Koordinierungskonferenz Öffentlichkeitsbeauftragte

Sprechende Daten

Daten, Zahlen, Fakten sind dröge und abstrakt? Früher im Matheunterricht vielleicht. Wer seine Botschaft mit Statistik untermauert, hat auf jeden Fall größere Chancen, in der Öffentlichkeit gehört zu werden. Auch der zahnärztliche Berufsstand kann mit seinem umfangreichen Forschungsmaterial punkten, bekräftigten die Referenten auf der Koordinierungskonferenz Öffentlichkeitsbeauftragte am 9. und 10. September in Magdeburg.

Welche Argumentation in der Politik sticht? Für Prof. Dr. Gerd Glaeske vom Zentrum für Sozialforschung in Bremen liegt die Antwort auf der Hand: Politische Ziele sind nur dann durchsetzbar, wenn man sie auf der Basis von Forschung und Empirie begründen kann. Glaeske: „Daten verlangen natürlich immer eine Interpretation – sie sind abhängig von der jeweiligen Perspektive.“

Druck erzeugen

Bedingung für ein Echo in der Politik: sprechende und belastbare Daten – nur sie können politisch interpretiert werden und erzeugen Druck, betonte Glaeske. Wichtig sei freilich, dass der zahnärztliche Berufsstand nach außen seine Beteiligung an der Gesundheitsversorgung darstellt – und den damit verbundenen Benefit für die Gesellschaft. „Der patientenorientierte Nutzen wird ein wichtiger Prüfstein werden“ prophezeite Glaeske. „Dabei kommt der Zahnmedizin eine Schlüsselfunktion zu, weil insbesondere bei den großen Volkskrankheiten, wie zum Beispiel Diabetes und koronarer Herzkrankheit, erste Krankheitsanzeichen an den Zähnen abgelesen werden können.“

Türken ist tabu

Wie man mit Daten und Zahlen manipulieren kann ohne sie direkt zu verfälschen, illustrierte der KZBV-Vorsitzende Dr. Jürgen Fedderwitz. Dennoch dürften bestimmte Angaben nicht einfach unter den Tisch fallen. Fedderwitz: „Was wir in die Medien bringen wollen, müssen wir mit belastbaren Daten, die der Kritik standhalten, untermauern. Wer Zahlen türkt und auffliegt, hat verloren.“

Entsprechend sei das Jahrbuch der KZBV eine echte und seriöse Zahlenbibel, die umfassende Fakten zur zahnmedizinischen Versorgung gesetzlich Versicherter enthalte. Fedderwitz: „In der Berufspolitik puschen Daten auch Konzepte. Bestes Beispiel: unser A+B-Modell zur Verbesserung der Mundgesundheit von Menschen mit Behinderungen und Pflegebedürftigen.“ Voraussetzung, um überhaupt in die Zeitung zu kommen: interessant aufbereitetes Datenmaterial. Fedderwitz: „Mit unserer Budgetproblematik haben wir vergangenes Jahr genau diese Medienarbeit durchexerziert. Bilanz: Wir landeten in Bild auf Seite und verzeichneten insgesamt die größte Medienresonanz zu zahnärztlichen Themen ever.“

Wie die Zahnärzteschaft ihre Zahlen effektiv einsetzt, verdeutlichte BZÄK-Vizepräsident Prof. Dr. Dietmar Oesterreich am Projekt zu den Anforderungen, Bewertungen und Entwicklungspotenzialen zahnärztlicher Berufsausübung (ANFO-Z). „Daten sind kein Selbstzweck, sondern als Grundlage wichtig für die Standortbestimmung und Argumentation des Berufsstandes“, stellte er klar.

Sache der Berufspolitik sei, den Wettbewerb zu kanalisieren, die berufliche Identität zu prägen und die Gesundheitspolitik zu beeinflussen. Die Öffentlichkeitsarbeit stelle in dem Prozess die aktive Auseinandersetzung der Professionspolitik mit den Ergebnissen aus dem Versorgungsalltag dar und transportiere ein positives Bild des Berufsstandes – auf Grundlage von Forschung mit klarer Methodik und Hoheit zur Interpretation. Oesterreich: „Der Zahnarzt erkennt allgemeine Erkrankungen an dem oralen Status – das muss die Runde machen.“

Brücken bauen

Wie das Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) in Köln in der Versorgungsforschung arbeitet, erläuterte der stellvertretende Leiter Dr. David Klingenberger. Als Brücke zwischen Professionspolitik und Forschung generiert das Institut Daten und Fakten und sendet sie an Journalisten, Kammern und KZVen, aber auch an große Organisationen – bei den Mundgesundheitszielen etwa an die Fédération Dentaire Internationale (FDI) und die World Health Organization (WHO). Ein Beispiel für Publikationen: der InvestMonitor als Benchmark für Praxisinhaber und Niederlassungswillige. Mit dem Ziel, betriebswirtschaftliche Vergleichsdaten für Praxisinhaber verfügbar zu machen und regionale Entwicklungen im zeitlichen Ablauf aufzuzeigen. Das IDZ erkläre auch Trends, wie Parodontitis oder den Kariesdecline durch die Präventionsanstrengungen. Klingenberger: „Wahrheitsfindung ist der Leitfaden jeglicher Wissenschaft. In diesem Sinn setzen wir Themen und bearbeiten sie wissenschaftlich sauber – darin besteht unsere Methodenkompetenz.“

In Schlagzeilen denken

Dass eine Krankenkasse nicht nur die Qualität und den Patientennutzen im Blick haben muss, sondern auch die Kosten, veranschaulichte Athanasios Drougias, Unternehmenssprecher der Barmer GEK: „Das ist ein Dreiklang, den die Kasse nicht aufbrechen kann!“ Die Reporte für Arzt, Krankenhaus, Heil- und Hilfsmittel, Pflege und erstmalig auch für Zähne sind laut Drougias die Stützpfeiler seiner Pressearbeit. Er bestätigte auch Ausführungen Klingenbergers: „Alle großen Peaks wurden mit Themen zur Versorgungsforschung erreicht.“ Botschaften, wie jüngst „Osten kränker als Westen“ werden bei der Kasse nicht nur per Pressekonferenz verbreitet, sondern laufen über sämtliche Kanäle. Drougias: „Der erste große Aufschlag erfolgt via Twitter – hier kommt die Diskussion in Gang, und wir haben noch vor der offiziellen Veröffentlichung der Daten den ersten Traffic.“

Thomas Grünert, Chefredakteur vom Gelben Dienst analysierte die Jahrbücher von KZBV und BZÄK. Sein Urteil: Die Bände bilden die umfangreiche Datensammlung im Gesamtkontext ab. „Wichtig ist heute aber auch, die Zahlen zusätzlich auch online zur Verfügung zu stellen, denn die Papierform entspricht nicht mehr den journalistischen Arbeitsabläufen.“ Grünert regte darüber hinaus an, verstärkt in Schlagzeilen zu denken, Zahlen in Relation zu setzen und gezielt eine Agenda zu setzen.

Seele oder Festplatte

Praxisnah erzählte Dr. Raimar Heber, Art Director dpa-infografik, wie Infografiken aufgebaut sein müssen, damit sie verständlich sind. Grundsätzlich gelte: Was vom Inhalt her zusammen passt, sollte auch nah platziert werden. Sprich, der Betrachter soll nicht suchen müssen: Wo geht es hier weiter? Was gehört wohin?

Heber: „Eine Grafik braucht einen Titel, eine Quelle und einen Autor, damit sie selbstständig überleben kann.“ Will man den Leser auf emotionaler Ebene (Seele) ansprechen, verwendet man große Bilder und wenig Text, soll es eher sachlich (Festplatte) zugehen, nimmt man ein kleines Bild und viel Text.

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