Gründen in Corona-Zeiten – Teil 7

„Für die Harmonie im Team habe ich bewusst das ‚Du‘ eingeführt!“

Über zwei Jahre haben die zm Praxisgründer Philipp Tavrovski begleitet, rund ein halbes Jahr nach der Eröffnung fragen wir nach: Was hat geklappt und was (noch) nicht? Er ist happy mit seinem Team und hat einen Endodontologen an seiner Seite, der das Leistungsspektrum ergänzt. Gerade diese eher seltene Kombination kommt wohl bei den überweisenden Kollegen besonders gut an, vermutet der Oralchirurg.

Das erste Fazit fällt zufriedenstellend aus: Die Auslastung liegt aktuell zwar nur bei rund 60 Prozent, ist damit aber voll und ganz im Plan. „Spätestens wenn das Sommerloch vorbei ist, werden die Zahlen automatisch weiter nach oben gehen“, versichert der Gründer.


Sein Instagram-Kanal erhält viel Aufmerksamkeit von Bewerbern und Patienten, auch von Kolleginnen und Kollegen. Die Google-Bewertungen sind bislang tadellos. Das macht ihn auch stolz. „Ich habe niemanden darum gebeten, eine Meinung dort abzugeben, das ist alles die Eigeninitiative der Patienten und zeigt mir, dass unsere Anstrengungen gut ankommen!“ Die Arbeit trägt erste Früchte – und die schmecken nach der anstrengenden Planungs- und Gründungsphase besonders süß.

Erst erschwerte die Pandemie die Gründung, nun spürt natürlich auch er die Kaskade von Energiekrise, Inflation und Lieferengpässen. Einiges gibt es derzeit gar nicht am Markt, anderes ist viel teurer als kalkuliert. „Als Gründer tut man daher gut daran, von Anfang an mehr Budget einzuplanen, denn eine Nachfinanzierung ist immer schwierig“, betont Tavrovski. „Die Bank könnte zu dem Schluss kommen, es läuft nicht richtig. Deshalb, wenn möglich, einen Puffer von 10 bis 15 Prozent der Gesamtsumme einplanen“, rät er.

In den ersten Monaten hat er im Realitätscheck alle Materialien und Instrumente auf deren Praktikabilität geprüft. Auch die Umsatzzahlen und die laufenden Kosten sind nun endlich nachvollziehbar. 

„Ich kann eine moderne Praxis bieten!“

Dass ihm das Thema Personal wenig Stress macht, überrascht Tavrovski selber. Sein „Mundreich“ avanciert quasi fast von selbst zur Arbeitgebermarke. „Instagram hilft sehr – den ersten Eindruck bekommt man heute einfach über Social Media. Und man sollte wissen, dass die ZFA untereinander gut vernetzt sind. Viele Suchende wollen in einer modernen Praxis arbeiten. Das kann ich bieten“, erzählt Tavrovski. „Für die Harmonie im Team habe ich bewusst das ‚Du‘ eingeführt – wir pflegen eine flache Hierarchie.“ Dass er selber ein relativ junger Chef ist, helfe ihm dabei. „Das war aber ein Experiment – das Duzen muss zur Gründerin oder zum Gründer passen!“

Allerdings hat er als Inhaber auch schon die erste schwierige Personalentscheidung treffen müssen: Eine Mitarbeiterin hatte sich auch nach wiederholten Feedback-Gesprächen nicht optimal ins Team einfügen können. „Ich musste mich dann dazu entschließen, dass wir uns von ihr trennen. Das war zwar die logische Konsequenz, dennoch nicht einfach, weil ich gesehen habe, wie enttäuscht sie war.“ Man wächst mit seinen Aufgaben – Tavrovski weiß inzwischen, was das bedeutet. Dieser Mitarbeiterin zu kündigen, um den Teamgeist nicht zu gefährden, war letztlich jedoch eine Entscheidung für ein gutes Praxisklima, so sein Resümee.

Richtig gefreut hat er sich über eine Bewerbung: Sipan Temiz ist erfahren in der Chirurgie und hatte gezielt nach einer passenden Praxis gesucht. Über Instagram ist er auf das „Mundreich“ gestoßen. Seine Initiativbewerbung kam gerade, als die andere ZFA ging. „Jetzt habe ich auch einen Mann als Assistenz an meiner Seite. Das trägt noch mal zum harmonischen Teamgefüge bei.“ 

Die männliche Assistenz trägt zur Harmonie bei

Tavrovski legt Wert darauf, mit seinen Konkurrenten gut auszukommen – statt sich von ihnen stressen zu lassen. Deshalb lädt er sie proaktiv in seine neue Praxis ein. „Es gibt genug Patienten für uns alle! Ich finde es gut, dass wir jungen Kollegen und Kolleginnen netzwerken und uns nicht gegenseitig schlechtmachen.“

Seine Praxis war natürlich nicht vom ersten Tag an ausgelastet. Immer noch sind volle Tage selten, doch es kommen stetig weitere Patienten von Überweisern hinzu. „Die Akquise dafür ist mitunter sehr anstrengend und zeitaufwendig“, berichtet Tavrovski. „Der persönliche Kontakt vor Beginn einer Kooperation ist besonders wichtig, daher besuche ich zurzeit viele Kollegen in deren Praxen und stelle mich vor. Oft lerne ich dabei die Sorgen und Wünsche der anderen kennen und versuche mit dieser Kenntnis, genau das anzubieten, was die Kollegenschaft sucht.“


Viele Praxen haben schon ein Netzwerk, ihnen muss er zeigen, dass sich eine Zusammenarbeit mit ihm trotzdem lohnt. Die positiven Rückmeldungen bestätigen dem jungen Gründer, dass der eingeschlagene Weg der richtige ist. Er will seine Erfahrungen auf jeden Fall weiter teilen – deshalb geht er nun auch in die Standespolitik. „Ich habe richtig Lust, aktiv mitzugestalten und den eigenen Berufsstand voranzubringen.“

Meine Tipps

Nach der Gründungsphase und den ersten sechs Monaten kann ich allen neuen Praxischefinnen und -chefs ans Herz legen:

  • Kalkuliere lieber großzügiger als dass du später mit einer Nachfinanzierung ins Schwitzen kommst.

  • Gleiche immer wieder den Businessplan ab!

  • Keine Angst vor der Kaltakquise, auch wenn sie mühsam erscheint.

  • Baue ein Netzwerk aus Mitstreitern statt eine Mauer aus Konkurrenten.

  • Lass Dich nicht runterziehen, wenn es am Anfang noch nicht so klappt mit der Auslastung – der Patientenstamm muss erst wachsen.

  • Pflege Instagram als einen Kanal für potenzielle Bewerber und Patienten.

  • Frage bei den Überweiser-Kollegen nach einem Feedback der Patienten.

  • Triff Entscheidungen für die Teamdynamik!

  • Denke daran: Die Stimmung im Team überträgt sich auf die Patienten.

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