Rauchloses Rauchen

Die E-Zigarette – derzeit in aller Munde

Auch das „elektronische Rauchen“ könnte bald passé sein: Derzeit formiert sich massiver Widerstand gegen die E-Zigarette. NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) hält die elektronische Variante der Tabakzigarette keinesfalls für gesundheitlich unbedenklich und ausreichend geprüft. Bereits Ende des vergangenen Jahres verlangte Steffens daher die Einstufung als Arzneimittel. Seitdem bewegt die E-Zigarette die Gemüter.

Raucher haben es in unserer Gesellschaft zunehmend schwer: Vom diskriminierenden Verschlag auf Bahnhöfen und Flughäfen abgesehen, gibt es kaum noch öffentliche Orte, an denen sie ungeniert ihrem Laster frönen und den Qualm ihrer glimmenden Zigarette in die Luft pusten dürfen. Was also liegt näher, als eine Zigarette zu entwickeln, mit der sich Raucher mit dem für sie notwendigen Nikotin versorgen, das Gefühl der Zigarette in der Hand beibehalten können, ohne dabei jedoch die Umwelt zu verpesten, wie es ihnen gebetsmühlenartig von Nichtrauchern vorgeworfen wird? Die elektronische Zigarette existiert bereits und wird aktiv von verschiedenen Herstellern im Internet feilgeboten – so aktiv, das man bei Google unter dem Suchbegriff „E-Zigarette“ von Händlerangeboten regelrecht erschlagen wird. Wie aber funktioniert die elektronische Ziga- rette, auch elektrische Zigarette oder kurz E-Zigarette genannt?

Nikotin zum Verdampfen bringen

Ähnlich wie Tabakzigaretten enthalten E-Zigaretten üblicherweise Nikotin, das in der rauchlosen Zigarette in flüssiger Form vorliegt, beim „Rauchen“ verdampft und anschließend inhaliert wird. Die elektronische Variante der Tabakzigarette ist so konstruiert, dass sie einer „echten“ Zigarette täuschend ähnlich sieht. Sie ist an ihrer Spitze sogar mit einer LED-Leuchte versehen, die während des Vorgangs der Inhalation aufleuchtet und damit das Glühen der Tabakzigarette imitiert.

Im Wesentlichen besteht die elektronische Zigarette aus einem Vernebler, also einer Verdampfereinheit, die wie eine Art Nebelmaschine funktioniert und von einigen Herstellern auch als „Atomizer“ bezeichnet wird, sowie einer kleinen mit flüssigem Nikotin, Propylenglykol und Aromastoffen – Hersteller sprechen auch einfach vom sogenannten „Liquid“ oder „Aroma-Fluid“ – gefüllten Kartusche und einem kleinen Akku. Zieht der „Raucher“ am Mundstück der Zigarette, so schaltet er die E-Zigarette damit praktisch ein. Ein kleiner Stromfluss wird erzeugt, der eine Heizspirale erhitzt, die ihrerseits das nikotinhaltige „aromatische Fluid“ zum Verdampfen bringt. Es wird inhaliert und mit dem Ende des Zuges an der Zigarette diese quasi wieder abgeschaltet. Wie lange die E-Zigarette arbeitet, hängt davon ab, wie oft sie benutzt wird und vor allem wie stark der jeweilige Akku ist.

Sauberer oder schonender

Es sind in dieser Hinsicht verschiedene Modelle verfügbar, wobei das „aromatische Fluid“ nachfüllbar ist.

Von den Verfechtern der E-Zigarette wird als Vorteil hervorgehoben, dass der in den elektrischen Zigaretten erzeugte „Dampf“ wesentlich sauberer sei als Zigarettenrauch. Denn er ist frei von Ruß- und Verbrennungsrückständen und damit anders als bei den Tabakzigaretten auch frei von Teerstoffen. Zudem entsteht kein Nebenstrom, so dass das Thema Passivrauchen keine Rolle mehr spielt. Die E-Zigarette funktioniert – so die Herstellerwerbung – geruchsneutral. Durch die enthaltenen Aromastoffe werde der Rauchgeschmack für den Raucher „verblüffend echt“ nachgeahmt, die Umwelt jedoch nicht belastet, das Rauchen selbst werde schonender, so heißt es.

Bereits Ende des vergangenen Jahres hat sich hierzu die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) gemeldet und öffentlich vor den elektronischen Zigaretten gewarnt, weil Dosis und Wirkung der Aromastoffe in den Kartuschen nicht bekannt und vor allen hinsichtlich ihrer Unbedenklichkeit nicht ausreichend untersucht seien. Angesichts der zunehmenden Verbreitung von elektrischen Zigaretten warnte die Direktorin der BZgA, Prof. Dr. Elisabeth Pott: „Der Konsum von E-Zigaretten ist mit gesundheitlichen Risiken verbunden, denn die benutzten Kartuschen enthalten häufig neben dem Suchtstoff Nikotin auch andere    gesundheitsschädigende Substanzen. Deshalb ist vom Konsum der E-Zigarette abzuraten.“

Potenzielle Gesundheitsgefahren

Der über E-Zigaretten eingeatmete Dampf besteht nach Angaben der BZgA zu rund 90 Prozent aus Propylenglykol. Zwar ist die Substanz – eine klare, farb- und nahezu geruchslose Flüssigkeit – als Lebensmittelzusatzstoff (E1520) in der EU zugelassen und wird auch zur Herstellung von Zahnpasten und Kaugummis verwandt, bekannt ist laut Pott aber auch, dass Propylenglykol akute Atemwegsreizungen auslösen kann. „Bislang völlig unbekannt sind die gesundheitlichen Auswirkungen bei dauerhafter und wiederholter Inhalation“, so Pott. In den E-Zigaretten sind zudem Substanzen wie Ethanol, Glyzerin und Aromastoffe enthalten, und die amerikanische Kontrollbehörde Food and Drug Administration (FDA) hat in einigen Kartuschen auch toxische Substanzen wie beispielsweise krebserregende Nitrosamine nachweisen können, so eine Mitteilung der BZgA. „Aufgrund der bislang unzureichenden Deklaration der Inhaltsstoffe in den Flüssigkeiten werden Verbraucher über mögliche Gesundheitsrisiken im Unklaren gelassen. Auch der Dampf, der über den Konsum von E-Zigaretten in die Raumluft gelangt, ist bisher nicht wissenschaftlich auf seine Unbedenklichkeit hin untersucht“, heißt es.

Barbara Steffens hält die E-Zigaretten ebenfalls für problematisch: „Was derzeit auf dem Markt ist, ist nicht zugelassen und nicht überprüft“, mahnt die Gesundheitsministerin Nordrhein-Westfalens. In einer Pressemitteilung bezieht sich das Ministerium unter anderem auf das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), das schon 2008 zur Emission von elektronischen Zigaretten und zu möglichen Gesundheitsgefahren Stellung genommen und zum vorsichtigen Umgang mit der E-Zigarette geraten hat. Die Begründung: Auch ohne zusätzliche Substanzen gefährde Nikotin die Gesundheit. Das Bundesinstitut rät insbesondere, die nikotinhaltigen Kartuschen unbedingt außerhalb der Reichweite von Kindern zu lagern, da sie verschluckt oder die nikotinhaltige Lösung leicht herausgelutscht werden könnte.

Nach Ansicht des BfR sollten für die Nutzung der elektronischen Zigarette in Innenräumen keine anderen Vorschriften gelten als bei herkömmlichen Zigaretten, da bislang nicht geklärt sei, wie viel Nikotin nach dem Ausatmen des Inhalats in die Umgebung abgegeben wird. Bei elektronischen Zigaretten mit Tabakerhitzung würden zudem Schadstoffe wie Formaldehyd frei, zitiert das NRW-Gesundheitsministerium die Bewertung.

Forderung: Einordnung als Arzneimittel

Es gibt somit, so Gesundheitsministerin Steffens, auch keinen wissenschaftlichen Beleg dafür, „dass der bei der Nutzung der elektrischen Zigarette entstehende Dampf für Personen, die sich im gleichen Raum wie die Nutzerin oder der Nutzer der E-Zigarette befinden, ungefährlich ist“. Steffens führt weiter an, dass das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg bei einer Konferenz zum Thema Tabakkontrolle im November des vergangenen Jahres ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass bei der elektronischen Zigarette der Verdacht auf eine Belastung der Innenraumluft durch atemwegreizende sowie allergieauslösende Substanzen bestehe. Da die Liquids in den E-Zigaretten zudem so hohe Mengen an Nikotin enthielten, dass sie als Arzneimittel einzustufen seien, fordert Steffens konsequent, dass sie unter das Arzneimittelgesetz fallen sollten.

Davon ganz abgesehen: Wer glaubt, mithilfe der elektronischen Glimmstängel vom Rauchen loskommen zu können, irrt laut Elisabeth Pott: „Für einen auf Dauer erfolgreichen Rauchstopp ist eine Verhaltensänderung nötig, die mit dem Konsum von E-Zigaretten aber nicht erreicht wird.“

Christine VetterMerkenicher Str. 22450735 Köln

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