Pädiatrie fordert Leitlinien

Schlaganfall bei Kindern

Heftarchiv Medizin
Eine intensivere Erforschung der Zusammenhänge und vor allem klare Leitlinien für die Diagnostik und Therapie fordern schwedische Wissenschaftler zum Thema „Schlaganfall bei Kindern“. Eine solche neurologische Komplikation ist bei Heranwachsenden zwar selten, stellt aber eine massive Bedrohung dar und beeinträchtigt den Alltag der Kinder, die das Ereignis überleben, erheblich.

Das Thema „Schlaganfall“ hat in den vergangenen Jahren zunehmend Beachtung erfahren – allerdings vor allem in der Erwachsenenmedizin. Denn der Schlaganfall gilt praktisch als eine Alterserkrankung. Er ist im Kindesalter selten, was wohl der Grund dafür sein dürfte, dass es bislang keine Leitlinien für die Diagnostik und Therapie des Schlaganfalls im Kindesalter gibt. Dieses Manko haben schwedische Mediziner jüngst in der Zeitschrift Acta Paediatrica angeprangert.

Dort berichten Dr. Sten Christerson und sein Kollege Dr. Bo Stromberg vom Centre for Rehabilitation Research und vom Universitätskrankenhauses Örebro, dass zudem Schlaganfälle im Kindesalter recht variabel verlaufen, was die konkrete Untersuchung erheblich erschwert. „Definiert ist der Apoplex im Kindesalter als ein zerebrovaskuläres Ereignis, das zwischen dem 28. Lebenstag und 18 Jahren auftritt“, erklärte Autor Christerson. Studien in Europa und den Vereinigten Staaten belegen nach seinen Angaben, dass pro Jahr zwischen 2,1 und 13 Kinder / 100 000 betroffen sind.

Die beiden schwedischen Wissenschaftler haben im Rahmen einer eigenen Untersuchung die Situation bei 51 Kindern – 23 Jungen und 28 Mädchen – aus der Region Uppsala/Örebro, die in den vergangenen sieben Jahren einen Schlaganfall erlitten hatten, analysiert. Vier Kinder waren infolge des Schlaganfalls verstorben, die übrigen Kinder konnten bis zu rund acht Jahre nachverfolgt werden. Dabei zeigte sich, dass mehr als jedes zweite betroffene Kind einen arteriellen ischämischen Schlaganfall erlitten hatte und 41 Prozent einen nicht-traumatischen hämorrhagischen Schlaganfall, so heißt es in einem Bericht der Zeitschrift „Monatsschrift Kinderheilkunde“.

Die betroffenen Kinder waren im Mittel 13 Jahre alt und etwa ein Drittel von ihnen litt vor dem Ereignis an einer chronischen Erkrankung, ein weiteres Drittel wies eine vaskuläre Malformation auf. Bei den übrigen Kindern war dem Apoplex eine akute Infektion wie zum Beispiel eine Windpockenerkrankung vorangegangen, eine Anämie oder ein Trauma im Halsbereich. Außerdem hatten sechs der betroffenen Mädchen orale Kontrazeptiva eingenommen, wobei drei von ihnen rauchten und bei zweien eine Eisenmangelanämie bestand.

Lediglich bei 31 Prozent der Kinder wurde die Diagnose „Schlaganfall“ innerhalb von sechs Stunden gestellt. Es zeigten sich zudem hinsichtlich der Diagnostik wie auch der anschließenden Therapie deutliche Unterschiede, berichten die schwedischen Wissenschaftler. Sie fordern daher klare Leitlinien zur Diagnostik und Therapie des Schlaganfalls im Kindesalter, um so letztlich die Gefährdung der Betroffenen wie auch spätere Behinderungen möglichst zu minimieren. „Ein Schlaganfall ist ein ernster Zustand, der beachtliche gesundheitliche Langzeitfolgen hat und ernste funktionelle Einschränkungen nach sich zieht“, gab Christerson zu bedenken.

Auch dies belegt die aktuelle Untersuchung: 85 Prozent der Kinder waren nach dem Ereignis in ihrem Leben deutlich beeinträchtigt, 65 Prozent davon durch neurologische Folgeprobleme, wobei bei 15 Prozent eine schwere Behinderung bestand. Am häufigsten war dabei mit 43 Prozent eine halbseitige Lähmung. Davon abgesehen kam es bei 64 Prozent der Kinder nach dem Apoplex zu einem Abfall der schulischen Leistungen, wobei die Veränderung bei 17 Prozent als gravierend beurteilt wurde.

Die Untersuchung hatte ein weiteres Ergebnis: Die Lebensqualität der Kinder und Jugendlichen war nach dem Schlaganfall signifikant niedriger als bei ihren Altersgenossen. Mehr als die Hälfte der Eltern berichteten, dass ihre Kinder Schwierigkeiten bei alltäglichen Aufgaben hätten oder diese teilweise gar nicht ausführen könnten. Dies betraf die Bereiche Lernen, Kommunikation, Mobilität, Körperpflege, Interaktionen mit anderen Menschen und Familienleben.

Christine VetterMerkenicher Str. 22450735 Köln

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