Soziales Engagement der Deutschen Zahnärzteschaft

Die Lepra geißelt weiter

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Heftarchiv Gesellschaft
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Dr. Klaus Winter lenkt die weltumspannenden Geschicke der Stiftung Hilfswerk Deutscher Zahnärzte (HDZ) seit vielen Jahren. Routiniert, fair und den Bedürfnissen vor Ort angemessen verteilt er die HDZ-Spenden entsprechend seinen Möglichkeiten an die Partnerprojekte. Seine jüngste Reise führte ihn nach Madagaskar.

Der Inselstaat Madagaskar liegt im Indischen Ozean und gehört zum afrikanischen Kontinent. Als viertgrößte Insel der Welt nach Grönland, Neuguinea und Borneo war sie lange Zeit von den anderen Kontinenten isoliert, weshalb sich dort eine einzigartige Natur entwickelte. Mit seinen Stränden und einer traumhaften Flora und Fauna scheint Madagaskar auf den ersten Blick das perfekte Urlaubsparadies zu sein. Doch weit gefehlt. Nach dem Militärputsch im März 2009 hat sich die Armut der Bevölkerung noch verschärft.

Die Gründe liegen unter anderem in der politischen Isolation des Landes und dem Rückzug der internationalen Geber aus verschiedenen Programmen der Entwicklungszusammenarbeit. Hinzu kommt, dass der Staat seine Aufgaben aufgrund fehlender Einnahmen nicht mehr erfüllen kann.

Madagassischer Teufelskreis

Soziale Dienste (Schulen, Gesundheitsversorgung, Katastrophenvorsorge) werden weitgehend über humanitäre Hilfsleistungen aufrechterhalten. Für die Bevölkerung Madagaskars bedeutet diese seit Jahren herrschende politische Instabilität gepaart mit einer brach liegenden Wirtschaft bittere Not und eine stetige Verschlechterung ihrer Lebenslage. Als Folge ist eine fortschreitende Landflucht zu beobachten. Die Menschen hoffen in den Städten einen Ausweg aus dem Teufelskreis von Bildungsmangel und Armut zu finden. Mit seinem steten Bevölkerungswachstum ist diese Insel ein kinderreiches Land. Das zeigt das typische Pyramiden-Bild, in Deutschland nur noch eine demografische Utopie.

Bescheidene Schulresultate – geringe Gehälter

Unter den 22,5 Millionen Madagassen sind 43 Prozent jünger als 15 Jahre. Trotz offizieller Schulpflicht vom 6. bis zum 14. Lebensjahr fallen die Resultate in den Folgejahren sehr bescheiden aus. Gründe für diese Entwicklung sind insbesondere: fehlende Lehrkräfte und Schulgebäude aufgrund zu enger Budgetgrenzen, die geringe Attraktivität des Lehrerberufs aufgrund des geringen Verdienstes (30-40 Euro/Monat) sowie der frühzeitige Abbruch des Schulbesuchs der Kinder, weil die Eltern das notwenige Geld für die Lehrmittel nicht aufbringen können.

Bei früheren Projekten hat das HDZ in der Partnerschaft mit den Salesianern Don Boscos in Ankililoaka bei Tulear den Bau eines Dispensariums mit einer Zahnstation und eines Zentrums für die Durchführung von Frauenförderungsprogrammen realisiert. Damit verbunden waren auch Aufklärungs- und Präventionsmaßnahmen über Gesundheit und Hygiene.

Auch der Wiederaufbau von 100 Häusern nach Zyklonschäden in Bermaneviky war vor wenigen Jahren gemeinsamer Projektinhalt mit den Salesianern. Dabei ging es nicht nur um die Wiederherstellung der wohnlichen, schulischen und medizinischen Infrastruktur, sondern auch um die Steigerung gemeinschaftlicher Selbstverantwortung und – bei vorher festgelegter Erbringung von Eigenleistungen – um die Vermittlung des Prinzips „Hilfe zur Selbsthilfe“.

Die Reise im Dezember 2013 diente nun dazu, Entwicklung und Nachhaltigkeit der durch das HDZ geförderten Projekte zu überprüfen. Zeitweise konnte die Gastfreundschaft des Ehepaars Marie Helene Zschocke (Apothekerin) und ihres Mannes Bernd Zschocke (Zahnarzt) in Antalaha in Anspruch genommen werden. Die Zschockes begleiten ehrenamtlich die Vereinigung C.A.L.A. (Comité d’Aide aux Lépreux d’Antalaha), die sich seit ihrer Gründung 1988 die Wiedereingliederung von ehemals an Lepra erkrankten Menschen zur Aufgabe gemacht hat. So wurde vor einiger Zeit im Lepradorf Belfort durch C.A.L.A. eine Grundschule errichtet, in der heute über 300 Kinder unterrichtet werden. Diese Schule ist nicht nur sehr erfolgreich, sondern auch die einzige Schule in der Region, die das Mittagessen – oftmals die einzige Mahlzeit am Tag – neben dem Kauf der Schulbücher für sämtliche Klassen kostenfrei bereitstellt. Hier unterstützt das HDZ.

Folgeerscheinungen der Lepraerkrankung

Alle Bewohner des Lepradorfes sind durch die Einnahme von Medikamenten von ihrer Erkrankung geheilt. Einige leiden aber, weil viel zu spät erkannt, an erheblichen, physischen Folgeerscheinungen in Form von Verstümmelungen. Der C.A.L.A.-Verein sieht seine Aufgabe unter anderem auch darin, das Vertrauen in die Umgebung für diese Menschen wiederherzustellen, ihnen menschenwürdige Lebensbedingungen und besonders ihren Kindern eine hoffnungsvolle Schulbildung zu verschaffen. Dadurch wird auch die Integration der Kinder ehemals leprakranker Eltern künftig gewährleistet.

Ziel eines der jüngsten HDZ-Projekte war hier die Errichtung einer Strom- und Wasserversorgung für die Lepradörfer Belfort und Jules, die beide nicht weit von Antalaha entfernt liegen. Leider verwüsteten in den vergangenen Jahren immer wieder Zyklone Häuser, Kapellen und vor allem die Anpflanzungen von (Casuarina-)Bäumen, die eigentlich einen Küstenschutz bieten sollten. Und so wurde diesmal beim Wiederaufbau ganz vorausschauend in die Bauweise und Anpflanzungen investiert, um künftigen Unwettern standzuhalten.

Im Übrigen haben alle Lehrer im Lepradorf keine adäquate pädagogische Ausbildung. Um besser ausgebildete Lehrkräfte für diese Schule zu engagieren fehlen allerdings die Mittel. Durch eine ortsnahe Fortbildung der Lehrer könnte aber wiederum eine weitreichende Entwicklung nicht nur der Kinder, sondern auch der Erwachsenen gefördert werden.

Durch die neu installierte Strom- und Wasserversorgung für Schule und Kantine mittels Aufbau einer Solaranlage und der Installation von Strom- und Trinkwasserleitungen sind nicht nur die hygienischen Zustände im ganzen Lepradorf verbessert worden. Sie ermöglichen nun auch eine Lehrer- und Erwachsenenausbildung in den Abendstunden.

Zugleich wurde der Ausbau eines Wasserversorgungsnetzes mit mehreren Wasserstellen für die vorhandene Baumschule und dem Gemüsegarten für Schule und Dorf aus HDZ-Mitteln finanziert, aus denen ein Teil der Dorfbewohner ihren Lebensunterhalt erzielt.

Fest steht: Junge Menschen müssen sich an etwas orientieren können. Sie brauchen eine Zukunftsperspektive. Das HDZ leistete mit dieser umfangreichen Hilfsmaßnahme einen kleinen aber wichtigen Beitrag, den Kindern betroffener madagassischer Lepra-Familien eine Chance auf eine bessere Zukunft zu geben.

Dr. Klaus WinterVorsteher der Stiftung HDZPostfach 135137423 Bad Lauterberg

SpendenkontoDeutsche Apotheker- und ÄrztebankKto.-Nr.: 000 4444 000 BLZ: 300 606 01

www.stiftung-hdz.de

www.mobile-hilfe-madagaskar.de

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