BZÄK-Bundesversammlung

Flagge zeigen – Chancen nutzen

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Die GOZ war das allbeherrschende Thema auf der BZÄK-Bundesversammlung vom 11. bis zum 12. November in Frankfurt. Die Delegierten legten sämtliche Kritiken ausführlich dar und diskutierten die Gefahren sorgfältig, lehnten die Novelle aber schließlich nicht in toto ab. Jetzt geht es um den weiteren Umgang mit der neuen Gebührenordnung, aber auch um weitere wichtige und zukunftsweisende Themen für den Berufsstand.

Es war eine lange und intensive Diskussion zur GOZ. Als Fazit lehnten die Delegierten die Novelle nicht in toto ab, sondern verab schiedeten folgende gemeinsame Resolution: „Mit dem vorgelegten Entwurf zur Änderung der GOZ verstößt der Verordnungsgeber gegen § 15 des Zahnheilkundegesetzes. Der dort geforderte Interessenausgleich zwischen Patienten und Zahnärzten findet nicht statt. Die Interessen der Zahnärzteschaft werden nicht berücksichtigt. Die Bundesversammlung der Bundeszahnärztekammer fordert den Verordnungsgeber nachdrücklich auf, dafür Sorge zu tragen, dass sich die Vergütung privatzahnärztlicher Leistungen an der Entwicklung des realen Leistungsbedarfs der Patienten und nicht an willkürlichen Vorgaben hinsichtlich des damit verbundenen Ausgabenvolumens orientiert. Dieser Forderung kommt der vorliegende Regierungsentwurf in keiner Weise nach.“ Eine gleichlautende Resolution war tags zuvor bereits auf der VV der KZBV verabschiedet worden. Auch der FVDZ hatte sich auf seiner Hauptversammlung am 9. Oktober ähnlich geäußert. Als weitere zentrale Botschaften zur GOZ formulierten die Delegierten folgende Beschlüsse:

• Empfohlen wird, alle planbaren zahnärztlichen Behandlungen mit einem individuellen Heil- und Kostenplan zu begleiten.

• Die zahnärztliche Liquidation ist künftig strikt von der Erstattung seitens der Kostenträger zu trennen.

• Die Kammern sollen die Zahnärzte bei der GOZ-Abrechnung auf der Grundlage der HOZ aktiv unterstützen.

• Der Vorstand wird beauftragt, die novellierte GOZ verfassungsrechtlich prüfen zu lassen und eine Klärung vor dem Bundes-verfassungsgericht herbeizuführen.

Sachliche Debatten

Den Beschlüssen vorausgegangen waren ausführliche, aber sehr sachliche Debatten, die geschickt von Versammlungsleiter Dr. Hans Hermann Liepe moderiert wurden. Zwei unterschiedliche Positionen standen sich gegenüber: Die Aufforderung an den Gesetzgeber, den GOZ-Entwurf komplett zurückzuziehen, und die Auffassung, den Entwurf zwar als völlig unzureichend zu kritisieren, ihn aber dennoch nicht in toto abzulehnen. Dabei hatten die „Total-Ablehner“ die Gelegenheit, ihre Argumente in aller Ausführlichkeit darzustellen. Letztlich aber konnte sich die zweite Fraktion mit Zweidrittelmehrheit durchsetzen.

In seinem Rechenschaftsbericht hatte BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel zuvor den GOZ-Entwurf als „Sparnovelle“ heftig kritisiert. Eine reale Beteiligung der Zahnärzteschaft im Novellierungsprozess sei weder vorge-sehen noch politisch erwünscht gewesen. Die massiven Bedenken des Berufsstands seien zwar angehört, aber nicht gehört worden. Einzig bei der Öffnungsklausel sei es gelungen, diese „patientenfeindliche Billig-medizinklausel“ zu verhindern. Die dringend notwendige Anpassung des Punktwerts sei vom Gesetzgeber komplett ignoriert worden. Völlig indiskutabel sei auch die vom Bundesrat gewünschte „Evaluierungsklausel“ für 2015 in § 12 der GOZ. Engels Fazit: „Die GOZ-Novelle hält dem Realitätstest 2011 nicht stand – weder betriebswirtschaftlich, noch zahnmedizinisch. Sie ist ein gesundheitspolitischer K.-o.-Schlag für die Zukunft der Zahnmedizin und der Patientinnen und Patienten in Deutschland.“ Dennoch könnte es sich vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Weichenstellung als katastrophal herausstellen, diesen Vorschlag in Gänze abzulehnen. So sei völlig fraglich, ob unter geänderten po-litischen Konstellationen eine GOZ-Novelle besser ausfallen würde. In diesem Zusammenhang verwies Engel auf den Leitantrag des SPD-Bundesvorstands zu einem einheitlichen Versicherungssystem.

Dr. K. Ulrich Rubehn, Vorsitzender des BZÄK-Senats für privates Gebührenrecht, zeigte sich ebenfalls enttäuscht über die „notoperierte GOZ“, machte aber deutlich, dass eine Totalablehnung nicht sinnvoll sei, denn die Politik werde die Zahnärzte bei einer weiteren Novelle gewiss nicht mehr mit einbinden: „Ziehen wir also um ins Haus des Machbaren“, forderte er die Delegierten auf.

Positive Bilanz

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr nutzte die Bundesversammlung für ein Statement. Er zog für die schwarz-gelbe Koalition eine positive Bilanz, mit Abstrichen wegen des GKV-Milliardendefizits und wegen notwendiger Kompromisse mit dem Koalitionspartner. Mit dem Versorgungsstrukturgesetz sei der Schritt aus der starren Budgetierung gelungen, auch eine Verbesserung der zahnmedizinischen Versorgung von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen werde angestrebt. Bei der Approbationsordnung sollten die von der FDP vor der Wahl gemachten Zusagen angegangen werden. Am Staatsexamen werde festgehalten.

Mit Blick auf die finanzpolitische Lage in Deutschland und Europa mahnte er bei der GOZ-Diskussion zur „Erkennung der Realitäten“ und machte den Delegierten deutlich, welche politischen Sachzwänge zur Erstellung des vorliegenden Entwurfs geführt haben. Das sei „kein leichtes Spiel“ gewesen, vielmehr hätten Interessenabwägungen von Bund und Ländern, PKV und Beihilfe, fiskalpolitische und systemische Aspekte sowie Konflikte zwischen Gesundheits- und Finanzpolitik eine Rolle gespielt. Es galt, Prioritäten zu setzen. So habe man im Sinne der Zahnärzteschaft die Öffnungsklausel nicht umgesetzt, musste aber beim Punktwert wegen der angespannten Finanzsituation der Länder Abstriche machen. Wichtig aber sei die Weichenstellung mit kleinen Schritten in die richtige Richtung. Was die Evaluierungsklausel angeht, handele es sich um eine ergebnisoffene Prüfung, nicht um den Einstieg in eine Budgetierung.

G-BA-Reform

Neben der GOZ standen weitere wegweisende Themen zur Debatte. So verwies Präsident Engel auf die im Rahmen des Versorgungsstrukturgesetzes vorgesehene Reform des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Hier werde auch über wichtige zahnärztliche Belange wie Aus-, Fortbildung, Hygiene oder Qualitätssicherung verhandelt und entschieden. Deswegen sei auch eine Beteiligung der BZÄK dort angebracht. Erste Signale zeigten, dass im Bereich der Qualitätssicherung eine stärkere Beteiligung der BZÄK vorgesehen sei. Das wäre sowohl ein politischer Erfolg wie auch eine Chance und eine neue Herausforderung, um für die ureigensten Belange der Zahnärztekammer(n) Flagge zu zeigen.

AuB-Konzept

Vizepräsident Prof. Dr. Dietmar Oesterreich berichtete zum Stand der Diskussionen um das Konzept zur Versorgung von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen (AuB-Konzept). Die Umsetzung sei nicht mehr eine Frage des Ob, sondern des Wie und Wo, erklärte er. Er skizzierte die Schritte zur Umsetzung, angefangen von Gesprächen mit allen Fraktionen über die Fachtagung des Behindertenbeauftragten, Mailingaktionen mit Betroffenenverbänden und der Stellungnahme zum Versorgungsgesetz.

Ein weiteres wichtiges Themenfeld der BZÄK sei die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Es gelte, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, um neuen Er-wartungen des Berufsstands hinsichtlich der Work-Life-Balance entgegenzukommen. Oesterreich verwies hier auf das Memorandum der BZÄK. Weiterhin stellte er das neue Statistik-Jahrbuch der BZÄK und die neu erschienene Broschüre über Formen der zahnärztlichen Berufsausübung vor. Auch Themen wie die Zusammenhänge zwischen medizinischen und zahnmedizinischen Erkrankungen, Rauchen und Mundgesundheit sowie der in Zukunft immer wichtiger werdende Bereich der Patientenorientierung stünden im Fokus der BZÄK, so Oesterreich in seinem Rechenschaftsbericht.

Approbationsordnung

Über den Sachstand zur Novellierung der Approbationsordnung berichtete Vizepräsident Dr. Michael Frank. Ziel sei die präventionsorientierte Ausrichtung und mehr Einbindung in die Medizin. Abschluss sei das Staatsexamen. Eckpunkte lägen vor, derzeit beschäftige sich eine Bund-Länder-Expertengruppe mit der Feinarbeit, eine Lenkungsgruppe definiere Lernziele und Prüfungsfragen, das Inkrafttreten sei für 2016 vorgesehen. Frank ging ferner auf den Sachstand zur Weiterbildungsordnung ein. Hier seien aufgrund von kritischen Stimmen zur Umsetzbarkeit aus den Ländern Nachbesserungen in Arbeit, die Verabschiedung im Vorstand sei für das Frühjahr 2012 vorgesehen.

Wegweisende Beschlüsse

Neben der zentralen GOZ-Diskussion griffen die Delegierten weitere Themen der politischen Arbeit der BZÄK und Präsidenten-berichte auf, nahmen Stellung und fällten Beschlüsse. Dazu gehörte die Forderung nach Beteiligung der BZÄK im G-BA, den verstärkten Einsatz der zahnärztlichen Körperschaften und Verbände für die Verein-barkeit von Familie und Beruf und die gesetzliche Verankerung der zahnmedizinischen Versorgung von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen.

Ferner lehnte die Versammlung die Einführung eines Fachzahnarztes Allgemeine Zahnheilkunde ab, das entsprechende im Beirat Fortbildung BZÄK/DGZMK diskutierte Konzept solle nicht weiter verfolgt werden. Stattdessen solle der Beirat weitere Konzepte für die Stärkung des Generalisten ausarbeiten, die dem BZÄK-Vorstand und der Bundesversammlung vorgelegt werden sollen. Die Neuordnung der Approbationsordnung werde aber als vordringlich angesehen.

Neuer Vizepräsident

Auf der Bundesversammlung legte der Vizepräsident der BZÄK, Dr. Michael Frank, überraschend aus persönlichen Gründen sein Amt nieder. Präsident Engel und Vizepräsident Oesterreich dankten Frank für seine engagierte Arbeit. Insbesondere habe er wichtige Zukunftsthemen frühzeitig erkannt und zum Thema gemacht und so den Berufsstand nach vorne gebracht. Die Delegierten der Bundesversammlung wählten anschließend Prof. Dr. Christoph Benz, Präsident der Bayerischen Landeszahnärztekammer, als Nachfolger. Frank verbleibt als hessischer Kammerpräsident weiterhin im Vorstand der BZÄK.

Im Rahmen der Beratungen über den Haushalt wurde dieser als ausgeglichen festgestellt und dem Vorstand Entlastung erteilt. Im Rahmen einer Erhöhung der Mitgliedsbeiträge der Kammern erhielt die BZÄK den notwendigen finanziellen Spielraum, um ihre gewachsenen politischen Aufgaben im Rahmen der BZÄK-Agenda 2020 entsprechend umzusetzen. Für die gute Organisation der Versammlung sorgten die gastgebende Kammer Hessen und das Team der BZÄK-Verwaltung. pr

Die politischen Beschlüsse sind in vollem Wortlaut unterwww.bzaek.de/deutscherzahnaerztetag.htmleingestellt.

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