Rechtsstreit zwischen Zahnarzt und Bewertungsportal

In diesem Fall darf jameda positive Bewertungen löschen

Das Landgericht München I hat die Klage eines Zahnarztes gegen jameda auf Wiederveröffentlichung gelöschter positiver Bewertungen abgewiesen.

Im vorliegenden Fall hatte der klagende Zahnarzt bis zum 28. Dezember 2017 auf dem Arztbewertungsportal insgesamt 60 Bewertungen und die Gesamtnote 1,5. Am 10. Januar 2018 kündigte er sein „Premium Paket Gold“ bei jameda. Vom 11. bis zum 18. Januar 2018 löschte die Beklagte (jameda) zehn zugunsten des Klägers abgegebene Bewertungen, weil – nach ihrer Darstellung – Prüfverfahren über die Validität der Bewertungen negativ verlaufen seien. Am 18. Januar waren für den Kläger noch 51 Bewertungen und eine Gesamtnote 1,6 abrufbar.

Der Zahnarzt sah dort einen Zusammenhang und klagte darauf gegen jameda auf Wiederveröffentlichung der gelöschten positiven Bewertungen.

Der Zahnarzt konnte dem Gericht zufolge allerdings nicht überzeugend nachweisen, dass die Löschungen als Reaktion auf seine Kündigung erfolgt waren. Der zeitliche Zusammenhang allein genügt nach Auffassung der Kammer hierfür nicht, weil „jameda unbestritten bereits in der Vergangenheit positive Bewertungen des Klägers aufgrund eines negativ verlaufenen Prüfverfahrens gelöscht hatte“.

Weitere belastbare Anhaltspunkte dafür, dass die Löschungen nicht ausschließlich der Qualitätswahrung der auf dem Portal eingestellten Bewertungen dienten, sondern den Kläger sanktionieren sollten, wurden laut Gericht weder vorgetragen noch waren sie ersichtlich. Im Übrigen lagen nach Auffassung der Kammer die Voraussetzungen für eine Wiederveröffentlichung der gelöschten positiven Bewertungen nicht vor.

Die Kammer hatte demnach für den Anspruch auf Wiederveröffentlichung gelöschter positiver Bewertungen die vom Bundesgerichtshof (BGH) aufgestellten Grundsätze für den (spiegelbildlichen) Anspruch auf Löschung negativer Bewertungen (BGH, Az.: VI ZR 34/15, Urteil vom 1. März 2016) herangezogen und auf die vorliegende umgekehrte Konstellation übertragen.

Der Zahnarzt hätte jede Bewertung validieren müssen

Danach habe zunächst der klagende Arzt den behaupteten Rechtsverstoß konkret zu rügen. Nur eine hinreichend konkrete Rüge einer behaupteten Rechtsverletzung löst eine Prüfpflicht des Bewertungsportals aus, an die strenge Anforderungen zu stellen sind: „Darlegungs- und beweisbelastet für die Unrichtigkeit der Löschung und damit für die Validität der Bewertung ist jedoch zunächst der klagende Arzt, die Beklagte trifft allerdings eine sogenannte sekundäre Darlegungslast“, heißt es in dem Urteil.

m Streitfall bedeute dies, dass es zunächst dem Zahnarzt oblegen hätte, konkret – wenn auch gegebenenfalls anonymisiert – zur Validität jeder einzelnen Bewertung und zum jeweiligen Behandlungskontakt Ausführungen zu machen. Dabei durfte er sich nach Auffassung der Kammer nicht darauf zurückziehen, es sei ihm nicht möglich, hierzu im Einzelnen vorzutragen. Denn die im Streitfall auszugsweise vorgelegten Bewertungen enthielten eine Reihe von Anhaltspunkten, anhand derer er die Person des Bewertenden feststellen oder zumindest eingrenzen hätte können.

jameda habe demgegenüber im Einzelnen dazu Stellung genommen, wie und warum sie zu der Auffassung gelangt ist, dass sie die Validität der streitgegenständlichen Bewertungen nicht gewährleisten könne. So habe die Beklagte ausgeführt, dass sie zur Qualitätswahrung und zur Validitätsprüfung der auf ihrem Portal eingestellten Bewertungen einen automatischen, selbstlernenden Prüfalgorithmus einsetze, dessen Verdachtsmeldungen von ihrem aus 20 Mitarbeitern bestehenden Qualitätsmanagementteam nochmals geprüft würden.

Darüber hinaus habe die Beklagte dem Gericht dargelegt, dass eine anschließende zur Prüfung der Validität der Bewertungen durchgeführte SMS-Verifikation im Hinblick auf acht der streitgegenständlichen Bewertungen negativ verlaufen sei. Hinsichtlich der beiden weiteren Bewertungen seien sodann sämtliche weiteren Versuche, mit dem Nutzer in Kontakt zu treten, gescheitert, weshalb letztlich auch diese Bewertungen gelöscht worden seien, weil sich deren Validität nicht habe bestätigen lassen.

Geringe Eingriffsintensität – keine relevante Schädigung

Außerdem war laut Gericht die „Eingriffsintensität“ im Streitfall derart gering, dass die Kammer eine relevante Schädigung des Klägers ausschloss. Denn nach der Löschung der von der Beklagten als nicht valide eingestuften zehn Bewertungen blieben zum Profil des Klägers immer noch 51 Bewertungen abrufbar, und die Gesamtnote des Klägers sank durch die Löschung nur unmaßgeblich um 0,1 ab, nämlich von 1,5 auf 1,6.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Landgericht München IAz.: 33 O 6880/18Urteil vom 16. April 2019

Das Urteil des BGH, auf das sich die Münchner Richter beziehen, finden Sie in den zm 6/2016 („BGH stärkt Zahnarztrechte“): So müssen Arztbewertungsportale wie jameda Nutzerbeschwerden künftig strenger prüfen. Insbesondere haben die Betreiber auf Verlangen Nachweise vorzulegen, ob ein User tatsächlich beim bewerteten Arzt beziehungsweise Zahnarzt in Behandlung war.

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