Praxisgründung und Banksicherheiten

Gestiegene Ansprüche

Die Banken hierzulande unterliegen verschärften Kreditvergaberichtlinien („Basel III“) seitens der EU. Dies kann sich in Einzelfällen auch auf die Finanzierung von Praxisgründungen und -übernahmen auswirken. Gerade die Frage der Sicherheiten wird von den Banken unterschiedlich bewertet.

Neben einer – zumindest aus Sicht der kreditgebenden Banken – meist nicht ausreichenden Liquiditätslage spielt immer wieder die Angemessenheit der zur Verfügung stehenden Sicherheiten eine wesentliche Rolle bei der Kreditvergabe. In der Vergangenheit reichten ein vernünftig geplantes und von einer vom Kreditgeber akzeptierten Institu- tion (wie der zuständigen Kammer) begleitetes Existenzgründungskonzept sowie vom Steuerberater angefertigte Liquiditäts- und Rentabilitätsberechnungen für die ersten Jahre nach der Gründung zur Kreditvergabe meist aus, um Bankinstitute zu überzeugen. In der heutigen Zeit hat die Bedeutung werthaltiger Sicherheiten dagegen mit einer zum Teil erheblichen und in Einzelfällen durchaus auch erschreckenden Geschwindigkeit zugenommen, wie der folgende Fall zeigt.

Konzeptionelle Planung

Als Harald W. und Hans-Peter K. der ersten Bank, übrigens der Hausbank von W. seit mehr als zehn Jahren, ihr Gründungskonzept präsentierten, waren beide zukünftigen Jungunternehmer äußerst optimistisch. Es ging um den Kauf einer Praxis, für die sich die beiden jungen Zahnärzte bereits während ihres Studiums interessiert hatten. Da sie damals bereits wussten, dass der Praxisinhaber kurz vor dem Ausstieg aus dem Berufsleben steht, nahmen sie frühzeitig Kontakt zu ihm auf und signalisierten ihm ihre Pläne.

Diese Pläne haben sich nun konkretisiert und werden von der zuständigen Kammer auch weitgehend unterstützt. Ermutigt durch diese Begleitung konnten sie auch einen renommierten Steuerberater von ihrem Konzept überzeugen. Dies kam zusätzlich in den durch ihn angefertigten Liquiditäts- und Rentabilitätsberechnungen zum Ausdruck, die zumindest für die ersten Jahre eine durchaus stabile finanzielle Basis versprechen.

Hinzu kommt ein durchaus akzeptabler Kaufpreis der Praxis, da der bisherige Inhaber offenbar mehr Wert auf einen möglichst kontinuierlichen Übergang und weniger auf das Aushandeln eines bis an die Schmerzgrenze gehenden Kaufpreises legt.

Gestiegene Bankansprüche

Patientenpotenzial, Kammerunterstützung, Steuerberater und nicht zuletzt der Wille zu unternehmerischem Engagement: Alles sprichwörtliche „Schwergewichte“, mit denen man, so waren beide Existenzgründer überzeugt, auch die Kreditgeber mit ins Boot bekommen müsste. Konkret ging es um einen Betriebsmittelkredit über 350 000 Euro sowie um einen Überziehungskredit auf dem Praxiskonto in Höhe von 50 000 Euro. Als Sicherheiten, dies war im Übrigen auch mit der Kammer beredet worden, sollte zunächst die Praxisausstattung verpfändet werden. Abtretungen von Patientenforderungen kommen hinzu. Zumindest aus Sicht der beiden Zahnärzte war das Gesamtkonzept damit „rund“.

Diese Einschätzung wurde von der erwähnten Hausbank von W., die zu seiner völligen Überraschung nicht mehr wiederzuerkennen war, nun aber nicht mehr geteilt. Vom bisher zuverlässigen Dienstleister hin zu einem deutlich zurückhaltenden potenziellen Kreditgeber. W. weiß nicht mehr, wie oft er den Satz „Das kann in heutiger Zeit ja auch schief gehen!“ bei der Präsentation des Konzepts zu hören bekam. Immerhin war die Bank nach zähen Verhandlungen bereit, über das Darlehen „nachzudenken“. Einen Überziehungskredit wollte sie allerdings nur in Höhe von 25 000 Euro bewilligen.

Alternative Finanzierung

Aber das war noch nicht alles: Darlehen und Überziehungskredit wären nur möglich bei gleichzeitiger Übernahme einer Bürgschaft durch den (vermögenden) Vater von W. über sage und schreibe 250 000 Euro. Die, so der Bankmitarbeiter, „unbefriedigende Sicherheitenlage“ ließe „eben keine andere Möglichkeit“ zu. Daran ändere auch die langjährige Geschäftsverbindung zu W. nichts. Da W. seinen Vater nun überhaupt nicht in die Finanzierung seiner eigenen Praxis einbinden wollte, lehnte er dieses Angebot, das sich aus seiner Sicht eher nach einer „Abwehrkondition“ anhörte, umgehend ab.

Nachdem ein weiteres Bankgespräch ähnlich unbefriedigend verlief, haben W. und K. ihre Finanzierungsstrategie mittlerweile geändert. Gemeinsam mit ihrem Steuerberater haben sie nun Kontakt zur für ihr Bundesland zuständigen Bürgschaftsbank sowie zur KfW-Mittelstandsbank aufgenommen und werden ihnen ihre Gründungspläne ebenfalls vorstellen. Beide Kreditinstitute sind, auch dies ist aus ihrer Sicht „für die mangelnde Qualität der bisherigen Beratung bezeichnend“, in den Bankgesprächen nicht ein einziges Mal auch nur erwähnt worden. Vor allem das Konzept der Bürgschaftsbank ist für die beiden Zahnärzte äußerst interessant, da diese Kreditinstitute die Frage der Sicherheiten differenzierter handhaben. Wichtig sind hier vielmehr geordnete wirtschaftliche Verhältnisse des Kreditnehmers, eine fachlich und kaufmännisch angemessene Qualifikation sowie das zu erwartende Erwirtschaften einer ausreichenden Rentabilität. Sämtliche Anforderungen, für die kaufmännischen Detailfragen steht der Steuerberater zur Verfügung, entsprechen also dem Profil der zukünftigen Praxisinhaber.

Michael VetterFachjournalist für Wirtschaftvetter-finanz@t-online.de

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