weg? Benutzt man die Rückseite als Notizzettel? Oder gebraucht man nicht oder schlecht Zugeklebtes noch einmal? Auf diesen Vorschlag gibt es verschiedene Reaktionen: „Oh ja, toll, wir brauchen keine Notizblöcke mehr zu kaufen“, „Nein, also das ist ja nun wohl übertrieben, ich sammel doch kein gebrauchtes Papier!“, „Super, die Klebis fallen immer runter und dürfen sowieso nicht ins Altpapier, wir lassen uns gar keine mehr schenken!“ So wird es bei allen Ideen sein, nicht jeder im Team kann mitziehen – das muss er auch nicht.

Wenn der „Klimagipfel“ einberufen ist, nimmt sich jeder das Protokollformular mit den bereits gesammelten Ideen und wandert in Gedanken vom Eingang der Praxis über den Keller bis zum Hinterausgang durch alle Räume. Nimmt man die Sache ernst und geht ins Detail, teilt sich das Team am besten in Paare auf, die jeweils einen Raum übernehmen, achtet dabei auf Mischung der Berufe oder Altersgruppen, um das Ganze von diversen Perspektiven aus anzuschauen. Die Leitfrage: „Was ist schädlich für die Umwelt und damit für unsere Gesundheit und die unserer Patienten?“ Es fängt bei ganz einfachen Dingen an, etwa der Frage, ob immer und überall, auch in Lagerräumen das Licht brennen muss und hört bei der Beratung der Patienten auf.

Praxisbegehung ökologisch gesehen

Hier einige Anregungen: Vor dem Haus im Winter: Wird Salz gestreut, geschaufelt und Sand verteilt? Salz schädigt Bäume und Grundwasser und gelangt so auch in unsere Nahrungskette. Vielleicht kann Salz mit Sand gemischt werden, wenn es nicht ganz ohne geht? In einigen Bundesländern ist Salz sowieso nur für Straßen erlaubt.

Als nächstes kommen die Fußmatten und die Reinigungsmittel für Fußboden und die Türklinkendesinfektion. Muss die Matte ständig in die Reinigung, ist das ungünstig und teuer dazu. Aber Halt! Jetzt keine Neue kaufen, sondern warten bis die alte nicht mehr verwendbar ist und dann eine bessere nehmen. Hier ist schon ein erster Grundsatz: Nichts Neues kaufen, solange das Alte noch taugt, wenn es einmal da ist, kann man es auch aufbrauchen, anstatt es vor der Zeit zu entsorgen. Gibt es die Desinfektionsmittel auch günstiger? Muss auch der Flurboden desinfiziert werden oder reichen Wasser und normale Essigseife oder Ähnliches?

Im Empfangsbereich: Bekommen grundsätzlich alle Patienten automatisch Terminmerkzettel und andere schriftliche Informationen, oder wird gefragt: „Möchten Sie das lieber schriftlich?“ Auf diese Frage sagen mehr Leute: „Nein, danke, das geht schon so“, als wenn gefragt wird „Darf ich es Ihnen aufschreiben?“, oder Broschüren den Patienten einfach in die Hand gedrückt werden. Man sieht es schon: Die Praxis spart jetzt nicht nur Papier, sondern auch Geld, über das Jahr summiert sich dies.

Wie sind die Flyer produziert? Sind sie auf Hochglanzpapier gedruckt? Hat die Laminiersucht um sich gegriffen? Die Druckerei bietet sicher auch unbeschichtetes Papier an, am besten Recyclingpapier. Das ist heutzutage nicht nur in ökomausgrau, sondern in leuchtend weiß oder farbig und in bester Qualität zu haben.

Nicht mehr Benötigtes verschenken

Als Nächstes sind die Schubladen dran: Findet sich hier noch ein Schatz? Alte Behältnisse, Schienen oder anderes Zubehör in rauen Mengen, was für den ursprünglichen Zweck nicht mehr gebraucht wird, kann stattdessen für andere Dienste genutzt anstatt schädlich entsorgt zu werden. Hier ist die Chance für einen Ideenwettbewerb im Team oder sogar für die Patienten. Unbrauchbar gewordene Kleinteile können in einen Korb auf den Tresen gestellt werden, vielleicht braucht jemand Bastelutensilien, die Kaffeekasse steht daneben. Vom Erlös gehen alle Essen. Übrigens: Man sollte sich nichts daraus machen, wenn die Gerüchteküche im Stadtteil das Süppchen kocht „Diese Praxis wird geschlossen!“, nur weil man entrümpelt und sich umweltfreundlicher organisiert.

Stehen irgendwo alte Bücher, die nicht mehr benutzt werden oder nicht mehr aktuell sind? Wie wäre es mit einer kostenfreien Annonce im Verbraucherblatt oder an der Supermarkt-Pinnwand? Wer in der Praxis ist Mitglied bei Amazon, Ebay und ähnlichen Internetportale?

Werden in Sozialraum und Labor Einmalhandtücher aus neuem Zellstoff oder die gewisse Rolle aus Altpapier benutzt? Apropos Papier: In den Container gehören nicht nur ausrangierte Zeitschriften, sondern auch Werbung, Schmierpapier, Pappen und Kleinkram, hier lässt sich Restmüll sparen.

Sprechen Sie auch Ihre regelmäßigen Lieferanten auf ökologisches Handeln an, die Nachfrage allein kann schon etwas bewirken. Sicher existieren gesundheitsbewusst handelnde Firmen in der Praxisregion, so spart man auch noch lange Anfahrtswege. Abgelaufene Arzneimittel lassen sich über die Apotheke entsorgen, in einigen Gemeinden dürfen Medikamente auch in den Hausmüll, weil sowieso alles bei Höchsttemperaturen verbrannt wird. Wie sieht es mit Kartons oder Luftkissenpolstern aus? Was in der Praxis als Polster angeliefert wurde, können andere Betriebe vor Ort noch für ihren Produktversand nutzen. Man spart viel Müll, der vielleicht gar nicht in gelbe Säcke gehört, weil der eine oder andere Praxislieferant die Grünpunkt-Entsorgung womöglich nicht bezahlt hat. Die Handelskammer betreibt im Internet eventuell eine Recyclingbörse mit Suche und Angeboten, auch hier kann man fündig werden.

Direktlieferanten sind verpflichtet, Verpackungsmaterialien zurückzunehmen – darauf kann mal ruhig mal hinweisen.

Wie sieht es mit Heizung und Licht aus? Morgens früh braucht man überall Licht, manchmal vergisst man, es später bei ausreichendem Tageslicht auszustellen. Im Toilettenraum reicht vielleicht ein Bewegungsmelder. Die Heizung: Ist sie das ganze Wochenende so eingestellt wie in der Woche? Die örtlichen Energieversorger bieten teilweise eine kostenlose Begehung oder Energiemessgeräte an, am besten ruft gleich mal jemand aus dem Praxisteam dort an.

Ute JürgensDiplompädagogin, undKommunikationstrainerinPeter-Sonnenschein-Str. 5928865 Lilienthal

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