Editorial

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Liebe Leserinnen und Leser,

Musik ist Balsam für die Seele. Als Therapeutikum für Psyche und Soma hat sie mehr Jahre hinter sich als das Alte Testament. Später stand es schwarz auf weiß in der Bibel: Davids Harfe war ein bewusst eingesetztes Beruhigungsmittel für König Saul – schon zu Zeiten, als Dopamin, Endorphin, Oxytocin und deren „Anverwandte“ noch über Jahrhunderte auf wissenschaftliche Entdeckung und Dokumentation warten mussten.

Inzwischen ist der Forschungszweig der Musik-Medizin, zumindest in der Befassung mit Musik als Therapie, ein weit gestecktes Feld. Bachs Goldberg-Variationen – übrigens auch zur Beruhigung, sogar als Schlafmittel komponiert – sind heute nicht nur zum Hören da, sie sind längst interdisziplinärer Forschungsgegenstand. Was dabei herumkommt, reicht jenseits mathematischer Vergleichbarkeiten Bachscher Fugen zu Gödels Theoremen oder Eschers Bildern weit über Physik, Mathematik oder biochemische Denkansätze oder gar Malerei hinaus.

Nicht erst anerkannte Neurologen und Psychiater wie Manfred Spitzer erklären heute einer immer noch staunenden Fachwelt, was „Musik im Kopf“ von uns allen anstellt. Die Erkenntnisse fügen sich wie Mosaik- steine zum größeren Ganzen. Und selbst wenn man sich im Zuge des therapeutischen Nutzens noch streiten kann, ob und wie Musik als Placebo, Psycho-Trigger oder als heilkundliches Instrument eingesetzt werden kann: Ansätze praktischer Umsetzung, vielfach begleitet von Studien, gibt es mehr und mehr.

Als Einsatzmöglichkeiten werden längst nicht mehr nur physiologische Maßnahmen genannt. Die Liste der Krankheiten und Symptome, gegen die Musik wirken soll, wird immer länger: Und auf Dauer wird man es wohl nicht bei Indikationen wie Tinnitus, Schlaganfall, Demenz, Bluthochdruck, Schlafstörungen, Parkinson oder Depression bewenden lassen.

Dass in der Behandlung von Angstpatienten auch die Zahnmedizin inzwischen wissenschaftliches Untersuchungsmedium für die Wirkung von Musik auf Menschen ist, zeigt die in diesem Heft vorgestellte prospektive Studie: Musik eignet sich, so die Feststellung der Autoren, auch in der Zahnmedizin zur Anxiolyse. Analgetische Wirkung, wie sie zu Beginn des 20. Jahrhunderts der Musik zugeschrieben wurde, wird korrekterweise heute nicht unterstellt. Dennoch: Gemessen, dokumentiert und beschrieben stehen die Vorteile, dass Musik angstlösende Wirkung hat. Über die Ursache – ob Placebo oder andere Wirkung – muss und wird geforscht werden.

Welche Art von Musik übrigens wie individuell wirkt, ist recht unterschiedlich. Vorlieben generiert uns auch die Sozialisation.

Trotzdem: Wenn ein Patient bei „Hard-Core-Metal“ besser entspannt als unter dem Einfluss ruhiger „E-Musik“, macht das schon nachdenklich.

Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihr

Egbert Maibach-Nagelzm-Chefredakteur

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