WHO-Jahreshauptversammlung

Die Welt und das Virus

„Diese Pandemie beenden, die nächste verhindern, gemeinsam eine gesündere, sicherere und gerechtere Welt aufbauen.“ So lautete das Motto der virtuellen Jahreshauptversammlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Mai. Das Virus hat der WHO durch deren Forschung viel Popularität gebracht. Diese Chance will Generaldirektor Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus nicht verspielen.

Wir sind guten Mutes, dass die Fälle und die Todesfälle weltweit weiter zurückgehen, aber es wäre ein monumentaler Irrtum, wenn irgendein Land denken würde, die Gefahr sei vorüber“, sagte Ghebreyesus in seinem Schlusswort. Er forderte die Staaten auf, sich zu verpflichten, bis Ende September mindestens 10 Prozent und bis Ende des Jahres mindestens 30 Prozent der Weltbevölkerung zu impfen. „Eines Tages – hoffentlich bald – wird die Pandemie hinter uns liegen, aber es wird immer noch die gleichen Schwachstellen geben, die es ermöglicht haben, dass ein kleiner Ausbruch zu einer globalen Pandemie wurde.“

„Wir brauchen einen generationenübergreifenden Vertrag“

Eine starke WHO müsse auch finanzizell gut aufgestellt sein, stellte Ghebreyesus fest und appellierte an die Mitglieder, sich auf ein gemeinsames und nachhaltiges Finanzierungsmodell einzulassen. COVID-19 habe gezeigt, dass kollektives Handeln erforderlich ist, um adäquat auf gesundheitliche Notfälle zu reagieren. „Wir brauchen eine generationenübergreifende Verpflichtung, die Haushalts-, Wahl- und Medienzyklen überdauert und einen übergreifenden Rahmen schafft, um mehr globale Gesundheitssicherheit zu schaffen“, betonte er. Ein solcher Vertrag würde einen verbesserten Austausch, Vertrauen und Rechenschaftspflicht fördern und eine solide Grundlage bieten, auf der die globale Gesundheitssicherheit aufbauen kann. 

Uruguay

AHA-REgeln? nein danke!

Nachdem es bislang kaum Infektionen gab, die längere Einschränkungen nötig gemacht hätten, explodieren aktuell die Zahlen. Bis zum 2. Juni infizierten sich 8,6 Prozent der 3,6 Millionen Einwohner. Die Letalitätsrate lag bei 1,4 Prozent, die 7-Tage-Inzidenz bei 752 (Nachbarland Argentinien: 509).

Die Situation entwickelt sich dynamisch, obwohl die Impfkampagne im Land sehr erfolgreich ist: Zum 1. Juni 2021 waren 52,9 Prozent der Einwohner einmal geimpft, 29,9 Prozent erhielten bereits beide Impfdosen. Verantwortlich gemacht für die Infektionswelle wird in Medienberichten neben der hohen Ansteckbarkeit der brasilianischen Virusvariante P1 (nach neuer WHO-Benennung „Gamma“) der laxe Umgang der Bevölkerung mit Abstands- und Hygieneregeln.

Großbritannien

Delta breitet sich aus

Die Briten haben riesige Impferfolge zu verzeichnen – bis Ende Mai waren 59 Prozent erst- und 31,1 Prozent vollständig geimpft. Trotzdem breitet sich im Vereinigten Königreich die Virusvariante „Delta“ (vormals B.1.617.2 oder „indische Variante“) weiter aus. Inzwischen sind 75 Prozent der SARS-CoV-2-Infektionen in Großbritannien auf diese Variante zurückzuführen. Führende Wissenschaftler halten es für möglich, dass das Land schon kurz vor einer neuen Infektionswelle steht. Die Infektionsrate lag am 2. Juni bei nur 6,7 Prozent, die Letalitätsrate bei 2,8 Prozent – und die 7-Tage-Inzidenz mit 32 etwa auf dem Niveau Deutschlands, obwohl die Corona-Maßnahmen bereits erheblich gelockert worden waren. Die britische Regierung hat für Mitte Juni angekündigt, über das weitere Vorgehen informieren. 

China

0,007 Prozent Infektionsrate

Seit Mitte März gab es in China nicht mehr als 50 Neuinfektionen am Tag, wochenlang lag die gerundete 7-Tage-Inzidenz bei null. Mit 682 Millionen Impfdosen wurden in der Volksrepublik mehr als ein Drittel aller Dosen weltweit verabreicht. Möglich gemacht hat das eine in Deutschland schwer vorstellbare Mischung aus politischem Druck und maßgeschneiderten Anreizen. Medienberichten zufolge gibt es zur Erstimpfung Geschenke wie Eier oder Mehl, Einkaufs- oder Kinogutscheine. Laut Johns-Hopkins-Universität lag die Zahl der gemeldeten Infektionen am 2. Juni bei 103.045. Das führt in dem Riesenreich mit rund 1,398 Milliarden Einwohnern zu einer rechnerischen Infektionsrate von 0,007 Prozent, die Letalitätsrate liegt bei 4,7 Prozent.

Schweden

Sonderweg mit offenem Ende

Die Schweden haben sich in der Pandemie einen besonderen Ruf erworben. Zu keinem Zeitpunkt gab es eine Maskenpflicht oder einen harten Lockdown. Ab Juni werden die Einschränkungen des öffentlichen Lebens nun schrittweise gelockert. Es sind wieder mehr als acht Teilnehmer bei Zusammenkünften und Veranstaltungen erlaubt, in Innenräumen mit festen Sitzplätzen (wie etwa Kinos) dürfen 50 Personen zusammenkommen, bei Veranstaltungen unter freiem Himmel 500. Fitnessstudios, Friseursalons, Kinos, Kindergärten und Schulen bis zur neunten Klasse blieben die ganze Zeit geöffnet.

Das Robert Koch-Institut klassifiziert Schweden seit dem 7. März unverändert als Hochinzidenzgebiet. Am 2. Juni lag die 7-Tage-Inzidenz bei 40,6. Seit Pandemiebeginn infizierten sich der Johns-Hopkins-Universität zufolge 10,6 Prozent aller Schweden (in Deutschland: 4,4 Prozent) mit SARS-CoV-2. Die Letalitätsrate lag bei 1,4 Prozent (Deutschland: 2,4) .

Beim Impftempo liegt das Land mit Deutschland etwa gleichauf: Bis zum 2. Juni wurden 44,2 Prozent der Schweden über 18 Jahre einmal, 22,6 Prozent zweimal geimpft (Deutschland: 48,2/16,9 Prozent).

Globale Forschung zu COVID-19

Seit März 2020 wird auf der ganzen Welt zum neuartigen Coronavirus geforscht, viele zentrale Wissenslücken wurden seitdem geschlossen, es gibt mehr Klarheit über die Prävalenz von COVID-19, sichere und wirksame Impfstoffe wurden in Rekordzeit entwickelt und potenzielle Therapeutika evaluiert. Die globale Forschung konzentriert sich auf diese zehn Themen:

1. Ursprung des Virus an der Schnittstelle zwischen Mensch und Tier:

Studien untersuchen die Fähigkeit von SARS-CoV-2, Tiere zu infizieren, und bewerten das Übertragungspotenzial über die Nahrungskette.

2. Virologie, Übertragung und Diagnostik:

Ziel war, den Einsatz von Antigenschnelltests zu erleichtern und Daten zum Infektionsgeschehen zu liefern, um politische Entscheidungsprozesse zu unterstützen.

3. Epidemiologische Studien:

Seroepidemiologische Studien in verschiedenen Settings wurden in mehr als 70 Ländern durchgeführt. Die Epidemiologie hat zu einem tieferen Verständnis der Übertragungswege, der die Ausbreitung begünstigenden Rahmenbedingungen und der Wirksamkeit öffentlicher Schutzmaßnahmen geführt. Die Forschung hat auch die laufende Bewertung der SARS-CoV-2-Varianten und der Impfprogramme untermauert.

4. Klinische Charakterisierung und Management:

Es wurde eine globale klinische Datenplattform entwickelt, die anonymisierte Patientendatensätze aus mehr als 40 Ländern enthält. Schnelle Evidenzbewertungen sind in „lebende Richtlinien“ für COVID-19-Therapien eingeflossen.

5. Infektionsprävention und -kontrolle (IPC):

Mehrere Studien wurden durchgeführt, um die Folgen von Kontrollmaßnahmen in klinischen und kommunalen Umgebungen zu bewerten. Studien haben sich auch auf die Optimierung des Einsatzes von persönlicher Schutzausrüstung (PSA) konzentriert.

6. Therapie-Forschung:

Studien konnten verwertbare Daten über wirksame (Steroide, IL6-Inhibitoren) und unwirksame Therapien (Hydroxychloroquin, Lopinavir/Ritonavir, Interferon beta 1-a SC, Rekonvaleszenzplasma, Azithromycin) liefern.

7. Impfstoffe:

Mehr als zehn große Studien haben starke Wirksamkeitsdaten geliefert – viele Impfstoffe werden jetzt in verschiedenen Teilen der Welt eingesetzt.

8. Ethik:

Wesentliche Leitlinien wurden gemeinsam entwickelt, einschließlich einer schnellen Überprüfung der Forschung und Leitlinien zur Ethik für die Zuteilung und Priorisierung von Interventionen.

9. Sozialwissenschaft:

Ziel ist eine partizipatorische und gemeinschaftszentrierte Praxis im Fall neu auftretender Krankheitserreger.

10. Forschung zur Entstehung von SARS-CoV-2 (neu)

ck/mg

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