Klimafreundlich investieren

Heiter bis wolkig,Niederschläge möglich

Die Energiewende bewegt alle Gemüter.Neben Politik, Versorger-Unternehmen undUmweltschützern sehen auch Anleger großeChancen, von diesem Trend zu profitieren.Angebote gibt es inzwischen zuhauf. Banken undSparkassen, kleine Genossenschaften sowie einegroße Anzahl von Investmentfonds bieten Möglichkeiten,klimafreundlich zu investieren. Der interessierte Anlegersollte die Kunst beherrschen, die Spreu vom Weizen zutrennen und zu erkennen, welches Angebot neben der Rendite auch genügend Sicherheit bietet.

Peter Altmaier, Bundesumweltminister in Berlin, will die Mammutaufgabe Energiewende unbedingt stemmen – mithilfe der Bürger und Bürgerinnen. Zwangsweise unterstützen sie das Vorhaben bereits dadurch, dass sie ständig steigende Strompreise zu bezahlen haben. Jetzt sollen sie aber auch daran verdienen. Ausgedacht haben sich die Experten im Umweltministerium die Bürgerdividende – eine Beteiligung der Bürger zum Beispiel am Ausbau des Stromnetzes. Wer einzahlt, kassiert bis zu fünf Prozent Zinsen, das ist viel im Vergleich zu den eher mickrigen Konditionen für Festgeld.

Im Juni startete ein Pilotprojekt in Schleswig-Holstein. Hier bietet der niederländische Übertragungsnetzbetreiber Tennet den Menschen, die vom Bau der Westküstenleitung betroffen sind, eine Anleihe an. Erwerben können diese ab einem Mindestbetrag von 1 000 Euro ausschließlich Gebietsansässige und Grundstückeigentümer aus den Landkreisen Nordfriesland und Dithmarschen. Die Zinszahlung erfolgt ab Baubeginn. Während der Plan- und Genehmigungsphase gibt es drei Prozent.

Was sich so attraktiv darstellt, ist in Wirklichkeit mit Risiken behaftet. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) hat das Angebot von Rodger Rinke, Experte bei der Landesbank Baden-Württemberg, prüfen lassen. Das Ergebnis: Bei der sogenannten Bürgerdividende handelt es sich um eine Anleihe der Firma Tennet. Die Bürger geben dem Unternehmen einen Kredit und entscheidend ist allein, ob Tennet diesen Kredit zurückzahlen kann oder nicht. Eine Garantie des Umweltministeriums gibt es, anders als suggeriert, nicht. Das Risiko trägt der Anleger allein und das wiegt umso schwerer, als die Anleihe nachrangig ist. Das heißt, im Pleitefall werden die Bürger als letzte bedient.

Außerdem gibt es keine feste Laufzeit, die Anleger wissen also nicht, wann sie ihr Geld zurückbekommen. Jetzt sagt Altmaier, dass die Bürger über Chancen und Risiken aufgeklärt werden müssen, und gibt die Verantwortung weiter. Geplant sind weitere Angebote, sogar die Japaner interessieren sich schon für diese geniale Idee der Finanzierung. Dazu Altmaier: „Wir brauchen die Bürgerdividende, damit sich die Bürgerinnen und Bürger direkt an der Energiewende beteiligen können.“ Die Frage ist, wie viel Dividende die Bürger am Ende wirklich erreichen.

Nachhaltigkeit steht hoch im Kurs

Tatsächlich interessieren sich immer mehr Anleger dafür, was sie mit ihrem Geld bewirken. Vor ein paar Monaten hat das Institut für Politikanalyse und Strategieberatung adelphi die Wirkung solcher Anlagen untersucht mit dem Ergebnis, dass ein Anleger mit einem klimafreundlichen Sparprodukt im Vergleich zu einem herkömmlichen 67 Prozent Treibhausgasemissionen einsparen kann. Die Deutschen verfügen immerhin über fünf Billionen Euro an privatem Vermögen. Damit können sie viel bewirken, vorausgesetzt sie finden genügend sinnvolle und sichere Gelegenheiten für Investitionen.

Vor Kurzem haben sich einige Verbraucherzentralen im Auftrag des Umweltministeriums mit diesem Thema beschäftigt. Fazit der Recherche: „Eine sichere und zugleich klimafreundliche Geldanlage ist möglich.“ Dabei hat sich herausgestellt, dass sich vor allem Sparkassen und Genossenschaftsbanken in diesem Bereich engagieren. Sie bieten klimafreundliche Sparprodukte wie Sparbücher, Sparbriefe oder Ratensparverträge. Die Einlagen sind durch die gesetzliche Einlagensicherung bis zu 100 000 Euro geschützt.

Das gilt zum Beispiel für den zehn Jahre laufenden Werler Solar-Sparbrief der Volksbank Hellweg. Ab einer Einlage von mindestens 1 000 Euro zahlt sie 2,2 Prozent Zinsen. Finanziert werden mit dem Geld Photovoltaikanlagen sowie Haussanierungen. Nur 0,55 Prozent Zins gibt die Kreissparkasse Ahrweiler für den 2,5 Jahre laufenden Energie-Sparkassenbrief bei einer Mindestanlage von 500 Euro. Das Geld verwendet sie ausschließlich für Klimaschutzprojekte.

Die Verbraucherzentralen haben die Verwendungszwecke geprüft. Die Angebote gelten allerdings immer nur für ortsansässige Sparer.

Bundesweit bieten die alternativen und kirchlichen Banken klimafreundliche Sparprodukte an. Dazu gehört etwa die Steyler Bank. Sie legt das Geld in Projekten an, die sie nach Ausschlusskriterien wie Atomindustrie oder unzureichende Klimaschutzstandards aussucht. Die Zinsen liegen teilweise unter den oben genannten Beispielen.

Kunden können mit entscheiden

Sparbriefe verzinsen sich zwischen 0,65 und ein Prozent. 50 Prozent der Erträge werden an die Steyler Missionare gespendet. 1,45 Prozent zahlt die Umweltbank (Direktbank) für einen vier Jahre laufenden Sparbrief. Alle Sparanlagen fließen in den Bereich Erneuerbare Energien, ökologisches Bauen und Landwirtschaft. Das gleiche gilt für die größte unter den alternativen Banken in Deutschland, die GLS Bank. Auch sie zahlt nur ähnlich niedrige Zinsen. So zum Beispiel für einen sieben Jahre laufenden Sparbrief zwei Prozent. Dafür wissen die Anleger genau, was mit ihrem Geld passiert. Die GLS veröffentlicht regelmäßig, an welche Projekte sie Kredite vergibt. Kunden können auch selbst bestimmen, in welche Projekte sie investieren wollen. Transparenz wird hier groß geschrieben. Damit zeichnen sich die herkömmlichen Institute nicht unbedingt aus. Die großen Privatbanken bieten klimafreundliche Anlagen erst gar nicht an.

Skeptisch äußert sich der Verbraucherschützer und Anlageexperte Niels Nauhauser zum Klimaschutzangebot der Sparkassen und Volksbanken: „Ob sich der CO2-Ausstoß tatsächlich über die Geldanlage reduzieren lässt, bezweifle ich. Denn für die Projekte, die die Sparkassen mit dem Geld der Anleger finanzieren, hätten sie in jedem Fall Kredite vergeben, einfach aus dem Grund, weil sie lukrativ sind.“ Das heißt, es werden seiner Meinung nach nicht mehr Projekte gefördert.

Es kann auch passieren, dass Sparer, die in guter Absicht in klimafreundliche Anlagen investieren, hinters Licht geführt werden. So stellte sich der Öko-Sparbrief der Stadtsparkasse München als nicht besonders ökologisch heraus. Ein Teil des Kapitals floss in den Offshorewindpark DanTysk in der Nordsee. Dieser gehört mehrheitlich zum Energiekonzern Vattenfall. Der betreibt nicht nur Atomkraftwerke, sondern auch klimaschädliche Kohlekraftwerke. Wer auf Nummer sicher gehen will, ist bei den alternativen Banken gut aufgehoben. Sie investieren grundsätzlich nur in ethisch korrekte und umweltgerechte Projekte.

Direktbeteiligung über Genossenschaften

Statt über Bankprodukte können sich Anleger auch direkt an klimafreundlichen Projekten beteiligen. Das geschieht vor allem über Genossenschaften. Wenn eine Gemeinde zum Beispiel eine Biogasanlage oder einen Windpark für die Energiegewinnung bauen möchte, das Projekt aber nicht aus der Haushaltskasse finanzieren kann, bildet sie häufig mit Unterstützung der ortsansässigen Volksbank eine Genossenschaft. Die Bürger können sich beteiligen, indem sie Anteile erwerben und stimmberechtigte Mitglieder werden. Sie kaufen sich mit einem bestimmten Betrag ein und kassieren Zinsen, wenn sich die Anlage rentiert. Wenn nicht, tragen sie aber auch das Verlustrisiko mit. Inzwischen beteiligen sich über 80 000 Bürger an Genossenschaften.

Die Agentur für Erneuerbare Energie e.V. registriert jede Woche drei neue Genossenschaften, die klimafreundliche Energie finanzieren. Jede Genossenschaft muss Mitglied in einem Prüfungsverband sein. Dieser überprüft die Wirtschaftlichkeit des Konzepts und mindestens alle zwei Jahre die Vermögenslage der Geschäftsführung. Die Generalversammlung beschließt, wie viel des Gewinns in die Rücklagen fließt und wie viel an die Mitglieder ausgeschüttet wird. Manche Energiegenossenschaften werben mit Dividenden bis zu fünf Prozent.

Wer sich darauf einlässt, sollte wissen, dass es sich um eine unternehmerische Beteiligung mit allen Risiken handelt. Deshalb ist es wichtig, vor allem die fachliche Kompetenz der Betreiber der Energiegenossenschaft zu prüfen und eine Fehlkalkulation des Rechenmodells auszuschließen. Sonst kann es passieren, dass es im Fall der Insolvenz zu einem Totalverlust kommt oder Dividenden geringer ausfallen als geplant.

Eine Einlagensicherung gibt es anders als bei den Genossenschaftsbanken für unternehmerische Beteiligungen nicht. Die Verbraucherzentrale Bremen, die sich intensiv mit dem Thema Energiegenossenschaften beschäftigt hat, rät: „Anleger sollten unbedingt prüfen, ob eine sogenannte Nachschusspflicht in der Satzung ausgeschlossen ist.“ Dieser Passus bewahrt die Mitglieder davor, eventuelle Verluste mit eigenem Kapital ausgleichen zu müssen.

Qualitätssiegel für Anlagen im Gespräch

Grundsätzlich aber halten die Bremer Experten die Energiegenossenschaften für eine sinnvolle Unternehmung. Auf diese Weise können Anlagen beziehungsweise Standorte erschlossen werden, die für Einzelne nicht möglich wäre. Die Experten kommen aufgrund ihrer Recherchen jedenfalls zu dem Schluss: „Die Beteiligung an einer Energiegenossenschaft ist eine relativ sichere und für alle Bürger offene Form der Investition in den regionalen Klimaschutz.“

Nicht jeder umweltbewusste Anleger hat die Gelegenheit, sich direkt an einem Klimaschutzprojekt zu beteiligen. Dann kann er sein Geld in nachhaltig konzipierte Aktienfonds investieren. Allerdings sollte er sich die Zusammensetzung der Fonds genau ansehen. Denn eine Definition des Begriffs Nachhaltigkeit gibt es noch nicht. Der Branchenverband FNG Forum Nachhaltige Geldanlagen will bis zum Herbst eine Formulierung finden. Geplant ist eine Art Siegel ähnlich dem Bio-Siegel für Lebensmittel. Verbraucherschützer Nauhauser gibt sich skeptisch: „Sobald ein Produkt mit einem Siegel versehen ist, glauben die Leute: Dieses Produkt ist sicher und übersehen die Risiken wie zum Beispiel das Verlustrisiko.“

Zurzeit nennen sich viele Fonds nachhaltig. Birte Pampel, Vorstandsmitglied des Münchner Vereins „Geld mit Sinn“, eine von Anlegern gegründete Initiative, weiß: „Anleger, die Geld in klimafreundlich ausgerichtete Fonds investieren wollen, müssen wissen, welche Ziele sie mit ihrer Geldanlage verfolgen und was sie auf keinen Fall unterstützen wollen.“ Wer nicht möchte, dass sein Geld in die Atomwirtschaft fließt, kann Aktien- und Rentenfonds kaufen, die die gesamte Branche ausschließen. Allerdings haben einige dieser Fonds in der Vergangenheit Verluste erlitten, weil sie zu sehr auf die Solarindustrie gesetzt haben. Inzwischen setzen auch einige offene Immobilienfonds auf den Klimaschutz und investieren in Energiesparmaßnahmen.

Private Anleger, die Wert auf ein gutes Gewissen bei der Geldanlage legen, müssen viel Aufwand treiben, um geeignete Angebote zu finden. Doch es lohnt sich. Die auf nachhaltige Anlagen spezialisierte Ratingagentur Oekom Research fand heraus, dass nachhaltige Kapitalanlagen für Unternehmen ein Anreiz zur verantwortungsvollen Unternehmensführung sind.

Marlene EndruweitFachjounalistin für Wirtschaftm.endruweit@netcologne.de

Info

Netz-Tipps

• Agentur für Erneuerbare Energien:www.erneuerbare-energien.de

• Verein „Geld mit Sinn“:www.geldmitsinn.de

• Verbraucherzentrale Bremen(Genossenschaften, Marktübersicht „klimafreundliche Anlagen“):www.verbraucherzentrale-bremen.de

• FNG – Forum Nachhaltige Geldanlagen:www.forum-ng.org

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