Leitartikel

Zahnärztliche Konvergenz

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

die Öffnungsklausel ist vorerst vom Tisch, im Gegenzug dafür sollen wir uns mit gerade mal sechs Prozent mehr Honorar zufriedengeben und damit weiterhin auf dem Gebührenniveau von 1988 arbeiten – das besagt im Kern der Referentenentwurf für die neue GOZ. Damit ignoriert das BMG unsere Kostenentwicklung der vergangenen 20 Jahre völlig! Der Systemfehler wird dabei offenkundig: Ein politisch denkender Verordnungsgeber handelt auch politisch. Da bleiben berechtigte Anliegen schnell auf der Strecke. Für den Berufsstand ein Desaster! Allein weil die Zahnmedizin sich wie jede andere Wissenschaft dynamisch entwickelt und im Zuge des medizinischen Fortschritts immer mehr und immer bessere Therapiealternativen zu bieten hat.

Es braucht eine zeitgemäße GOZ, die diese Behandlungen für alle Patienten, egal ob in der PKV oder in der GKV, abbildet. Denn dass solche Therapien zu einem Honorar aus dem letzten Jahrtausend wirtschaftlich nicht machbar sind, wissen Sie genauso wie ich. An diesem Punkt können Patienten wie Zahnärzte gleichermaßen nichts gewinnen.

Ob die Klausel dauerhaft ein echtes No-Go ist, wage ich zudem zu bezweifeln. Nach dem PKV-Verband drängen nämlich jetzt die ersten gesetzlichen Kassen auf ein Öffnungstor in der GOZ. „Fairer Wettbewerb zwischen der AOK und privaten Krankenkassen macht für beide Seiten eine Öffnungsklausel in der GOZ notwendig“, holte AOKChef Herbert Reichelt jüngst aus. Fairer Wettbewerb und Öffnungsklausel? Die passen ungefähr so gut zusammen wie Fair Play und Blutgrätsche beim Fußball.

Die Frage ist aber: Wie reagieren wir als Berufsstand auf solche Fouls? Und weiter: Wie gehen wir überhaupt mit den anstehenden, auf unseren beruflichen Alltag womöglich nachhaltig Einfluss nehmenden Themen um? Passt da noch die tradierte Zuordnung der Zuständigkeiten: hier KZBV, dort BZÄK?

Es geht nicht nur um die GOZ und die zu verhindernde Öffnungsklausel, die ja vom Bundesrat nochmals auf die Agenda gebracht werden können. Schließlich sind die Bundesländer nach wie vor heiß darauf, die Kosten für ihre Beihilfeberechtigten klein zu halten. Hier müssen Kammern und KZVen noch besser kooperieren. Sprich, auf Bundes- und besonders Länderebene ihre Argumente und Strategien vertikal wie horizontal bestmöglich koordinieren und abstimmen. Es geht auch um anstehende Gesetzesvorhaben, wie das jüngst in Eckpunkten vorgestellte Patientenrechtegesetz; es geht darum, ob uns in Deutschland Masterstudiengänge und Fachzahnärzte nützen können, ob wir uns eine von der Politik aufgedrückte Bachelor-Master-Diskussion leisten und ob wir bisherige zahnärztliche Leistungen von Nicht-Zahnärzten erbracht wissen wollen. Nicht zu vergessen die noch längst nicht abgeschlossenen Diskussionen um Basistarif und Selektivverträge.

Für mich ist der Weg klar! Wenn die PKV sich GKV-isiert und die gesetzlichen Krankenkassen umgekehrt immer mehr in den ehedem originären Bereich der PKV eindringen, wenn die bestehende duale Krankenversicherung zunehmend auf dem Prüfstand steht, wenn hier die Konvergenz der Systeme eingeläutet wird, dann müssen auch KZBV und BZÄK enger zusammenstehen. Einfach, weil die traditionelle Aufgabenaufteilung dann auf unserer Ebene auch nicht mehr existiert. Wir müssen uns verstärkt fachübergreifend kurzschließen. Kurzschließen heißt nicht Kurzschluss! Kurzschließen heißt Konvergenz. Auch bei uns.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen

Dr. Jürgen FedderwitzVorsitzender der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung

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