Zahnmedizinische Fachangestellte

Neue Männer braucht das Praxisteam

Noch immer denken viele Menschen bei Zahnmedizinischen Fachangestellten (ZFA) automatisch an Frauen. Der Boys‘Day 2013, eine Gemeinschaftsinitiative von mehreren Ministerien und Verbänden, dokumentiert aber ein zunehmendes Interesse männlicher Schulabgänger am Beruf des Zahnmedizinischen Fachangestellten.

„Ich habe mich erst zum Kaufmann für Versicherungen und Finanzen ausbilden lassen, aber ich habe schnell gemerkt, dass ich den Menschen nichts verkaufen, sondern ihnen helfen will. Der Umgang mit den Patienten ist jeden Tag eine neue Herausforderung, da sie oft angespannt und ängstlich sind. Meine Aufgabe ist es, ihnen Vertrauen und Zuversicht zu vermitteln“, sagt Mischa Sebekow. Er hat sich in der Berliner Zahnarztpraxis der Mund-, Kiefer- und Gesichts-Chirurgin Dr. Dr. Anette Strunz zum zahnmedizinischen Fachangestellten ausbilden lassen. Als Mann ist Mischa bislang noch die Ausnahme unter den ZFAs. Doch das ändert sich zunehmend. Kontinuierlich entscheiden sich mehr Männer für den Beruf. Im Jahr 2011 waren es 201 und damit viermal mehr als zehn Jahr zuvor. Mit Aktionen wie dem Boys‘Day sollen künftig noch mehr junge Männer motiviert werden, sich für diesen Bereich zu entscheiden.

Erhebungen des Bundesamtes für Statistik zeigen, dass das Gesamtinteresse an dem Beruf auf einem hohen Niveau bleibt. Bundesweit wurden bis Ende September 2012 insgesamt 12 330 neue ZFA-Ausbildungsverträge abgeschlossen. Das sind vier Prozent mehr gegenüber dem Vorjahr. Der Frauenanteil liegt bei 99,3 Prozent, bilanziert die Bundeszahnärztekammer in ihrem aktuellen statistischen Jahrbuch.

Eine Ausbildung mit viel Zukunftsperspektive

BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel freut sich über die jüngsten Entwicklungen bei den Männern: „Dies ist zumindest ein positiver Trend, denn bei der derzeit rückläufigen Anzahl an Schulabgängern könnte es zukünftig zu einem Fachkräftemangel kommen. Insofern sind junge Männer besonders aufgefordert, sich diesen verantwortungsvollen Beruf genauer anzuschauen.“

Die Ausbildung in einer Zahnarztpraxis bietet nach Auffassung der BZÄK gute Entwicklungsmöglichkeiten und Zukunftsperspektiven. Jugendliche mit Hauptschulabschluss finden in Zahnarztpraxen statistisch gesehen deutlich leichter einen Berufsausbildungsplatz als bei den anderen Freien Berufen (32,4 Prozent gegenüber 17,8 Prozent). Eine Aufstiegsfortbildung in vier Stufen bietet darüber hinaus die Möglichkeit, zusätzliche Qualifikationen zu erreichen.

Am Anfang steht die dreijährige Ausbildung zum/zur Zahnmedizinischen Fachangestellten (ZFA). Ausgebildete ZFAs können sich dann zum/zur Zahnmedizinischen Prophylaxeassistenten/Prophylaxeassistentin (ZMP) oder zum/zur Zahnmedizinischen Verwaltungsassistenten/Verwaltungsassistentin (ZMV) fortbilden. Die mehrwöchigen Fortbildungen finden in den jeweiligen Landeszahnärztekammern statt und können in Vollzeit oder in Blöcken durchgeführt werden. Wurde mindestens eine der Fortbildungen erworben, kann man sich anschließend zum/zur Zahnmedizinischen Fachassistenten/Fachassistentin (ZMF) weiterbilden. Die höchste Ebene des stufenweisen Systems stellt die Fortbildung zum/zur Dentalhygieniker/in dar. Zum Aufgabengebiet eines Dentalhygienikers zählt unter anderem die umfassende orale Prophylaxe im Rahmen der Vor- und Nachbehandlung parodontaler Erkrankungen. Der Verband der medizinischen Fachberufe (VMF) beobachtet die zaghafte Zunahme an männlichen ZFAs, MFAs und Zahntechnikern mit Freude. „Jeder Mann, der sich für einen medizinischen Fachberuf entscheidet, ist bei uns herzlich willkommen“, versichert die Pressesprecherin des VMF Heike Rösch. Das noch relativ geringe Interesse bei den Männern erklärt sie sich mit den Verdienstmöglichkeiten in den medizinischen Assistenzberufen.

Der Verband vertritt seit 50 Jahren die Interessen medizinischer Fachangestellter und hat in dieser Zeit nach eigener Aussage wichtige Meilensteine erreicht. Die Einigung auf einen Tarifvertrag zähle ebenso dazu wie die selbstbewusste Entwicklung des Berufsbildes, doch immer noch leide der Beruf an der oft geringen gesellschaftlichen Anerkennung. Film, Fernsehen und Publikumspresse trügen, laut VFM, mit Begriffen wie dem der Sprechstundenhilfe oft noch dazu bei, obwohl der Beruf heute mit seinen vielseitigen Fortbildungsangeboten gute Karrieremöglichkeiten biete.

Jedes Jahr im Herbst steigt eine neue Generation junger Menschen ins Berufsleben ein. Rund 60 Prozent der Schulabgänger entscheiden sich, für eine Ausbildung im dualen Ausbildungssystem meldet das Bundesamt für Statistik. Trotz der vielen Neuverträge bleiben jedes Jahr Ausbildungsstellen unbesetzt. Der Überschuss an freien Stellen zeugt von vorhandenen Kapazitäten am Ausbildungsstellenmarkt. Insbesondere in den Südstaaten Bayern und Baden-Württemberg ist die Zahl unbesetzter Stellen hoch.

Junge Männer für neue Berufe motivieren

Um diese Kapazitäten nicht zu verlieren, werben Berufsverbände und Politiker verstärkt dafür, sich mit bisher unbekannten Berufen auseinanderzusetzen. So nutzte beispielsweise Gesundheitsminister Daniel Bahr den Girls‘Day und Boys‘ Day 2013, um mit Schülern über Berufe in der Pflege zu sprechen. Ziel war es vor allem, „gängige Klischees und Vorurteile zu überwinden“, sagte der Minister. Auch Krankenhäuser wie die Berliner Charité luden an diesem Tag Schülerinnen und Schüler ein, sich über die Möglichkeiten der Gesundheits- und Pflegeberufe zu informieren. Unter dem Motto „Boys can Care“ durften sich die Jungen unter anderem in der Rettungsstelle selbst als Pfleger probieren.

In diesem Jahr hat sich auch Dr. Dr. Anette Strunz am Boys‘Day beteiligt. Auf ihr Angebot zum Probearbeiten meldeten sich die zwei 13-jährigen Realschüler Enes und Fatih. Einen Tag lang durften sie in der Zahnarztpraxis mithelfen. Für Fatih stand am Ende fest: „Wir sehen uns in vier Jahren wieder. Dann bin ich hier!“ Doch Strunz hat bereits für dieses Jahr einen weiteren regulären ZFA-Ausbildungsplatz ausgeschrieben: „Die Männer sind wichtig in der Praxis, sie können männliche Patienten anders ansprechen als die weiblichen Teammitglieder.“ Dem kann sich Mischa Sebekow nur anschließen, er findet, „dass es in jeder Berufsrichtung eine gesunde Mischung an Männern und Frauen geben sollte. Da jeder seine Stärken und Schwächen hat, kann man sich so am besten ergänzen“.

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