Zahnklinikum Halle

Finanzminister friert Investitionsmittel ein

Innerhalb der sachsen-anhaltinischen Regierung schwelt seit Langem ein Streit über die Zukunft der defizitären Unikliniken. Ministerpräsident Dr. Rainer Haselhoff kündigte nun an, dass es zu keiner Schließung kommen werde.

Anfang des Jahres hatte der Landtag in Magdeburg grünes Licht für die Sanierung der Gebäude der Zahnklinik in Höhe von 9,7 Millionen Euro gegeben. Wie die in Halle erscheinende Mitteldeutsche Zeitung (MZ) mitteilte, hatte Sachsen-Anhalts Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) das Vergabeverfahren jedoch Anfang Mai plötzlich gestoppt. „Die Zahnklinik wird um fünf bis sechs Wochen geschoben. Ich will das im Kabinett im Paket mit den Unikliniken insgesamt diskutieren“, sagte er der Zeitung.

Alle Beteiligten wüssten, dass es Handlungsbedarf gebe, sagte Haselhoff Mitte Mai. „Wir lassen uns jetzt in praktisch jeder Kabinettssitzung Zwischenstände geben.“

Empörung der Kammer

Die Delegierten der Kammerversammlung der Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt forderten die Landesregierung in einer einstimmig verabschiedeten Stellungnahme auf, die Universitätszahnklinik nicht „in Geiselhaft“ für die finanziellen Probleme des Universitätsklinikums in Halle zu nehmen. Die Mittel für die Sanierung des künftigen Klinikgebäudes, die nichts mit den Defiziten des Klinikums zu tun haben, müssten sofort wieder freigegeben werden.

Der Präsident der Landeszahnärztekammer, Dr. Frank Dreihaupt, fand klare Worte: „Wir sind empört über die selbstherrliche Handlungsweise von Finanzminister Bullerjahn und fordern, die eigenmächtige Blockade der Mittel zur Sanierung der Räume der künftigen Universitätszahnklinik in Halle sofort aufzuheben!“ Dreihaupt ist einer der Initiatoren der Aktion „Zahn um Zahn“ zum Erhalt einer zukunftsfähigen Universitätszahnmedizin in der Saalestadt.

Bereits seit Juli 2012, als eine Wasserhavarie das Hauptgebäude der Zahnklinik weitgehend in eine Ruine verwandelt hatte, finden Patientenversorgung, Lehre und Forschung unter provisorischen und damit erschwerten Bedingungen statt (siehe zm Nr. 12/2013). Der Finanzminister des Landes habe nicht nur im Herbst 2012 die schnelle Einleitung von Maßnahmen für die Realisierung einer Ersatzlösung für die Klinik verhindert, sondern im Frühjahr 2013 zusätzlich die vom Landtag bereits befürworteten Investitionsmittel auf Eis gelegt, unterstrich der Kammerpräsident. Erst seit Anfang 2014 könne das Ausschreibungs- und Vergabeverfahren endlich durchgeführt werden. Die neuerliche Unterbrechung verschärfe den tiefen Vertrauensverlust in die Landespolitik.

An den Ministerpräsidenten richtete er klare Worte: „Wir erwarten von Ministerpräsident Dr. Rainer Haseloff, der sein Wort für den Erhalt des Universitätsklinikums und speziell der Zahnklinik gegeben hat, dass er seinen Finanzminister in die Schranken weist.“

Unterstützung kam auch vom Präsidenten der Bundeszahnärztekammer, Dr. Peter Engel: „Das Universitätsklinikum und speziell die Zahnklinik Halle muss erhalten bleiben. Auch im Hinblick auf den demografischen Wandel und die damit verbundenen Versorgungsstrukturen. Die Zahnklinik Halle, als einzige zahnmedizinische Fakultät in Sachsen-Anhalt, ist der Garant für eine qualifizierte Ausbildung des zahnmedizinischen Nachwuchses und zentrale Anlaufstelle für alle Patienten aus dem Einzugsgebiet.“

Der Direktor der Zahnklinik in Halle, Prof. Hans-Günther Schaller, erklärte gegenüber den zm: „Wir waren negativ überrascht und haben überhaupt kein Verständnis für die Entscheidung des Finanzministers.“ Für ihn persönlich sei „nicht direkt nachvollziehbar“, warum Sparmaßnahmen im Universitätsklinikum Halle mit der Zahnklinik verknüpft werden. Schließlich seien die Probleme ausschließlich ein Schaden durch eine Havarie gewesen.

Politische Widersprüche

Bullerjahn habe mit seiner spontanen Entscheidung auf das Gutachten von Klaus Teichert reagiert, mutmaßte die MZ. Der frühere Berliner Finanzstaatssekretär gehe in seinem Bericht von einem Bilanz-Verlust für die Jahre 2012 bis 2018 von insgesamt 75 Millionen Euro aus. Mitte 2015 sei das Eigenkapital aufgebraucht und das Land müsse einspringen. Teichert erwarte ab diesem Jahr ein Minus von 15 Millionen Euro jährlich.

Teicherts Gutachten indes scheint nicht unumstritten innerhalb der Landesregierung. Der Landeswissenschaftsminister Hartmut Möllring (CDU) hatte Teichert unterstellt, er habe das Defizit ohne jeglichen mathematischen Beleg von ursprünglich 9 auf 15 Millionen erhöht, wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtete. Auch gegenüber der MZ positionierte sich Möllring gegen Bullerjahn: „Es muss etwas getan werden, das ist uns allen klar.“ Das finanzielle Horrorszenario solle nicht einer neuen Schließungsdebatte den Boden bereiten. „Es ist völlig abwegig zu glauben, dass einer der beiden Standorte geschlossen würde.“

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