Rechtstipps für den Arbeitgeber

Lohnfortzahlung, wenn der Mitarbeiter wegen seines kranken Kindes ausfällt?

Bernhard Fuchs
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Marcel Nehlsen
Wenn Mütter oder Väter nicht zur Arbeit kommen können, weil sie sich um ihr krankes Kind kümmern müssen, stellt sich die Frage: Wer muss den hierdurch entstehenden „Schaden“ tragen? Der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer oder der Staat?

In Corona-Zeiten, in denen auch Kitas, Schulen und der Hort im Lockdown sind, das Kind wegen angeordneter Quarantäne zu Hause bleiben muss oder selbst erkrankt, rückt die Frage nach der Lohnfortzahlung der Eltern verstärkt in den Vordergrund.

Bei Kindern, die das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, gelten folgende Regelungen:

1. bei Krankheit des Kindes
2. bei Ausfall von Hort, Kita, Schule
3. bei Quarantäne des Kindes

Wenn § 616 BGB abbedungen wurde

Zu 1 und 2: Bei gesetzlich Krankenversicherten zahlt der Arbeitgeber nichts. Die Krankenkasse zahlt das „Kinderkrankengeld“, gekürzt um die abzuführenden Sozialversicherungsbeiträge, direkt an den Arbeitnehmer aus. Das sind in der Regel circa 67 Prozent des Nettogehalts. Mitunter greifen Ausnahmeregelungen, die aber hier nicht dargestellt werden.

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Siehe hierzu den Beitrag zur Regelung bei Ausfall eines Arbeitnehmers wegen Quarantäne in der zm 5/2021, S. 56.

Zu 3: Hier zahlte bisher der Arbeitgeber 67 Prozent des Nettogehalts weiter. Dieser Aufwand wurde ihm auf Antrag nach § 56 IfSG von der zuständigen Behörde, meist von den Bezirksregierungen, erstattet. Das ist derzeit nur bis zum 31. März 2021 vorgesehen. Seit dem 5. Januar 2021 können gesetzlich versicherte Arbeitnehmer stattdessen das „Kinderkrankengeld“ für gesetzlich versicherte Kinder direkt von ihrer Krankenversicherung wählen (so wie bei 1 und 2).

Wenn § 616 BGB nicht abbedungen wurde

Zu 1 und 3: Der Arbeitgeber zahlt voll weiter und erhält in der Regel keine Erstattungen. In manchen Bundesländern erstatten die zuständigen Behörden dennoch dem Arbeitgeber die Kosten. Sie ziehen hierbei meist vier oder fünf Arbeitstage ab, die der Arbeitgeber nach Ansicht der Behörden aufgrund des nichtausgeschlossenen § 616 BGB selber zahlen muss.

Erstreckt sich der Arbeitsausfall des Arbeitnehmers aber über mehr als einige Tage und die Behörde zahlt Ihnen nichts, sollten Sie sich auf den Standpunkt stellen, dass § 616 BGB insgesamt nicht zur Anwendung kommt. Ist dies der Fall, treten die gleichen Rechtsfolgen ein, wie wenn § 616 BGB wirksam abbedungen worden wäre.

Kinderkrankengeld

Was das Krankengeld bei einer Erkrankung des Kindes nach § 45 SGB V betrifft („Kinderkrankengeld“), gilt bei gesetzlich krankenversicherten Personen: Bei einer Erkrankung des Kindes ist ein ärztliches Zeugnis erforderlich, dass der Arbeitnehmer zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege der Arbeit fernbleiben muss, da keine andere im Haushalt lebende Person das Kind beaufsichtigen kann. Wenn das Kind behindert oder auf fremde Hilfe angewiesen ist, gilt dies für Kinder ohne Altersbeschränkung.

Ein Anspruch auf Kinderkrankengeld besteht pro Kalenderjahr für jedes Kind längstens 10 Arbeitstage, für Alleinerziehende längstens 20 Arbeitstage. Insgesamt besteht der Anspruch auf Kinderkrankengeld für einen Elternteil maximal 25 Arbeitstage und für Alleinerziehende maximal 50 Arbeitstage pro Kalenderjahr.

Allerdings gilt für 2021 eine Sonderregelung: In diesem Jahr besteht Anspruch auf Kinderkrankengeld für jedes Kind längstens 20 Arbeitstage, für Alleinerziehende längstens 40 Arbeitstage pro Kind. Insgesamt werden einem gesetzlich Krankenversicherten jedoch nicht mehr als 45 Arbeitstage, für Alleinerziehende maximal 90 Arbeitstage gezahlt.

Diese Regelung gilt im Kalenderjahr 2021 auch dann, wenn Einrichtungen zur Betreuung von Kindern, Schulen oder Einrichtungen für Menschen mit Behinderung aufgrund behördlicher Anordnung aus Infektionsschutzgründen vorübergehend geschlossen werden oder wenn dem betroffenen Kind untersagt wird, diese Einrichtungen zu betreten. Dies ist den gesetzlichen Krankenkassen in geeigneter Weise nachzuweisen.

Gesetzlich Krankenversicherte haben für die Zeit des Anspruchs auf Kinderkrankengeld gegenüber ihrem Arbeitgeber einen Anspruch auf unbezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung. Besteht jedoch ein Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber auf bezahlte Freistellung, zum Beispiel, wenn § 616 BGB anzuwenden ist, geht dieser vor. Die vorgenannten Freistellungsansprüche können nicht durch einen Vertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausgeschlossen oder beschränkt werden.

Den Anspruch auf unbezahlte Freistellung haben auch Arbeitnehmer, die nicht gesetzlich krankenversichert sind.

Fazit

Auch im Hinblick auf die vorgenannten Ausfallmöglichkeiten sollte die Anwendung des § 616 BGB grundsätzlich ausgeschlossen werden. Der Arbeitnehmer hat dadurch einen kleinen Nachteil. Dies rechtfertigt es nach unserer Ansicht aber nicht, dass Sie als Arbeitgeber den vollen Schaden allein tragen sollten.

Den Autoren ist wohlbekannt, dass derzeit gute Mitarbeiter für Zahnarztpraxen rar sind. Sie sollten deshalb mit Fingerspitzengefühl an die oben genannte Vereinbarung herangehen. In aller Regel lässt sich in einem Vieraugengespräch ein einvernehmliches, individuelles „Arrangement“ finden.

Bernhard Fuchs

Kanzlei Fuchs & Martin, Volkach
Steuerberater / Rechtsanwälte
Zahnärzteberatung
B.Fuchs@fuchsundmartin.de

Marcel Nehlsen

Steuerberater, Diplom-Finanzwirt & Fachberater für das Gesundheitswesen
Kanzlei Laufenberg Michels und Partner, Köln
Nehlsen@laufmich.de

Bernhard Fuchs

Kanzlei Fuchs & Stolz, Volkach
Steuerberater
Zahnärzteberatung

Marcel Nehlsen

Steuerberater, Diplom-Finanzwirt &
Fachberater für das Gesundheitswesen
Kanzlei Laufenberg Michels und Partner, Köln

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