Die klinisch-ethische Falldiskussion

Zahnschmerzen eines Kindes am Freitagabend

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Dominik Groß
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Ralf Vollmuth
Dieser Fall thematisiert die Reichweite der zahnärztlichen Hilfeleistungspflicht. Diskutiert wird insbesondere die Frage, ob, beziehungsweise unter welchen Voraussetzungen ein Kind mit akuter Schmerzsymptomatik auch noch nach offiziellem Praxisschluss ein Anrecht auf eine Behandlung hat.

Der Fallbericht:

Familie Z. hat sieben Kinder – das älteste im Teenager-, das jüngste im Säuglingsalter. Nach einigen Enttäuschungen bei der zahnärztlichen Behandlung ihrer Kinder entschließt sich Frau TZ, der Empfehlung eines Bekannten zu folgen und mit ihrer Familie einen auf Kinderzahnheilkunde spezialisierten Zahnarzt aufzusuchen, dessen Praxis 70 Autominuten entfernt ist.

Alle ihre Kinder werden dort zu ihrer Zu friedenheit betreut. Das Vertrauen ist auf beiden Seiten sehr hoch, so dass der Zahnarzt der Familie jeweils Termine von ein bis zwei Stunden Dauer einräumt.

Nach einem halben Jahr bekommt der fünfjährige Sohn der Familie an einem Freitagabend außergewöhnlich heftige Schmerzen an einem Zahn, der noch vom Vorbehandler mit einer Füllung versorgt worden war. Die siebenfache Mutter möchte aufgrund erheblicher zeitlicher und organisatorischer Engpässe mit ihrem Sohn einen Zahnarzt vor Ort – nämlich besagten Vorbehandler – aufsuchen, doch der gibt ihr die Auskunft, für die Behandlung am Abend sei der Hauszahnarzt des Kindes zuständig, oder aber sie müsse die Universitätszahnklinik aufsuchen, die allerdings ebenfalls 70 Autominuten entfernt ist und insofern in logistischer Hinsicht keine Alternative darstellt.

TZ ist ratlos. Sie hatte erwartet, dass in einem solchen Notfall eine Art „zahnärztliche Hilfeleistungspflicht“ besteht, insbesondere gegenüber einem kleinen Kind. Da die Schmerzen ihres Sohnes weiter zunehmen, ruft sie nach einigem Zögern gegen 19.30 Uhr den Zahnarzt des Kindes, der eben von der Praxis heimgekommen ist, an und stellt ihm folgende Fragen:

• Muss sie hinnehmen, dass der Vorbehandler ihren Sohn vor Ort nicht mehr am selben Abend behandeln möchte, oder gäbe es irgendein fachliches Argument, das ihr doch noch ein Entrée beim Vorbehandler verschaffen könnte?

• Hat ihr Sohn das Recht, in Anbetracht seiner starken akuten (subjektiv sehr bedrohlichen) Schmerzen im Rahmen einer Notdienstregelung von einem anderen Zahnarzt der Region behandelt zu werden?

• Und – zu guter Letzt – wäre der Hauszahnarzt nötigenfalls selbst bereit, sie im Bedarfsfall zu so später Stunde noch zu empfangen?

Wie sollten die Antworten des Hauszahnarztes ausfallen?

Brigitte Utzig und Dominik Groß

Prof. Dr. med. dent. Ralf VollmuthOberfeldarzt – Leiter ZahnarztgruppeFachsanitätszentrum HammelburgRommelstr. 31D-97762 Hammelburgdr.ralf.vollmuth@t-online.deProf. Dr. med. Dr. med. dent. Joseph KastenbauerBahnhofstr. 1484503 Altöttingjkastenbauer@t-online.deUniv.-Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Dr. phil. Dominik GroßInstitut für Geschichte, Theorie und Ethik der MedizinUniversitätsklinikum der RWTH AachenWendlingweg 2D-52074 Aachengte-med-sekr@ukaachen.de

Dr. med. dent. Brigitte UtzigSaarbrücker Str. 6366901 Schönenberg-Kübelberg

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