Leitartikel

100 Fragen

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

in einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung wollte die Fraktion der Grünen jüngst von der Bundesregierung wissen, wie es in Deutschland um die zahnmedizinische Versorgung bestellt ist.

Alles andere als Grund zur Klage – so fiel die die Antwort des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) aus. Wer also erwartet hatte, dass nach den Ostereiern des GKV-Spitzenverbands und den Maiglöckchen der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ die Zahnärzte erneut etwas auf die Mütze bekommen, wurde angenehm enttäuscht.

Die ausführliche Antwort des BMG auf die fast 100 Fragen war eindeutig: Dank der zahnärztlichen Prophylaxe- und Therapiekonzepte bestehe insgesamt ein guter Vorsorge-, Früherkennungs- und Versorgungsstandard, schreibt Annette Widmann-Mauz, Parlamentarische Staatssekretärin im BMG. Selbst auf die absurden Ansinnen des GKV-Spitzenverbands reagiert die Regierung mit einer unmissverständlichen Message: Sie sieht keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf. Punkt. Und erteilt den Forderungen der Kassen nach einer Vereinbarung von Höchstpreisen für private Leistungen „zum Schutz“ von gesetzlich Versicherten die Rote Karte. Begründung: Da der Gemeinsame Bundesausschuss als verlängerter Gesetzesarm festlegt, welche Leistungen im Rahmen einer ausreichenden, wirtschaftlichen und zweckmäßigen Versorgung erbracht werden müssen, sei das Schutzbedürfnis der Versicherten bereits erfüllt.

Mehrkostenregelung und Festzuschusssystem hätten sich schlicht und ergreifend bewährt, befinden die Koalitionäre. Wir auch! Mal ehrlich: Es kann doch nicht angehen, dass die Krankenkassen ihre Ausgaben für die zahnmedizinische Betreuung ihrer Mitglieder sukzessive immer weiter eindampfen und ihre Leistungsschwäche dadurch kompensieren wollen, indem sie Behandlungen kontrollieren, die sie gar nicht bezahlen.

Umgekehrt haben wir mit unserem Festzuschusssystem eindrucksvoll bewiesen, dass wir Zahnärzte für das Gesundheitswesen Vorbildgeber sind: Dieses anerkannte Steuerungsinstrument ermöglicht den Versicherten schließlich die Teilhabe am medizinischenFortschritt. Und zwar auch denen mit kleinem Portemonnaie. Auch was die Forderung der Kassen nach Vorlage einer Rechnungskopie über die tatsächlich erbrachten Leistungen betrifft: Fehlanzeige. Laut Frau Widmann-Mauz liegen der Regierung über vermehrt überteuerte Privatrechnungen nämlich gar keine Erkenntnisse vor, weshalb es auch keinen Anlass gebe, die derzeitige Rechtslage zu ändern. Die volle Kostentransparenz sei hier schon jetzt sichergestellt.

Insofern hat die Anfrage der Grünen einen positiven, weil klärenden Effekt, alldieweil sie die Tagträume der Kassen endlich ins Reich der Hirngespinste verbannt – zumindest aus dem derzeitigen politischen Blickwinkel der Regierungskoalition. Die umfangreiche Anfrage war – zugestanden – fachlich profund angelegt und verzichtete auf jegliche Tritte in den zahnärztlichen Hintern.

Natürlich wird aus den Antworten der Bundesregierung auch deutlich, dass an anderen Stellen durchaus noch Handlungsbedarf besteht, etwa bei der Prävention frühkindlicher Karies und beim Ausbau der Prophylaxe. Hier sind auch wir der Ansicht, dass trotz – beziehungsweise wegen – der erfolgreichen Individual- und Gruppen- prophylaxe geprüft werden muss, inwieweit man diese Maßnahmen ausweitet und weiterentwickelt.

Ebenfalls ausbaufähig: die Parodontitistherapie. Auch hier rennt die Koalition bei uns offene Türen ein. Auch wir wollen im Interesse unserer Patienten die bisherigen Behandlungserfolge langfristig sichern. Experten erwarten einen Anstieg parodontaler Erkrankungen und befürchten eine eher zunehmende Unterversorgung. Wer das zweite Standbein einer modernen PAR-Therapie, die unterstützende Parodontitistherapie, will, muss allerdings wissen, dass es das nicht zum Nulltarif geben kann und wird.

Fazit: 100 Fragen und klare Antworten. Es liegt auch an uns, dass das so bleibt ...

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jürgen Fedderwitz

Vorsitzender der KZBV

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