Langfristige Einnahme von Bisphosphonaten

Allgemein weniger Frakturen, mehr Brüche am Femurschaft

Die Behandlung mit Bisphosphonaten erhöht nicht nur das Risiko für eine Kiefer nekrose, sondern steigert auf lange Sicht auch das Risiko für subtrochantäre und atypische Femurschaftfrakturen. Dennoch überwiegt in puncto Frakturen der Nutzen die Risiken der Therapie, wie eine bevölkerungsbasierte Fall-Kontroll-Studie aus Kanada belegt.

Ursprünglich als effektive Waffe gegen die Osteoporose gefeiert, sind die Bisphosphonate aufgrund ihrer potenziellen Nebenwirkungen schon länger in den Schlagzeilen. Zu beachten ist nicht nur das Risiko der Entwicklung einer Kiefernekrose. Es gibt auch Befunde, wonach die Wirkstoffe den Knochenumbau stören und bei langfristiger Einnahme die Gefahr von Knochenbrüchen, denen sie ja eigentlich vorbeugen sollen, sogar erhöhen können. Dabei steigt den vorliegenden Daten zufolge vor allem die Häufigkeit von Femurschaftfrakturen (subtrochantäre sowie atypische Oberschenkelfrakturen) an.

Dass tatsächlich ein erhöhtes Frakturrisiko besteht, bestätigt aktuell eine Fall-Kontroll-Studie aus Kanada, die jetzt im Fachblatt JAMA (2011; 305: 783-789) publiziert wurde. In der Studie wurden, wie es in Kanada möglich ist, die Daten von mehr als 200 000 Frauen jenseits des 68. Lebensjahres erhoben, die Bisphosphonate eingenommen hatten. Innerhalb dieser Gruppe wurden 716 Frauen identifiziert, die unter der Behandlung mit einem Bisphosphonat eine Femurschaftfraktur erlitten hatten. Davon wiesen 411 Frauen eine subtrochantäre Fraktur und 305 Frauen eine atypische Femurschaftfraktur auf. Es sollte in der Erhebung vor allem untersucht werden, inwieweit die Dauer der Bisphosphonat-Einnahme die Frakturgefährdung der Frauen beeinflusst.

Das absolute Risiko ist geringfügig erhöht

Tatsächlich dokumentiert die Untersuchung bei Frauen, die Bisphosphonate länger als fünf Jahre einnehmen, gegenüber solchen mit kurzfristiger Einnahme ein erhöhtes Auftreten von subtrochantären sowie atypischen Femurschaftfrakturen, wobei der Unterschied nach Angaben der Autoren Laura Y. Park-Wyllie et al., Toronto, jedoch nicht statistisch signifikant war. „Das absolute Risiko für solche Frakturen ist gering und das auch bei Frauen, die langfristig Bisphosphonate einnehmen“, schreiben die Mediziner in der Publikation.

Die erhöhte Rate solcher Frakturen wird zudem durch eine wesentlich geringere Häufigkeit von typischen mit einer Osteoporose assoziierten Knochenbrüchen auch bei den Frauen mit mehr als fünfjähriger Medikamenteneinnahme kompensiert. So sinkt den aktuellen Daten zufolge die Rate der Osteoporose-typischen Frakturen bei Einnahme von Bisphosphonaten bis zu drei Jahren um sieben Prozent und bei der Einnahme über drei bis fünf Jahre sogar um 14 Prozent. Bei Frauen, die die Medikamente noch länger einnahmen, war die Rate der Oberschenkelhalsfrakturen sogar um 24 Prozent verringert. Die Autoren weisen dabei explizit darauf hin, dass in der Erhebung Frakturen in anderen Körperregionen, die auf eine Osteoporose zurückgehen – wie etwa Wirbelkörpereinbrüche, gegenüber denen eine Behandlung mit Bisphosphonaten ebenfalls effektiv ist –, nicht berücksichtigt wurden.

Generell beziffern die kanadischen Wissenschaftler das Risiko, einen Knochenbruch aufgrund einer Osteoporose zu erleiden, bei Frauen jenseits des 50. Lebensjahres auf 50 Prozent. Jede fünfte Frau mit einer Osteoporoseassoziierten Fraktur verstirbt dabei innerhalb eines Jahres. Vor diesem Hintergrund darf das erhöhte Risiko für subtrochantäre und atypische Femurschaftfrakturen nach Park-Wyllie keinesfalls dazu führen, dass es generelle Limitationen bei der Anwendung der Bisphosphonate gibt. Denn es gibt derzeit nach ihren Ausführungen bereits Hinweise darauf, dass diese Wirkstoffe Menschen mit hohem Osteoporoserisiko eher zu zögerlich verordnet werden.

Drug-Holidays bei langfristiger Einnahme

Trotzdem müssen Nutzen und Risiko der Behandlung sorgfältig gegeneinander abgewogen werden, da es bislang keine validen Daten für die optimale Behandlungsdauer bei den Bisphosphonaten gibt. Die Mediziner schlagen daher vor, die langfristige Behandlung am individuellen Risiko der Frau festzumachen und gegebenenfalls bei einer mehr als fünfjährigen Einnahmedauer „Drug-Holidays“ zu erwägen. In weiterführenden Analysen sollte nach ihrer Vorstellung außerdem untersucht werden, ob sich spezielle Risikomarker für das Auftreten von subtrochantären und atypischen Femurschaftfrakturen bei Langzeiteinnahme von Bisphosphonaten identifizieren lassen.

Übrigens: Die Koinzidenz Bisphosphonate und Kiefernekrosen wird in den zm in absehbarer Zeit ein eigenes Thema sein. Eine offizielle Leitlinie hierzu wird derzeit von einem interdisziplinären Fachgremium erarbeitet. Die zm bleiben am Ball.

Christine VetterMerkenicher Str. 22450735 Köln

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