Zwei ZFA berichten von ihrem Hilfseinsatz

„Man sollte hart im Nehmen sein“ – „Und Platzangst sollte man auch nicht haben!“

Die Hilfsorganisation Mercy Ships sucht immer wieder freiwillige Helfer, um Patienten ehrenamtlich in der eigenen Zahnklinik in Conakry, Guinea, zu behandeln. Die beiden ZFA Marie-Therese Franke und Isabel Roth waren bereits vor Ort. Im Interview verraten sie, welche Fähigkeiten man für solch ein Abenteuer mitbringen sollte.

Frau Franke, Frau Roth, was hat Sie bewogen, im vergangenen Jahr an einer Verlosung für einen Hilfseinsatz mit der „Africa Mercy“ teilzunehmen?

Isabel Roth: Zunächst war es eine spontane Bewerbung für den zweiwöchigen Hilfseinsatz. Ich erhoffte mir eine aufregende Zeit und wertvolle Erfahrungen – sowohl im zahnmedizinischen Bereich als auch persönliche Erfahrungen, die man nie mehr vergessen wird.

Marie-Therese Franke: Mein damaliger Chef, Prof. Dr. Dr. Heiland, der mittlerweile von Hamburg nach Berlin an die Charité gewechselt ist, war derjenige, der mich auf das Angebot aufmerksam gemacht hatte.

Mit welchen Erwartungen sind Sie damals an Bord der „Africa Mercy“ gegangen?

Roth: Ich habe sehr viele Menschen auf engstem Raum und Verständigungsprobleme erwartet (lacht).

Franke: Ich ebenfalls! Ich hatte meine Erwartungen komplett heruntergeschraubt, und bin vom Schlimmsten ausgegangen (lacht).

Und: Wurden Ihre Erwartungen erfüllt?

Roth: Sie haben sich mehr als erfüllt (lacht). Es waren wirklich viele Menschen auf dem Schiff, ich schlief jede Nacht mit neun anderen Frauen in einem Zimmer. Aber die Menschen verteilten sich dann doch gut bei ihren verschiedenen Tätigkeiten an Bord oder an Land.

Franke: Das stimmt. Das Dentalteam ist gar nicht an Bord des Schiffes tätig, sondern schläft dort nur. Wir haben die Räumlichkeiten einer eigenen Zahnklinik im Landesinneren genutzt. Dazu sind wir jeden Tag rund 20 Minuten mit dem Auto nach Conakry gefahren. Und insgesamt war ich sehr positiv überrascht, wie gut die Africa Mercy ausgestattet ist!

Menschen aus unterschiedlichsten Nationen arbeiten auf dem Schiff. Wie ist die Atmosphäre an Bord?

Franke: Die Atmosphäre an Bord ist einfach genial! Es existiert eine riesige Hilfsbereitschaft und Herzlichkeit. Und man wird bestens in die Gemeinschaft aufgenommen!

Roth: Im Aufenthaltsraum ist man nie allein, es entstehen immer wieder spannende Konversationen, da die Menschen sehr tolerant und offen sind und schließlich alle aus einem Grund dort sind: Um zu helfen!

Franke: Denn man darf nicht vergessen: Es ist der Urlaub, der dort verbracht wird, um anderen zu helfen. Genauso wie jeder die Reise und den Aufenthalt auf dem Schiff selbst finanziert.

Wie sah Ihre tägliche Arbeit als ZFA auf der „Africa Mercy“ aus?

Franke: Ich schlief in einer Kabine mit acht weiteren Frauen auf engstem Raum. Jeden Morgen um 7:30 Uhr fuhren wir los zur Zahnklinik, in der wir arbeiteten. Dort trafen wir zunächst alle Vorbereitungen für den Tag. Die Patienten saßen dann meist schon in Gruppen vor der Tür und warteten.

Dann starteten wir die Arbeit, die teilweise „wie am Fließband“ verlief, da so viele Menschen Hilfe brauchten.

Roth: Die Patienten waren teilweise stundenlang quer durchs Land gereist, um von uns behandelt zu werden. Und sie waren bereits beim Screening, wo die wirklich behandlungsbedürftigen Fälle vorweg ausgewählt wurden. Die häufigste Behandlung war dann das Entfernen von Wurzelresten, teilweise wieder von Zahnfleisch überwuchert. Oder extrem tiefe Karies. Den Menschen in Guinea fehlt leider die Aufklärung über die Anwendung von Zahnbürste und -pasta, die Aufklärung über kariesfördernde Lebensmittel und die grundsätzliche zahnmedizinische Versorgungsmöglichkeit.

Franke: Es gab daher ein Wartezimmer, in dem eine Einheimische den ganzen Tag lang Mundhygieneunterweisungen machte und Zahnpflegeartikel wie Zahnseide verschenkte. Die meisten Patienten waren sehr ängstlich, da sie nicht wussten, was dort auf sie zukam, denn einen Besuch bei einem Zahnarzt kannten sie nicht – leider meist auch keine Mundhygiene. So arbeiteten wir jeden Tag bis circa 17 Uhr.

Roth: Der Rest des Abends stand zur freien Verfügung, wir gingen beispielsweise auf den Markt der Einheimischen, ließen uns traditionelle, afrikanische Kleidung schneidern, liefen zu einer Eisdiele, gingen spazieren an Land oder kauften Kleinigkeiten im Supermarkt ein. Auch diverse Sportarten wurden angeboten oder medizinische Fachvorträge fanden statt. Manchmal traf man sich auch einfach nur am Pool oder im Starbucks Café an Bord des Schiffes. Oder man suchte den Kontakt nach Deutschland, bis wieder ein neuer Tag begann.

Welches Erlebnis ist Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben?

Roth: In Erinnerung geblieben ist mit der Moment, als sich einer der Zahnärzte mit einer benutzen Injektionskanüle versehentlich gestochen hat. In so einem Moment bleibt einem das Herz kurz stehen, da in Afrika ein viel höheres Infektionsrisiko besteht als beispielsweise in Deutschland. Aber das Schiff ist auf solch einen Fall bestens vorbereitet. Der Arzt wurde sofort mit dem Patient zurück zum Schiff gefahren worden, dort wurde beiden Blut abgenommen und bereits ein paar Stunden später erfuhr der Arzt das Ergebnis erfahren. 

Welche Fähigkeiten sollte man an Bord der „Africa Mercy“ als ZFA mitbringen?

Franke: Man sollte für den Aufenthalt dort auf jeden Fall Englischkenntnisse mitbringen, um mit allen Helfenden auf dem Schiff kommunizieren zu können. Mit den Patienten ist es dagegen gar nicht so wichtig, dieselbe Sprache zu sprechen. Hier zählt: Hauptsache das Herz spricht gleich!

Roth: Man sollte hart im Nehmen sein und keine Berührungsängste haben. Zudem sollte man mit viel Blut, Eiter und dem ein oder anderen Schrei und Tränen klarkommen.

Franke: Und Platzangst sollte man auch nicht haben, da man auf dem Schiff wirklich auf engen Raum lebt. Kenntnisse in der Chirurgie sind meiner Meinung nach ebenfalls von Vorteil.

Was haben Sie von Ihrem Hilfseinsatz mitgenommen?

Franke: Den Satz „Everyone smiles in the same language, but children in Africa smile different.“

Roth: Ich habe die afrikanische Kultur, die afrikanische Lebensweise, die Armut und auch die warmherzige Dankbarkeit für die Möglichkeit der medizinischen Versorgung hautnah miterleben und spüren dürfen. Und ich hatte die Möglichkeit ein Land zu bereisen, das nicht vom Tourismus überflutet ist. Zudem habe ich viele tolle Menschen kennengelernt und liebgewonnen, die am anderen Ende der Welt leben. Diese Erfahrung kann einem niemand mehr nehmen!

Franke: Das stimmt! Nach so einem Aufenthalt sollte einem noch mehr bewusst werden, dass wir uns hier mit Luxusproblemen herumschlagen und dankbar sein sollten, für alles, was wir haben.

Würden Sie Ihren Kolleginnen solch einen Hilfseinsatz empfehlen?

Roth: Ich würde jedem einen Hilfseinsatz auf der Africa Mercy empfehlen, da es eine Erfahrung ist, die einem niemand mehr nehmen kann. Man stößt manchmal an seine Grenzen und überwindet „den inneren Schweinehund“, sei es mit zehn anderen Menschen in einem Zimmer zu schlafen, den ganzen Tag eine andere Sprache zu sprechen, zwischen Müllbergen und Schlamm herumzulaufen und Menschen zu behandeln, die eventuell eine katastrophale Hygiene haben, da es ihnen nicht möglich ist, den europäischen Hygienestandard zu pflegen. Aber rückblickend war es eine tolle Herausforderung mit tollen Erinnerungen.

Franke: Ich würde es jedem empfehlen, an so einem Einsatz teilzunehmen, um solch eine Erfahrung zu machen. Alleine bei dem Gedanken, den Menschen dort zu helfen, ist mein Herz aufgegangen. Die vielen verschiedenen Eindrücke und die Dankbarkeit sind unvergesslich.

Roth: Mein Einsatz war sehr gut organisiert, ich fühlte mich jederzeit sicher und hatte das Gefühl, sehr viel zur Hilfe und zur Aufklärung der dortigen medizinischen Kräfte beitragen zu können, da uns natürlich auch die afrikanischen Zahnärzte bei unserer Arbeit zuschauten und halfen.

Es war mir nicht nur ein Anliegen, sondern auch eine Ehre, die zahnmedizinische Versorgung in diesem liebenswerten Land ein Stück voranbringen zu können. Die Menschen sind mir sehr herzlich begegnet, deren Dankbarkeit ist unübertroffen! Jederzeit würde ich mich wieder für diesen Einsatz entscheiden!

Die Fragen stellte Navina Bengs.

ZFA gewinnt vierwöchigen Hilfseinsatz

„Jetzt bekomme ich endlich die Chance dazu!“

Voraussichtlich im nächsten Jahr wird sie an Bord gehen: Christina Feußner, derzeit tätig als Betriebswirtin für Management im Gesundheitswesen in einer MKG-Chirurgie in Siegen, hat das große Los gezogen. Auf der IDS in Köln machte die gelernte ZFA bei einer Verlosung der Firma Dürr Dental mit – und gewann einen vierwöchigen Hilfseinsatz, inklusive Flug, Kost und Logis mit dem Dental Team von Mercy Ships.

„Schon vor einiger Zeit wollte ich einen Hilfseinsatz machen. Doch dann kam mir leider privat etwas dazwischen“, berichtet Feußner. „Jetzt bekomme ich endlich die Chance dazu! Diese werde ich nutzen.“Feußner hatte gleich doppelt Glück – auf das Gewinnspiel am Messestand von Dürr Dental war sie zufällig gestoßen. „Erst als ich hier vorbei lief, sah ich, dass direkt am Messestand über den Einsatz von Mercy Ships informiert wurde. Ich blieb interessiert stehen und erfuhr, dass im Laufe des Tages ein Hilfseinsatz für eine ZFA verlost wird. Ein mehr als glücklicher Zufall!“

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