Positionspapier des Arbeitskreises Ethik der DGZMK zur Zusammenarbeit von Zahnärzten und Zahntechnikern

Weiterhin gemeinsam erfolgreich mit klarer Aufgabenverteilung

Seit vielen Jahren arbeiten Zahnärztinnen und Zahnärzte mit Zahntechnikerinnen und Zahntechnikern zum Wohle der Patienten erfolgreich zusammen. Dennoch werden bisweilen zahnärztlich-medizinische Aufgaben unzulässigerweise an Zahntechniker delegiert beziehungsweise von diesen übernommen. Teilweise aus Unkenntnis, teilweise aber auch unter bewusster Vorteilsnahme. Neben den juristischen Problemen werden dabei grundlegende ethische Prinzipien zulasten der Patientensicherheit ignoriert.

Die Zusammenarbeit der zahnärztlichen und der zahntechnischen Berufsgruppen verlangt sowohl zahnärztlich-medizinische Kompetenz und Erfahrung als auch materialkundliches sowie technologisches Wissen und die fachlich korrekte handwerkliche Umsetzung. Dafür ist eine präzise Aufgabentrennung zwischen beiden Berufsgruppen unabdingbar, die sich streng an den erworbenen Qualifikationen der Beteiligten im Rahmen der zahnärztlichen Approbationsordnung beziehungsweise der zahntechnischen Ausbildungsordnung auszurichten hat.

„Wenngleich sich die Zusammenarbeit im überwiegenden Maße an diesen Grundsätzen ausrichtet, werden bisweilen zahnärztlich-medizinische Aufgaben unzulässigerweise an Zahntechniker delegiert beziehungsweise von diesen übernommen. Zusätzlich werden zahnärztliche Leistungen von Zahntechnikern initiiert und selbstständig ausgeführt“, schreibt der Arbeitskreis Ethik der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund und Kieferheilkunde (DGZMK) in einem jetzt veröffentlichten Positionspapier. Teilweise geschehe dies aus Unkenntnis, teilweise aber auch unter bewusster Vorteilsnahme seitens der Zahnärztinnen und Zahnärzte beziehungsweise der Zahntechnikerinnen und Zahntechniker. Das Ausnutzen der Abhängigkeit des Zahntechnikers durch den Zahnarzt sowie des Vertrauens der Patienten habe bereits zu „einer bedenklichen Entwicklung innerhalb beider Berufsgruppen geführt“.

Vor diesem Hintergrund sei es das Anliegen des vorliegenden Positionspapiers, die Sensibilität der Zahntechnikerinnen und Zahntechniker sowie der Zahnärztinnen und Zahnärzte für die Besonderheiten und für die konsequente Einhaltung der gebotenen Abgrenzung der praktizierten Zusammenarbeit zu erhöhen.

So bitte nicht!

Beispiele unzulässiger Tätigkeiten durch Zahntechnikerinnen und Zahntechniker:

  • selbstständiges Herstellen von dentalen Schienen jeder Art ohne zahnärztlichen Auftrag (zum Beispiel Funktion, KFO, Schnarchen)

  • Durchführung eigeninitiierter Reparaturen

  • Beratung des Patienten bezüglich seiner prothetischen Versorgung

  • Präparation von natürlichen Zähnen (Körperverletzung)

  • Werbung mit der Übernahme zahnärztlicher Leistungen


Beispiele unzulässiger Delegation an Zahntechnikerinnen und Zahntechniker:

  • manuelle, instrumentelle und ästhetische Diagnostik (Ausnahme: Bestimmung der Zahnfarbe), Relationsbestimmungen

  • intraorale Abformungen jeder Art

  • Wachs- und Gerüsteinproben jeder Art

  • Abnehmen und Wiedereinsetzen oder intraorale Herstellung von Provisorien

  • Eingliederung von abnehmbarem und festsitzendem Zahnersatz (inklusive Implantatteilen)


Beispiele für Korruptions- und Vorteilsnahmepraktiken:

  • das kostenfreie Zurverfügungstellen von Materialien oder technischem Equipment, etwa Artikulatoren, instrumentelle Funktionsanalysetools, digitale Intraoralscanner, Planungsanalysen oder Ähnliches

  • über das Skonto hinausgehende Rabatte, die nicht an den Patienten weitergegeben werden,

  • unentgeltliche Dienstleistungen des Labors, die originäre Aufgaben der Zahnarztpraxis sind (Unterstützung bei oder Übernahme von Zahnersatzabrechnungen, Finanzierungsdienstleistungen, Finanzierungskostenbeteiligungen oder Ähnliches)


Folgende Motive können dafür verantwortlich sein:

  • Die Zahnarztpraxis fordert solche Praktiken ein oder nimmt sie in Unkenntnis der Rechts- und Problemlage an.

  • Das zahntechnische Labor bietet von sich aus derartige Praktiken an oder sieht sich dazu gezwungen.

Transparente Regeln, konsequente Abgrenzung

Im Positionspapier wird festgehalten: „Die Gesamtverantwortung für jede zahnmedizinische Behandlung liegt ausschließlich beim zahnärztlichen Behandler. Nach dem Zahnheilkundegesetz (ZHG) setzt die zahnärztliche Tätigkeit eine zahnärztliche Approbation voraus. Allein diese berechtigt und befähigt zur Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten (§ 1 Abs. 3 ZHG) im Rahmen der zahnmedizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse. Neben der Übernahme der Gesamtverantwortung ist der Zahnarzt auch zur persönlichen Leistungserbringung verpflichtet.“

Und weiter: „Eine Delegation originär zahnärztlicher Aufgaben an Zahntechnikerinnen und Zahntechniker ist aus mehreren Gründen ausgeschlossen. Das selbsttätige Handeln eines Zahntechnikers am stomatognathen System eines Patienten ist von der handwerklichen Ausbildung des Zahntechnikers nicht gedeckt. Der Zahntechniker ist insbesondere nicht befähigt, mögliche Schadensrisiken seiner Arbeit am Patienten zu erkennen sowie im Schadensfall medizinisch adäquat einzugreifen. Auch eine Substitution von zahnärztlichen Leistungen ist nicht möglich, da auf diese Weise die Verantwortung für die durchgeführten Leistungen unzulässigerweise auf Dritte übertragen werden würde. Zu beachten ist, dass zwischen Zahntechniker und Patient kein Vertragsverhältnis besteht.“

Die besondere moralische Verantwortung des Zahnarztes liege laut den Autorinnen und Autoren darin, „sein ganzes Wissen und seine Erfahrung zu nutzen, um seine Patienten vor möglichen körperlichen und seelischen Schäden zu schützen und manchmal unvermeidbare Schadensrisiken professionell zu erkennen, abzuwägen und auf diesem Wege so gering wie möglich zu halten“. Die besondere Schutzbedürftigkeit des Patienten verbiete es, die Durchführung zahnärztlicher Tätigkeiten auf nicht zahnärztliche Leistungserbringer zu übertragen und die Verantwortung an sie abzugeben.

„Der Patient und sein gesundheitliches Wohl stehen an oberster Stelle“, stellt der Arbeitskreis Ethik klar. Die Verantwortung des Zahnarztes für den Patienten verbiete es ihm, einem möglicherweise bestehenden Patientenwunsch nach Übernahme und Durchführung zahnärztlicher Maßnahmen in einem zahntechnischen Labor nachzukommen. „Dem Patienten sollte im Rahmen der Aufklärung bewusst gemacht werden, dass Behandlungsmaßnahmen welcher Art auch immer nicht delegierbar sind und es somit illegal sowie risikobehaftet ist, wenn ein Zahntechniker diese übernimmt“, heißt es. Sie dürfen daher auch vom Patienten zu seinem eigenen Schutz nicht autorisiert werden. „Dabei ist zu betonen, dass eine derartige Einschränkung des Patientenwunsches nicht die Autonomie des Patienten tangiert, da nur innerhalb des gegebenen normativen (juristischen und ethischen) Rahmens indizierte Maßnahmen zustimmungsfähig sind“, betonen die Autorinnen und Autoren. „Die Patientenautonomie würde hingegen dann untergraben werden, wenn der Zahnarzt wider besseres Wissen zahnärztliche Behandlungen beim Patienten durch einen Zahntechniker anordnet oder duldet und den Patienten dabei arglos lässt.“

Vorsicht bei „optimierten“ Betriebsabläufen

Eine zahnärztliche Vorteilsnahme durch die Optimierung von Betriebsabläufen oder der Wirtschaftlichkeit der Zahnarztpraxis zulasten des Zahntechnischen Labors ist laut Positionspapier ebenfalls auszuschließen. Zahnärztliche Aufträge für extra- oder intraorale Maßnahmen zur Diagnostik oder im Rahmen der Therapie dürfen vom Zahntechniker weder angenommen werden noch darf der Zahnarzt solche Maßnahmen einfordern. „Keinesfalls darf vor diesem Hintergrund der Zahntechniker in seinem Abhängigkeitsverhältnis zum Zahnarzt genötigt werden, ihm untersagte Tätigkeiten oder Dienstleistungen nur aus Sorge um seine wirtschaftliche Existenz zu erbringen“, hält der Arbeitskreis Ethik fest. Die selbstverständliche Ablehnung derartiger Aufgaben durch den Zahntechniker dürfe nicht zu seinem wirtschaftlichen Nachteil führen.

Wenn Zahnärzten aufwendige technische Hilfsmittel von dem zuarbeitenden Dentallabor (gegen ein angemessenes Nutzungsentgelt) angeboten oder zur Verfügung gestellt werden, muss die Anwendung am Patienten durch den Zahnarzt erfolgen, den wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen und für die Qualität der Versorgung von Nutzen sein. „Der Zahnarzt muss in der Lage sein, die Geräte und Technologien fachgerecht zu nutzen und selbstständig einzusetzen. Eine Nutzung der Hilfsmittel durch den Zahntechniker direkt am Patienten ist unzulässig“, schreiben die Autorinnen und Autoren. Gleichzeitig dürfe die Nutzung von zur Verfügung gestellten Hilfsmitteln nicht mit persönlichen Vorteilen für den Zahnarzt oder Kick-back-Zahlungen verbunden sein.

Abschließend halten die Autorinnen und Autoren fest: „Oberstes Primat der konstruktiven Zusammenarbeit von Zahnärztinnen und Zahnärzten sowie Zahntechnikerinnen und Zahntechnikern ist das Patientenwohl. Hierzu ist es unerlässlich, dass die moralischen Grundsätze der beteiligten Berufsgruppen eingehalten werden.“

Ausblick: Die Digitalisierung macht nicht alles leichter

Der gesellschaftliche Wandel und Fortschritte im Bereich der Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz (KI) verändern diagnostische und therapeutische Möglichkeiten sowie Anforderungen in der Zahnmedizin. „Zukünftig kann davon auch die Zusammenarbeit zwischen Zahnarzt, Zahntechniker und weiteren Berufsgruppen im Rahmen des Workflows verstärkt betroffen sein“, prognostiziert der Arbeitskreis Ethik.

Die zunehmende Digitalisierung von diagnostischen und therapeutischen Prozessen berge unter Umständen „erhebliche Risiken für die Patienten“, warnen die Autorinnen und Autoren. Denn die „vermeintlich intuitive Bedienbarkeit elektronischer Hilfsmittel“ ersetze keinesfalls die zahnärztliche Expertise, da nur durch diese der Nutzen im Verhältnis zu den Risiken der Behandlung erkannt werden kann. Deshalb bedürfe es einer individuellen Prüfung für jeden Patienten durch approbierte Zahnärzte. „Einer gegenteiligen Entwicklung gilt es, nicht zuletzt aus ethischer Sicht mit Blick auf den Patientenschutz zu begegnen“, halten die Autorinnen und Autoren fest.

Unter Berücksichtigung solcher Szenarien müsse es daher die zukünftige Aufgabe sein, klare Abgrenzungen und Verantwortlichkeiten zwischen Zahnmedizin, Zahntechnik und/oder weiteren Dienstleistern zu definieren: „Ethische Betrachtungen und Diskussionen werden in der Zukunft an den vorhandenen oder entstehenden Schnittstellen erheblich an Bedeutung gewinnen und sollten elementarer Bestandteil der Festlegung von Standards sein.“

Das Positionspapier des Arbeitskreises Ethik der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) entstand durch die Zusammenarbeit von Dr. Gero Kroth, Dr. Dirk Leisenberg, Prof. Dr. Ina Nitschke, Prof. Dr. Dietmar Oesterreich, Dr. Eberhard Riedel, Alexander Rinnert, Prof. Dr. mult. Robert Sader.
In Gänze finden Sie das Positionspapier in der Online-Ausgabe der DZZ vom 16. Oktober über die Webseite www.dgzmk.de/dzz.

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