Kassengipfel in Berlin

Mehr Gesundheit aus dem Euro holen

Wohin steuert das Gesundheitswesen nach der nächsten Bundestagswahl? Wie groß ist der Reformbedarf bei GKV und PKV? Gibt es künftig eine einheitliche Bürgerversicherung oder bleibt das duale Versicherungssystem? Diese Fragen wurden beim „Kassengipfel 2013“, dem 8. MCC-Kongress in Berlin, auf breiter Basis diskutiert. Die Antworten waren so vielfältig wie die Positionen der Protagonisten. Einen Königsweg gab es nicht.

Prof. Dr. Eckart Fiedler, Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie, Köln, gab einen Überblick über die Finanzlage in der GKV. Derzeit seien Rücklagen von rund 27 Milliarden Euro im System, es sei aber zu erwarten, dass in den nächsten Jahren höhere Ausgaben erfolgen werden, die das Geld wieder abschmelzen ließen. Deshalb stellten sich künftig zwei große Fragen: Wie kann man die Finanzkraft der GKV stärken? Und wie können Qualität und Wirtschaftlichkeit verbessert werden? Denkbare Ansätze seien etwa die Überwindung des geteilten Versicherungsmarkts, die Einführung einer einheitlichen Gebührenordnung, die Abwehr einer schleichenden Ökonomisierung oder mehr Wettbewerb im ambulanten wie im stationären Bereich.

Ändern in kleinen Schritten

Niemand glaube, dass mit einer großen Reform alle Probleme im Gesundheitswesen verschwinden werden, erklärte Franz Knieps, ehemaliger Abteilungsleiter im Bundesgesundheitsministerium und jetziger Partner WMP HealthCare GmbH. Für Knieps ist eines klar: Rahmenbedingungen müssten in kleinen Schritten an die Herausforderungen angepasst werden, es gelte, „Reformviren“ zu implantieren. Die Dualität von GKV und PKV hält er für überholt. Zu den aus seiner Sicht effektiven Reformansätzen zählte er die Schaffung eines einheitlichen Versicherungsmarkts, die Erschließung neuer Finanzquellen durch Steuern oder die „Verbeitragung aller Einkünfte“, eine Neuordnung der Sicherstellung einer flächendeckenden, bedarfsgerechten Versorgung, ein einheitliches Planungs- und Honorarsystem und den Ausbau der Ziel- und Nutzenorientierung.

Ein klares Ja zur Morbiditätsorientierung im Gesundheitswesen kam von Prof. Dr. Jürgen Wasem, Universität Duisburg-Essen. Sie sei nicht nur einer der „Megatrends“ der letzten Dekade bei der Ausgestaltung der Finanzströme in der GKV gewesen, sie sei auch ein sinnvoller Ansatz, um bei begrenzten Mitteln auf eine Bedarfsorientierung der Mittelverwertung hinzuwirken. Wasem: „Grundsätzulich gibt es in einer kompetitiven Ausgestaltung des GKV- und Versorgungssystems zu einer Morbiditätsorientierung der Zahlungsflüsse meines Erachtens keine Alternative.“

Der AOK-Vorsitzende Jürgen Graalmann, sprach sich dafür aus, aus dem Finanzplus der GKV ein Qualitätsplus zu machen: „Wir müssen mehr Gesundheit aus dem Euro holen“. Es gelte, Ergebnisqualität zum Maßstab zu machen und in nachhaltige Strukturen zu investieren. Sein Lösungsansatz: die Etablierung eines integrierten Versicherungsmarkts mit wettbewerblicher Ausrichtung, Wahlfreiheit, eine stärkere Orientierung an Qualität und eine einheitliche Honorarordnung für GKV und PKV. Für private und gesetzliche Versicherer sollten gemeinsame Wettbewerbsregeln unabhängig von der Rechtsform gelten.

Ergebnisstarke Dualität

Statements unterschiedlicher Couleur kamen von Vertretern der PKV- wie auch der GKV-Seite. So sprach sich Dr. Josef Beutelmann, Generaldirektor der Barmenia Versicherungen, für einen unbedingten Erhalt der Dualität zwischen GKV und PKV aus. Erst der Wettbewerb zwischen beiden Systemen mache die Spitzenversorgung in Deutschland möglich, er erfülle eine wichtige Korrektivfunktion, von der alle Versicherten profitierten. Ein Standpunkt, den auch PKV-Verbandsdirektor Dr. Volker Leienbach voll und ganz unterstrich. Er sprach von einer „ergebnisstarken Dualität“. Sie sei der beste Schutz vor einer Zwei-Klassen-Medizin.

Der Vorstandsvorsitzende der Barmer GEK, Dr. Christoph Straub, wünschte sich hingegen, über die Konvergenz zu einem gleichen Versicherungsmarkt zu gelangen, mit gleichen Regeln für alle und einem einheitlichen Vergütungssystem. Und Ingo Kailuweit, Vorstandsvorsitzender der KKH, favorisierte ein das Modell einer „neue Dualität“ zwischen PKV und GKV mit Arbeitsteilung zwischen beiden Systemen.

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