Interaktive Fortbildung

Teamwork auf höchstem Niveau

Heftarchiv Zahnmedizin
Das Einzelzahnimplantat zum Ersatz zentraler Oberkieferschneidezähne zählt immer noch zu den großen Herausforderungen an das Team aus Implantologen, Prothetiker und Zahntechniker. Der Einsatz moderner Technologien und Werkstoffe hat die Herstellung von implantatgetragenem Zahnersatz revolutioniert und vereinfacht. Sowohl die Implantologie als auch der Einsatz von CAD/CAMTechnologien in Zahnmedizin und Zahntechnik gehören zu den wachstumsstärksten Segmenten des Dentalbereiches. Eine Fallbeschreibung dokumentiert die unmittelbare Verzahnung diverser interdisziplinärer Bereiche.

Die Schnittstellen beider Bereiche sind derzeit in der Implantatplanung, der Schablonen geführten Implantatnavigation sowie im Bereich der Implantatabutments zu sehen. Letztere bieten aufgrund der rasanten Entwicklung im Bereich der CAD/CAMSysteme vielseitige Möglichkeiten zur Herstellung individueller Abutments aus innovativen Materialien.

Die Implantathersteller und die CAD/CAMAnbieter bieten dazu verschiedene Lösungsansätze an. Trotz des Einsatzes modernster Technologien ist allerdings ein eng verzahntes Zusammenarbeiten von Spezialisten eine absolute Grundvoraussetzung für den klinischen Erfolg in anspruchsvollen Situationen.

Keramische Werkstoffe und deren Verarbeitung haben alle Bereiche der restaurativen Zahnheilkunde entscheidend beeinflusst [Beuer et al., 2008; Beuer et al., 2009; Beuer et al., 2010; Edelhoff et al., 2002; Edelhoff et al., 2008; Fischer et al., 2008]. Neben den zahnähnlichen optischen Eigenschaften haben sich die hervorragenden biokompatiblen Eigenschaften als besonders gewebeverträglich erwiesen [Denry et al., 2008; Kelly et al., 2008; Takami et al., 1997]. Dies ist vor allem dann entscheidend, wenn zwischen Restaurationsmaterial und Zahnfleisch unmittelbarer Kontakt besteht, wie es im Durchtrittsbereich implantatgetragener Versorgungen durch das Weichgewebe der Fall ist [Sailer et al., 2009; Sailer et al., 2009]. Als geeigneter Werkstoff für keramische Abutments hat sich Zirkonoxid herausgestellt, da es neben den positiven keramischen Eigenschaften auch die höchste mechanische Stabilität der in der Zahnmedizin verwendeten Keramiken bietet [Sailer et al., 2009; Sailer et al., 2009]. Moderne Implantatsysteme bieten die Möglichkeit der Verknüpfung mit CAD/CAMSystemen, indem die Abutments individuell aus dem gewünschten Material gefertigt werden können. Diese Innovation stellt eine der wichtigsten Weiterentwicklungen in der Implantatprothetik dar [Sailer et al., 2007]. Die Ausformung des Weichgewebes durch das Abutment bietet zum einen den Vorteil des biokompatiblen Materials Zirkonoxid im direkten Schleimhautkontakt, zum anderen wird die Überschussentfernung bei zementierten Lösungen deutlich erleichtert, da sich der marginale Rand der Restauration nun in den gut zugänglichen intrasulkären Bereich legen lässt.

Die Verbindung zwischen vollkeramischem Abutment und Titanimplantat ist derzeit Punkt intensiver Forschung und Diskussion. Werden Zirkonoxidabutments einteilig ohne Zwischenstruktur gefertigt, bietet dies den Vorteil, dass sich keine Klebe- oder Fügematerialien im Sulkus der implantatgetragenen Restauration befinden. Es ist allerdings auch zu bedenken, dass alle Implantat- Abutment-Verbindungen für Titanimplantate mit der Prämisse der Rotationssicherung und für metallische Werkstoffe konstruiert wurden. Scharfe Kanten, dünne Wandstärken und konische Verbindungen sind zwar mit modernen CAD/CAM-Systemen auch aus keramischen Werkstoffen präzise herstellbar. Die Geometrien sind aber wenig keramikgerecht, daher sind Spannungsspitzen und klinisches Versagen in vielen Fällen vorprogrammiert [Magne et al., 2010]. Ein weiteres Problem ist der Schraubensitz, denn durch das Verschrauben einer Keramik auf einem Metall entsteht irgendwo in der Keramik, je nach Geometrie, Zugspannung welche auch zum klinischen Versagen führen kann. Sicher ist die Stabilität dieser einteiligen Zirkonoxidabutments von vielen Faktoren abhängig, die in günstigen Fällen nicht zum Versagen des Aufbauteils führen müssen. Lange Kronen, geringe Implantatdurchmesser verbunden mit geringen Schichtstärken der Aufbauteile und scharfkantige Übergänge zwischen einzelnen Elementen der Rotationssicherung sind als mögliche Risiken zu nennen. Des Weiteren muss bedacht werden, dass es sich bei Zirkonoxid und Titan um zwei grundsätzlich unterschiedliche Werkstoffe handelt, die sich auch in ihren physikalischen Eigenschaften deutlich voneinander unterscheiden [Denry et al., 2008]. Kommt es beispielsweise zu einer Schraubenlockerung kann sich die unterschiedliche Härte der Materialien fatal auf die Innengeometrie des weicheren osseointegrierten Implantats auswirken, da hier eine mögliche Abrasion und Schädigung nur an der Titanfläche des Implantats zu erwarten ist.

Eine zweite Möglichkeit ist die Verwendung einer Titan-Mesostruktur, die in das Titanimplantat greift und auf der ein individueller Aufbau aus Zirkonoxid befestigt werden kann. Dabei kann der Aufbau mittels CAD/ CAM-Technik oder auch mit Kopierfräsverfahren hergestellt werden. Der entscheidende Vorteil dieser Methode ist die Verwendung des gleichen Materials in der Kontaktzone zwischen Implantat und Abutment. Dadurch werden unterdimensionierte Keramikanteile im Inneren des Implantates vermieden. Es darf von höherer mechanischer Stabilität ausgegangen werden. Sicher ist das Verkleben oder keramische Verlöten zwischen der Titanbasis und dem keramischen Aufbauteil ein Punkt, den man genauer betrachten muss. Neben möglichen biologischen Komplikationen durch das Befestigungskomposit auf der Höhe der Implantatschulter, wird die Dauerhaftigkeit der Verklebung angezweifelt. Sowohl Daten aus Invitro- Studien, als auch langjährige eigene Erfahrung können diese Bedenken nicht bestätigen [Ebert et al., 2007]. Deshalb ist die Kombination einer Titanklebebasis mit einem Zirkonoxidabutment die derzeit von den Autoren bevorzugte Art der Herstellung individueller keramischer Abutments. Das Vorgehen soll dabei im folgenden Patientenfall erläutert werden.

Ausgangssituation und chirurgisches Vorgehen

Die 29-jährige Patientin stellte sich nach der Entfernung eines nicht mehr erhaltungswürdigen zentralen Oberkieferschneidezahnes mit einer provisorischen Klebebrücke in einer Mund-Kiefer-Gesichtschirurgischen Praxis vor (Abbildung 1). Der Zahn 11 ging aufgrund einer Längsfraktur verloren. Kamm- oder strukturerhaltende Maßnahmen wurde durch den behandelnden Zahnarzt nicht durchgeführt, sondern die Heilung sich selbst überlassen. Wie in der Literatur beschrieben, war vor allem der bukkale Knochenanteil einer deutlichen Resorption unterworfen [Araujo et al., 2005]. Bei der Planung der Implantation imponierte deshalb ein ausgedehntes Hartgewebsdefizit in der Alveolarkammbreite (Abbildung 2). Dies wurde in einem ersten Eingriff durch die Augmentation eines Knochenblocks aus der Retromolarregion des Unterkiefers korrigiert (Abbildung 3) [von Arx et al., 2006]. Der Vollblock wurde aus der Linea Obliqua entnommen, wobei der entstehende Defekt mit einem Kollagenflies (Kollagen-Resorb, Resorba, Nürnberg) ausgekleidet wurde. Um das augmentierte Knochenvolumen möglichst dauerhaft zu erhalten, wurde partikuliertes xenogenes Knochenersatzmaterial (Bio-Oss, Geistlich, Baden-Baden) auf den autologen Knochenblock aufgelagert (Abbildung 4) und das gesamte Augmentat mit einer Kollagenmembran (BioGide, Geistlich) abgedeckt [von Arx et al., 2006]. Nach einer Einheilzeit von sechs Monaten konnte nun ein enossales Schraubenimplantat aus Titan (Screwline Promote Plus 4,3mm Durchmesser, 13 mm Länge, Camlog Biotechnologies, Basel, Schweiz) inseriert werden. Die genaue dreidimensionale Insertion wurde anhand einer Orientierungsschablone und der Schmelz-Zement-Grenze der Nachbarzähne vorgenommen. Entscheidend ist dabei das approximale Knochenniveau, da es über die Ausbildung der Interdentalpapillen bestimmt [Tarnow et al., 1992; Tarnow et al., 2003]. Anschließend erfolgte der spannungsfreie Nahtverschluss des Operationsgebietes. Nach weiteren drei Monaten wurde das Implantat mit einer Rolllappenplastik zur Verdickung des bukkalen Weichgewebes (Abbildung 5) [Gunay et al., 1988] freigelegt und eine erste Abformung der Situation genommen. In dieser Sitzung wurde der Sulkusformer eingebracht. Nach einer Woche konnte eine provisorische Krone, die auf dem provisorischen Aufbauteil des Implantatsystems erstellt wurde, eingegliedert werden. Diese Krone diente als therapeutischer Zahnersatz zur Ausformung des Weichgewebes und der Überprüfung von Ästhetik und Funktion der Krone. In der Folgezeit wurde an das provisorische Polyetheretherketon (PEEK)-Abutment lichthärtendes Kompositmaterial (Tetric Eco Ceram Flow, IvoclarVivadent, Schaan, Liechtenstein) aufgebracht, um ein optimales Durchtrittsprofil des Abutments durch die Gingiva zu formen.

Prothetische Versorgung

Drei Monate nach der letzten Veränderung des Durchtrittsprofils wurde die Situation erneut abgeformt. Die Form des provisorischen Abutments wurde mit Hilfe eines Silikonschlüssels auf den Abformpfosten übertragen. Zur Individualisierung des Abformpfostens kam ein Laborkunststoff (Patern Resin, GC Europe, Leuven, Belgien) zum Einsatz. Anschließend erfolgte die offene Abformung mit einem individuellen Abformlöffel und Polyether (Impregum Soft, 3M ESPE, Seefeld). Der Gegenkiefer wurde mit einem Silikonmaterial (Flexitime Monophase, Heraeus, Hanau) in einem konfektionierten Metalllöffel abgeformt und die Oberkieferposition wurde mit einem arbiträren Gesichtsbogen übertragen.

Nach einer Rückstellzeit von 24 Stunden wurde ein Meistermodell aus kunststoffverstärktem Superhartgips (Resin Rock, Whipmix Deutschland, Dortmund) mit einer Silikonmaske um das Laboranalog des Implantates erstellt. Ebenso wurde ein Gegenkiefermodell aus demselben Gips erstellt und die Modelle in einem teiljustierbaren Artikulator montiert.

Das Meistermodell wurde mit einem Scanspray (Scan Spray Blue, Dentaco, Bad Homburg) versehen, um mögliche Reflexionen während der optischen Digitalisierung zu vermeiden und der Scankörper (Scankörper für die CAMLOG-Implantatbasis Titan CAD/CAM, Sirona, Bensheim) für das entsprechende Implantatsystem wurde aufgesetzt. Dann erfolgte die Digitalisierung des Meistermodells und des Okklusionsregistrates (Metal-Bite, R-Dental, Hamburg) mithilfe eines Streifenlichtscanners (InEOS, Sirona, Bensheim) (Abbildung 6). Im weiteren Vorgehen wurde ein individuelles Abutment im CAD-Programm konstruiert und darauf geachtet, dass sich die Präparationsgrenze der späteren Krone rund 1 mm intrasulkär befand (Abbildungen 7 und 8). Der so entstandene Datensatz wurde an die CAM-Ausgabeeinheit des Systems versendet. Dort wurde aus eingefärbtem, vorgepresstem und vorgesintertem Zirkonoxid (Weißling) das Abutment in vergrößerter Form ausgeschliffen. Der Schraubenkanal für die Befestigungsschraube, sowie eine Nut zur Rotationssicherung waren hierbei schon vom Hersteller des Rohlings (InCoris ZI Meso, Sirona) eingearbeitet. Nach dem Schleifprozess wurde das Abutment vom Rohlingshalter abgetrennt und bei 1350 °C über sechs Stunden im Sinterofen (inFire HTC, Sirona) für Zirkonoxid gesintert. Dabei erhielt das Abutment sowohl seine endgültige Farbe, als auch seine endgültige Festigkeit und Dimension.

Das Verkleben des Zirkonoxidabutments mit der Titanklebebasis wurde nach Vorbehandlung beider Oberflächen durchgeführt. Dazu wurden sowohl die Zirkonoxidklebefläche, als auch die Titanklebefläche mit 50 μm Aluminiumoxid und einem Druck von 1 bar bei einer Entfernung von 20 mm abgestrahlt und dann mit einem Silan (Zirconia Primer, Kuraray Europe, Frankfurt am Main) versehen [Ebert et al., 2007]. Anschließend wurden beide Komponenten mit einem Befestigungskomposit (Panavia 21, Kuraray Europe) verklebt (Abbildung 9). Nach einer Einprobe des Abutments im Patientenmund zur Überprüfung des Verlaufs der Präparationsgrenze wurde nun die Krone erstellt (Abbildung 10).

Anschließend wurde das Meistermodell mit aufgeschraubtem Abutment erneut digital erfasst und ein Kronengerüst aus Zirkonoxid nach oben beschriebenem Vorgehen hergestellt. Zur Verblendung des Gerüstes wurde die Krone während des Schichtens der Verblendkeramik (Creation ZR, AmannGirrbach, Pforzheim) und zwischen den einzelnen Bränden immer wieder im Mund der Patientin einprobiert, um eine möglichst exakte Imitation der Nachbarzähne zu erzielen. Bei der Gestaltung der Approximalflächen wurde die Höhe des krestalen Knochens ins Labor übertragen und das Gesetz nach Tarnow zur Ausbildung der späteren Papillenstruktur beachtet [Tarnow et al., 1992; Tarnow et al., 2003]. In der Eingliederungssitzung wurde zuerst das individuelle Abutment mit dem vom Hersteller vorgeschriebenem Drehmoment von 20 Ncm angezogen und der Schraubenkanal mit lichthärtendem Material in Sandwichtechnik (weiches Material im Schraubenkopf, hartes Material darüber) verschlossen. Dann wurde die Krone definitiv mit einem dualhärtenden semiadhäsiven Material (SpeedCem, Ivoclar Vivadent) befestigt. Dieses Befestigungsmaterial zeichnet sich durch hervorragende Überschussentfernung aus, da die Überschüsse 2 s mit der Polymerisationslampe ausgehärtet und dann sehr leicht entfernt werden können.

Diskussion

Einzelzahnkronen neben natürlichen Nachbarzähnen, speziell auf Implantaten, bleiben trotz modernster Techniken eine große Herausforderung, wenn ein ästhetisch und funktionell optimales Ergebnis erzielt werden soll. Die hier gezeigte Vorgehensweise stellt einen möglichen Lösungsansatz dar, wenngleich der Aufwand hoch ist. Neuere Ansätze, ohne therapeutischen Zahnersatz zu arbeiten und gleich mit einem individuellen Abutment die Weichgewebeausformung vorzunehmen, lassen sicher Zeit und Kosten sparen. Allerdings bieten sie weniger Korrekturmöglichkeiten und Vorhersagbarkeit. Durch diese Vorbehandlungsphase wurden bei der Überführung in die definitive Restauration die ästhetischen und funktionellen Erwartungen der Patientin zur vollen Zufriedenheit erfüllt (Abbildungen 11 bis 13).

PD Dr. Florian BeuerPoliklinik für Zahnärztliche ProthetikGoethestr. 7080336 MünchenFlorian.beuer@med.uni-muenchen.de

Dr. Stephan Beuer, M.Sc.Praxisklinik MünchnerauWeiherbachstr. 284034 Landshutbeuer@praxisklinik-muenchnerau.de

ZT Josef SchweigerPoliklinik für Zahnärztliche ProthetikGoethestr. 7080336 MünchenJosef-schweiger@t-online.de

ZTM Peter Schaller,Esthetic ConceptFraunhoferstr. 23 i80469 MünchenPeter.Schaller@mac.com

Prof. Dr. Daniel EdelhoffPoliklinik für Zahnärztliche ProthetikGoethestr. 7080336 MünchenDaniel.edelhoff@med.uni-muenchen.de

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