Nach der Praxis

Zahnarzt-Ehepaar leitet Corona-Testzentrum im Ehrenamt

Gut ein Jahr ist es her, dass Michael Kohtz seine Zahnarztpraxis aufgegeben hat, als ihn im April der Hilferuf von Frank Zimmermann erreichte. Der Bürgermeister der Gemeinde Boitzenburger Land sucht damals dringend eine Leitung für das örtliche Corona-Testzentrum. Kohtz und seine Frau Marianne – ebenfalls Zahnärztin im Ruhestand – folgten ihrem Gefühl und sagen kurz entschlossen zu.

Das mussten wir einfach machen“, erklärt Kohtz am Telefon. „Wir sind doch schließlich die Zahnärzte hier.“ Das entspricht sicher auch der Wahrnehmung vieler der noch knapp 3.000 Einwohner in der Gemeinde Boitzenburger Land. Denn 1991 kaufte das Ehepaar ein Grundstück im Ort, baute ein Wohnhaus um mit Praxisräumen im Erdgeschoss und stellte anschließend fast 30 Jahre die zahnmedizinische Versorgung in Boitzenburg sicher.
„Im Februar 2020, also kurz vor Corona, habe ich die Praxis dann dicht gemacht“, erklärt Michael Kohtz. Ohne es zu wissen, sei der Zeitpunkt damals „genau richtig“ gewesen. Von Patientenrückgängen, Screening-Fragebögen und den Nachschubschwierigkeiten um persönliche Schutzausrüstungen blieb er verschont.
Seit April dieses Jahres leitet das Ehepaar Kohtz jetzt das örtliche Testzentrum der Gemeinde, in dem es ländlich beschaulich zugeht. 15 bis 20 Personen kommen jedes Mal in den zwei Stunden, die das Zentrum pro Woche geöffnet hat. Die Räume gehören dem Deutschen Roten Kreuz, die Tests werden über die Gemeinde bestellt, Marianne und Michael Kohtz arbeiten ehrenamtlich.
Die beiden sind ein eingespieltes Team: Bis 2002 praktizierte das Ehepaar gemeinsam, beschäftigte drei Zahnmedizinische Fachangestellte (ZFA), bildete über die Jahre etwa zehn ZFA aus. Als es kurz nach der Jahrtausendwende aber zu einer starken Abwanderungswelle und entsprechenden Patientenrückgängen kam, wechselte Marianne Kohtz in den Öffentlichen Gesundheitsdienst, betreute die Städte Angermünde und Schwedt.
Michael Kohtz machte allein weiter, bis es nicht mehr ging. Einen Nachfolger fand er nicht. Mit ihm verschwand der Zahnarzt in Boitzenburg. Immerhin gebe es noch „ein paar junge Kollegen in der Region“, die Praxen betreiben, erzählt er. Trotzdem sei es in der Uckermark keine Seltenheit, dass Patienten 20 bis 25 Kilometer Anfahrt bis zum Zahnarzt hätten.
„Wir sind hier leider nicht in Berlin“, sagt Kohtz, der 1976 in der Hauptstadt der DDR sein Zahnmedizin-Studium begann und dabei auch seine Frau kennenlernte. „Wir haben uns in der ersten Anatomievorlesung an der Humboldt-Universität kennengelernt und waren hinterher noch in derselben Seminargruppe“, sagt er und lacht. „Es hat bei uns beiden sofort gefunkt.“ 45 Jahre später nehmen Marianne und Michael Kohtz die Abstriche, stellen Testbescheinigungen aus – und kämpfen mit ihrem Engagement dafür, das öffentliche Leben in Boitzenburg weiter aufrechtzuerhalten. 

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