Kreditwirtschaft

Bankensprache beherrschen

Immer noch zeigen viele Ärzte eine kaum nachvollziehbare Zurückhaltung, wenn es darum geht, Verhaltensänderungen der Bank als Warnsignale zu erkennen. Letztlich sind das aber zumeist Zweifel an der Bonität des Arztes. Doch eine reibungslose Geschäftsverbindung ist immens wichtig, im Folgenden sind einige Situationen und mögliche Reaktionen des Arztes als Empfehlungen aufgelistet.

Zeitlicher Druckaufbau

Die Bank verringert die mit dem Arzt vereinbarten Zeiträume, in denen sie aussagefähige Unterlagen – über die betriebswirtschaftlichen Auswertungen (BWA) hinaus – bezüglich der wirtschaftlichen Entwicklung der Praxis erwartet (es handelt sich hier vor allem um Liquiditäts- und Rentabilitätsberechnungen).

Reaktion

Der Arzt sollte nach dem konkreten Grund für diese Forderung fragen, die immerhin deutlich von dem abweicht, was ursprünglich mit der Bank vereinbart wurde. Da möglicherweise eine Verschlechterung der Kreditwürdigkeit oder Bonität der Grund für dieses veränderte Verhalten ist, sollte dies ebenfalls offen angesprochen werden.

Intensivere Prüfungen

Der Steuerberater soll weitaus intensiver als bisher ausführliche Prüfungen der Ärztebuchführung vornehmen. Gleichzeitig wird der Arzt gebeten, seinen Steuerberater zu ermächtigen, unmittelbar auf Fragen seiner Bank zu antworten. Der Arzt als Kunde wird von diesen Fragen durch die Bank nicht in Kenntnis gesetzt.

Reaktion

Auch dieser Punkt spricht für eine andere Einschätzung der Bank im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage des Arztes, so dass ein kurzfristiges Gespräch durchaus gemeinsam mit dem Steuerberater und natürlich dem Bankansprechpartner geführt werden sollte.

Empfehlung eines Beraters

Das Kreditinstitut empfiehlt dem Arzt, einen Unternehmensberater zu beauftragen, der sich nicht nur mit seiner wirtschaftlichen Lage, sondern auch mit der Praxisorganisation befasst.

Reaktion

Möglicherweise sieht die Bank Optimierungspotenziale in der Praxis, deren Umsetzung sie dem Arzt nicht zutraut. Wenn dem tatsächlich so ist, sollte die Bank die einzelnen Punkte konkretisieren.

Eigenkapitalaufstockung

Die Bank teilt dem Arzt mit, dass die mit dem Kreditinstitut früher einvernehmlich abgestimmte Strategie einer „angemessenen“ Eigenkapitalbildung zukünftig nicht mehr gilt. Vielmehr soll schrittweise eine „deutliche“ Erhöhung des Eigenkapitals angestrebt werden.

Reaktion

Die Erhöhung des Eigenkapitals lässt darauf schließen, dass sich das Kreditinstitut auf die bevorstehenden „Basel III“-Regelungen vorbereitet. Diese bevorzugen grundsätzlich Banken mit Kreditkunden, die eine gute Kreditwürdigkeit mit entsprechend hoher Eigenkapitalquote vorweisen können. Geklärt werden sollte, wie sich die Bank eine „angemessene“ Eigenkapitalbildung in den kommenden Jahren konkret vorstellt.

Neues beim Dispokredit

Die bisher mehr oder weniger selbstverständlichen kurzfristigen Überziehungen des Praxiskontos über das Kreditlimit hinaus „können nun nicht mehr geduldet werden“.

Reaktion

Auch hierzu steht dem Arzt eine Begründung zu, da die bisherige Geschäftsgrundlage einseitig verändert wird. Allerdings dürfte es im Ergebnis ohnehin günstiger sein, eine grundsätzliche Erhöhung des Kreditlimits des Praxiskontos zu vereinbaren. Damit können auch teure Überziehungszinsen vermieden werden.

Verweigerte Buchungen

Lastschriften, die in der Vergangenheit auch eingelöst wurden, obwohl keine Kontodeckung vorhanden war, werden nun, überraschend für den Arzt, vom Praxiskonto nicht mehr abgebucht.

Der bisher übliche und vor allem rechtzeitige Anruf des Bankmitarbeiters, für Kontodeckung zu sorgen, erfolgte dieses Mal (und wahrscheinlich auch in Zukunft) nicht.

Reaktion

Hier handelt es sich offenbar um eine Auswirkung der zunehmenden Zentralisierung im Bankbereich. Der Bankmitarbeiter vor Ort verliert dabei in der Regel an Gestaltungsmöglichkeiten. Der Arzt sollte sein Zahlungsverhalten diesem kaum zu umgehenden Umstand anpassen und seine finanziellen Dispositionen gegebenenfalls verbessern.

Zusätzliche Kreditsicherheiten

Für den Arzt ist auch die Forderung seiner Bank, zusätzliche Kreditsicherheiten anzubieten, ein Novum, da sich der Wert seiner bisher zur Verfügung gestellten Kreditsicherheiten angeblich „erheblich“ verringert hat.

Reaktion

Bevor der Arzt mit mehr oder weniger Aufwand nach weiteren Kreditsicherheiten sucht, sollte er von der Bank eine Erklärung über die von ihr bei diesen Kreditsicherheiten verwendeten Bewertungskriterien verlangen.

Diese Wertansätze können dann vom Arzt mit seinen Einschätzungen verglichen und gegebenenfalls nachverhandelt werden.

Zinserhöhung beim Kredit

Die Bank erhöht von heute auf morgen den Zinssatz des Überziehungskredits um gleich mehrere Prozentpunkte und begründet dies lapidar mit einer neu eingeführten sogenannten „risikoorientierten Zinssatzfindung“.

Reaktion

Dieser Punkt bedarf eines ausführlichen Gesprächs mit der Bank. Die erwähnte „Risikoorientierung“ beinhaltet regelmäßig einen „Zinskorridor“ von mehreren Prozentpunkten, in dessen Rahmen sich der persönliche Kreditzinssatz des Arztes zukünftig befindet. Für den Arzt als Kunden ist entscheidend, wie seine Bank diesen Zinssatz genau ermittelt und ob er verhandelbar ist.

Darlehensverlängerung

Verlängerungsangebote der Darlehen beinhalten einen für den Arzt nicht nachvollziehbar hohen Zinssatz, so dass er spontan davon ausgehen muss, dass seine Bank an einer Kreditverlängerung gar nicht interessiert ist.

Reaktion

Gesprächsbedarf besteht auch hier, da bei einem solchen Verhalten die weitere Kreditfähigkeit des Arztes infrage steht. Es ist ja möglich, dass auch andere Banken ähnliche Verhaltensweisen an den Tag legen, so dass der Arzt zumindest wissen sollte, warum seine Bank trotz der langjährigen Geschäftsverbindung so reagiert.

Schlechte Kommunikation

Es wird für den Arzt immer schwieriger, seinen Gesprächspartner bei der Bank unmittelbar ans Telefon zu bekommen, um mit ihm wichtige Punkte zu bereden. Das Gleiche gilt für dessen Stellvertreter, der ebenfalls meist entweder „im Gespräch“ oder „außer Haus“ ist.

Reaktion

Möglicherweise gibt es die eine oder andere unangenehme Information, die der Bankmitarbeiter nicht gern an den Arzt weitergibt. Vielleicht liegt es auch an regelmäßigen „Sonderwünschen“ seitens des Arztes, die man auf diesem Weg einzudämmen versucht. Wie auch immer – Spekulationen helfen nicht weiter, es bedarf eines klärenden Gesprächs.

Verweigerte Auskünfte

Wenn der Arzt nach seiner Rating- oder Scoringnote fragt (die ja auch für die Höhe seiner Kreditzinssätze wichtig ist), erhält er regelmäßig nur ausweichende Antworten, die ihm in keiner Weise weiterhelfen.

Reaktion

Die Zurückhaltung des Bankmitarbeiters kann daran liegen, dass er selbst zwar in der Lage ist, dem Arzt dessen Rating- oder Scoringnote zu nennen. Da er aber nicht weiß, wie sich diese Note unter welcher Gewichtung der jeweiligen Beurteilungsfaktoren zusammensetzt, kommt es zu ausweichenden Reaktionen. Auch hier gilt, dass die Bank für entsprechende Klarheit sorgen sollte, damit der Arzt seine Kreditwürdigkeit und damit auch seine Kreditkonditionen verbessern kann.

Kreditverkäufe

Das Gleiche gilt für mögliche Kreditverkäufe, zu denen der Arzt von seiner Bank bisher nichts Wesentliches hört. Das ist insofern erstaunlich, da gerade Kreditverkäufe erhebliche Veränderungen in gewachsenen Kunde-Bank-Strukturen hervorrufen können.

Reaktion

Hier ist verbindlich zu klären, wie es die Bank mit Kreditverkäufen grundsätzlich hält und welche Regelungen der jeweilige Kreditvertrag dazu enthält. Je nach Bankinstitut kann der Arzt Vereinbarungen treffen, die Kreditverkäufe konsequent ausschließen.

Michael Vetter

Finanzjournalist

vetter-finanz@t-online.de

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