Editorial

Ein Krokodil, ein Krokodil, ein Hilferuf?

Wenn zumindest kalendarisch der Sommer begonnen hat und die großen Ferien gestartet sind, fällt die Politik traditionell in eine Art Tiefschlaf. Mit Konsequenzen für die Journaille, die ob des fehlenden politischen Geplappers dann fast schon verzweifelt auf der Suche nach einem quotenbringenden Thema ist. Aber noch ist Hoffnung, dass wenigstens eine furchtverbreitende Schnappschildkröte oder der Klassiker, ein Krokodil im Badesee, gejagt werden kann.

Was die Einleitung denn mit Zahnmedizin zu tun hat, fragen Sie? Das ist ganz einfach, denn endlich hat auch die Zahnmedizin – um im Bilde zu bleiben – ein Krokodil im sommerlichen Badesee oder besser in den ostfriesischen Kanälen. Da hatte doch die Landesvorsitzende des FVDZ Niedersachsen, Zahnärztin Annette Apel, es tatsächlich gewagt, ein Tabuthema anzusprechen. Schlimmer noch: Sie forderte gar eine Männerquote angesichts eines mittlerweile 72 Prozentanteils an Frauen im Zahnmedizinstudium. Das war mal Neues. Damit schaffte Frau Apel sogar bundesweite Aufmerksamkeit, unter anderem der Focus und die ZEIT berichteten. Ob Frau Apel sich der medialen Konsequenzen ihrer forschen Ansage bewusst war? Fakt ist: das Wort Quote im Zusammenhang mit Weiblein und Männlein löst wie bei Pawlow gebahnte Reflexe aus. So auch hier, bis hin zu der Überschrift „Peinlicher Affront gegenüber Kolleginnen“. Und so sah sich sogar die Bundeszahnärztekammer zu der Feststellung genötigt, ultimativ festzustellen, dass man gegen jedwede Quote sei.

Ob nun Krokodile in Ostfriesland die Kanäle unsicher machen oder ob es „nur“ ein PR-Gag war: An dem Fakt der zunehmend schwierigen Versorgungssituation in Ostfriesland wie auch anderen ländlichen Regionen kommen wir nun mal nicht vorbei. Das war das eigentliche Thema. Deshalb sollte man Frau Apel die ehrliche Sorge um die zahnärztliche Versorgung in ihrem Bundesland abnehmen. Und auch die Erfahrung, dass es in der gegebenen Situation schwierig ist, mehr Zahnärzte und Zahnärztinnen in die ländliche Region zu locken, um die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Ob da die Männerquote Erfolg verspricht? Ich habe meine Zweifel. Denn auch von dem Drittel Männer, welche erfolgreich das Studium abschließen, verirren sich nur die wenigsten auf dem Land. Egal wie viel berufliche Selbstverwirklichung und Befriedigung eine eigene Praxis versprechen mag. Oder der Ruf nach Frauen mit mehr Biss? Was nützt die bessere zeitliche Planbarkeit in einem Anstellungsverhältnis, wenn der Gedanke an Kinder und der Blick auf die zukünftige schulische Versorgung vor Ort echte Zweifel auslöst. Aber eben nicht an der zahnärztlichen Tätigkeit, sondern an den örtlichen und wirtschaftlichen Umständen.

Insoweit wird auch die Männerquote keine Rettung bringen. Sondern nur intelligente Konzepte und konsequente Arbeit der Körperschaften zur Sicherstellung der zahnärztlichen Versorgung auch im ländlichen Raum. Das wird die Herkulesaufgabe der nächsten Jahre sein. An der Geschlechterfrage wird diese „Schlacht“ weder gewonnen noch scheitern. Eine große Aufgabe, an der sich auch der FVDZ beteiligen darf.

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