Eine Zahnklinik im Himalaya

Der Dalai Lama ist Schirmherr

Dr. Rainer Roos
2014 hatten wir die Idee, im Himalaya auf eigene Faust eine Zahnklink aufzubauen. Im Juli haben wir sie endlich eingeweiht - der Dalai Lama übernahm sogar die Schirmherrschaft!

Bereits seit 2000 arbeiten meine Frau und ich jeden Sommer für drei Wochen zahnärztlich in Ladakh. 2014 entschlossen wir uns, eine eigene Praxis im Himalaya aufzubauen. Wir kauften 2015 ein geeignetes Grundstück in Choglamsar, planten und entwickelten bis 2017 die Grundkonstruktion in Stuttgart und in Ladakh.

Ladakh gehört zum Verwaltungsgebiet Jammu-Kashmir in Nordindien und liegt auf 3.000 bis 7.000 Meter Höhe. Dementsprechend hart sind die Winter - Nachttemperaturen von minus 30 Grad sind keine Seltenheit. Das Klima ist extrem trocken (Hochwüste), zunehmend gibt es jedoch auch dort im Sommer verheerende Starkregengüsse. Es existiert eine gelebte 1.000 Jahre alte tibetische Kultur mit Klöstern und einem aktiven Mönchswesen mit dem Dalai Lama als Oberhaupt.

Die Herausforderung: eine Klinik zu planen, die den extremen Bedingungen trutzt

Die besondere Herausforderung war, dass wir mithilfe von Architekten, Ingenieuren, Schreinern, Elektrikern und Klempnern in Deutschland eine Klinik planen mussten, die den extremen Temperaturschwankungen, Starkregen, fehlender Erschließung, Hygieneerfordernissen und Einfachheit Rechnung trägt.

Mit der Universität Stuttgart, einem Holzbaubetrieb von der Schwäbischen Alb und Architekten aus Reutlingen, Dubai, Karlsruhe und San Francisco entwickelten wir ein transportables, hoch wärmegedämmtes Paneel, das es möglich machte, die Klinik in kürzester Zeit voll funktionsfähig vor Ort zu transportieren und aufzubauen.

Allein der Transport dauerte von April bis Ende Juli

Nach zwei Jahren Vorbereitung, Brainstorming, Planungsvarianten und vielen Arbeitsstunden konnten wir die Klinik in Deutschland aufbauen und testen. Die meisten Bestandteile haben wir selbst gekauft, doch gab es auch - limitierte - Unterstützung seitens Dentalindustrie und - handel.

 Nach einer intensiven Erprobungsphase wurde wieder abgebaut, alle Teile wurden in Container verfrachtet, ab April 2017 von Rotterdam nach Mumbai mit dem Schiff, dann mit dem Zug nach Delhi und von dort 1.200 Kilometer in den Himalaya transportiert. Dort erreichte die Praxis am 25. Juli 2017 ihr Ziel.

Trotz aller Zusicherungen und Versprechen aus dem indischen Finanzministerium verzichtete die indische Regierung nicht auf die Erhebung von Zöllen und Steuern, so dass ein satter fünfstelliger Betrag für das Projekt aus unseren Eigenmitteln fällig wurde.

Im August 2017 installierten wir die eigentliche Klinik und die Wohngebäude innerhalb von 13 Arbeitstagen. Nach einer Probephase von sechs Monaten wurde der Betrieb im April 2018 nach der offiziellen Zulassung aufgenommen. Die offizielle Eröffnung der „Bright-Mountain-Dental Klinik“ fand am 30. Juli 2018 statt.

Der Dalai Lama entsandte zur Eröffnung seine jüngere Schwester

Der Dalai Lama konnte zu diesem Event zwar nicht kommen, dafür entsandte er seine jüngere Schwester Jetsun Pema. Tags zuvor empfing uns seine Heiligkeit aber in seiner Residenz gegenüber der Klinik. Schon seit 2016 ist der Dalai Lama offiziell Schirmherr des Projekts, ohne finanzielle Beteiligung.

Der Kontakt zu ihm besteht schon seit vielen Jahren, trotzdem ist es immer wieder ein überwältigendes Gefühl. Im Unterschied zu vielen Würdenträgern sucht er den direkten Kontakt zu seinen Besuchern, physisch und verbal, und vermittelt so höchste Aufmerksamkeit und Zugewandtheit. Bei alledem strahlt er ansteckende Ruhe, tiefe Weisheit, heitere Gelassenheit und verschmitzten Humor aus.

Wie die Nachhaltigkeit des Projekts gesichert ist?

Wie die Nachhaltigkeit des Projekts gesichert ist? Seit 2006 arbeite ich fachlich eng mit meinem Kollegen Dr. Kunsang Dechen zusammen. Er ist Tibeter und im SOS Kinderdorf in Choglamsar aufgewachsen. Dort wurde er ausbebildet und arbeitete 17 Jahre lang als Zahnarzt. (Foto 13.08.18, 08 03 37) Er war fasziniert von der Idee der Zahnklinik und hat mich über zwölf Jahre beraten, begleitet, Wege geebnet und Kontakte in Ladakh hergestellt.

Heute führt er die „Bright-Mountain-Dental-Cliníc“ das ganze Jahr hindurch und steht seinen Patienten - für die basalen Behandlungen sogar unentgeltlich - zur Verfügung. Im Sommer bereist er mit Kollegen aus Deutschland die Nomadengebiete und leistet dort Erste - zahnärztliche - Hilfe.

Seit der Eröfnung hat die Klinik regen Zustrom. Ich selbst reise zwei bis drei Mal im Jahr nach Ladakh, um anspruchsvollere Aufgaben in Implantologie/Chirurgie/Prothetik zu lösen. Seit 2016 setzte ich als erster Zahnarzt in Ladakh Implantate, inzwischen sind auch die digitalen Möglichkeiten (Labor-Scanner, OPG, digitales Einzelröntgen, karteilose Patientendokumentation, Internet, Telefon) zur Zusammenarbeit mit externen Laboren, Patienten und Ärzten etabliert.

Das Projekt ist bewusst nicht als reines Charity-Projekt angelegt

In den Sommermonaten nutzten in den letzten Jahren immer wieder deutsche Zahnärzte die Möglichkeit zur Mitarbeit im Projekt, zuletzt zwei Kolleginnen aus München. Dieses Projekt war bewusst nicht als reines Charity-Projekt angelegt, in dem die Geldströme von oben nach unten fließen, sondern als unternehmerische Aufgabe, die den Beteiligten nur durch persönlichen Einsatz Ein- und Auskommen ermöglicht.

Derzeit sind vier Mitarbeiter beschäftigt, langfristig werden es etwa zehn werden. Zukäufe oder Gründungen kleiner Praxen in der Umgebung sind geplant.

Ich kann jedem Zahnarzt aus Deutschland empfehlen, sich einem solchen Projekt wie der „Bright-Mountain-Dental Klinik“ anzuschließen. Die Möglichkeit, sein Können ohne wirtschaftliche, organisatorische und kassenrechtliche Zwänge einzubringen, ist erholsam und befreiend. Die direkte und unverstellte Dankbarkeit der Menschen ist motivierend, erdend und spendet Kraft und Zufriedenheit.

Mittelstandspreis für soziale Verantwortung in Baden-Württemberg

Für sein langjähriges ehrenamtliches Engagement wurde Dr. Rainer Roos von der Caritas und dem Ministerium für Finanzen und Wirtschaft für das Projekt der Mittelstandspreis für soziale Verantwortung in Baden-Württemberg verliehen.

Bewerben konnten sich alle baden-württembergischen Unternehmen mit maximal 500 Beschäftigten, die in unterschiedlicher Art und Weise Wohlfahrtsverbände, soziale Organisationen, Initiativen, Einrichtungen oder (Sport-)Vereine unterstützen und gemeinsam mit ihnen ein soziales Projekt auf die Beine stellen. Unter dem Motto 'Leistung - Engagement - Anerkennung' würdigt der Preis das freiwillige soziale und gesellschaftliche Engagement dieser Unternehmen.

Spendenkonto für die Zahnklinik:

Ladakh Medical Aid gGmbH
Eichendorffstraße 64, 73734 Esslingen
IBAN: DE44611616960249995000
BIC: GENODES1NHB

Dr. Rainer Roos
73765 Neuhausen/Fildern

Dr. Rainer Roos

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