IKK Plattform Gesundheit

Gesundheitskioske sind kein Allheilmittel

Wie sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach das vorstellt, auf die bestehenden Beratungsangebote einfach einen Gesundheitskiosk aufzusatteln, funktioniert nicht. Darin waren sich auf einer IKK-Veranstaltung Mitte März die Experten einig. Aber was ist die Alternative?

Die per Video zugeschaltete parla­mentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium (BMG), Sabine Dittmar (SPD), erläuterte das BMG-Konzept von rund 1.000 geplanten Kiosken näher: Gesundheitskioske seien als Instrument zu verstehen, um die Menschen in die richtigen Versorgungsebenen zu lotsen. Wichtig sei, Versorgungsbrüche zu überwinden und dabei niedrigschwellig vorzugehen, sagte Dittmar. Die Arbeit der Primärversorgung solle aber nicht ersetzt werden. Dem Aufbau von Parallelstrukturen erteilte Dittmar eine klare Absage, ebenso der Forderung der Kassen nach einer Finanzentlastung.

IKK-Chef Hans-Jürgen Müller sagte, die im Eckpunktepapier genannten Aufgaben seien nur teilweise Aufgabe der GKV. Es könne nicht sein, dass die GKV pauschal 74,5 Prozent der Kosten für die Kioske übernehmen soll und die restlichen Kosten auf die PKV mit 5,5 Prozent und die Kommunen mit 20 Prozent verteilt sind. Gesundheitskioske würden vielmehr der Daseinsvorsorge dienen – ergo eine Aufgabe des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, die von den Ländern und Kommunen finanziert werden müsse.

Aus Sicht der Stadt- und Raumplanung sagte Heike Köckler, Professorin für Sozialraum und Gesundheit am Bochumer DoCH Department of Community Health der Hochschule für Gesundheit: Gesundheitskioske müssten Community-spezifische Ansätze berücksichtigen und könnten nicht in einem allgemeinen Franchise-System aufgesetzt werden. Unverzichtbar sei auch die interprofessionelle Zusammenarbeit aller Akteure vor Ort.

Für Anselm Lotz, Verwaltungsratsvorsitzender der IKK Brandenburg und Berlin, ist das von BMG vorgelegte Konzept noch nicht ausgereift. Er fordert ein an den Bedarfen ausgerichtetes Gesamtkonzept. „Wir sollten die Versicherten fragen, ob sie die Idee des Gesundheitskiosks gut finden, da sie das Projekt schließlich auch bezahlen sollen“, schlug er vor.

„Woher soll das Fachpersonal kommen?“

Prof. Dr. Lutz Hager, Vorsitzender des Bundesverbandes Managed Care (BMC), wies darauf hin, dass die gesundheitlichen Chancen ungleich verteilt seien. Der Vorteil von Gesundheitskiosken: Sie zielten genau dorthin, wo Gesundheitsbotschaften noch nicht angekommen sind. Dennoch warnte er vor Doppelstrukturen. Sein Plädoyer: niedrigschwellige Angebote zu prüfen, zum Beispiel auch alternative, bereits existierende Strukturen wie etwa Gesundheitslotsen.

Dr. Markus Beier, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes, sprach sich ebenfalls für Kioske aus, warnte aber: „Wo soll für 1.000 Kioske das Fachpersonal herkommen, ohne dass man sich wechselseitig kannibalisiert?“ Er mache sich zwar keine Sorgen, dass Hausärzte überflüssig werden, befürchte aber, dass ohnehin knappes Personal durch neue Strukturen abgezogen werde.

Zum Schluss umriss IKK-Geschäftsführer Jürgen Hohnl noch einmal die Rolle der Krankenkassen: Die Kassen seien schon an vielen Beratungsangeboten beteiligt und verfügten über eine breite Datenbasis, die für die Versorgung ihrer Versicherten genutzt werden könne. Er frage sich, warum die Politik der gesetzlichen Krankenversicherung wieder einmal nur die Rolle des Payers statt des Players zugedacht habe.

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