Studie des Centers for Disease Control and Prevention

Warum das Gesundheitspersonal in den USA ausbrennt

In den USA diagnostizierte sich die Hälfte der Beschäftigten im Gesundheitswesen 2022 selbst einen Burn-out. Eine Studie hat nicht nur die aktuellen Zahlen erfasst, sondern die Arbeitsbedingungen ausgemacht, die zur Verschlechterung der psychischen Gesundheit beitragen.

Die Arbeit mit direktem Patientenkontakt sei per se stressig, schreiben die Wissenschaftler des Centers for Disease Control and Prevention (CDC) in ihrer Studie. Die Exposition gegenüber Infektionskrankheiten, die langen Arbeitszeiten und die herausfordernden Interaktionen mit Kollegen, Patienten und deren Familien erzeugten eine chronische Stressbelastung. Diese könne bei fehlender Beteiligung an Entscheidungsprozessen und mangelnder unterstützender Aufsicht schnell zu psychischer Überbelastung führen.

Das habe die COVID-19-Pandemie gezeigt, als die Überbelastung zu einer großen Fluktuation des Gesundheitspersonals führte. „Gleichzeitig sind depressive Störungen eine der Hauptursachen für Arbeitsunfähigkeit und gehen bei Arbeitnehmern mit höheren Fehlzeiten und Präsentismusraten einher", resümieren die Autoren. Krank zur Arbeit zu gehen ist natürlich keine gute Idee: So kam es beim US-Gesundheitspersonal zwischen 2019 und 2020 zu einem Anstieg der arbeitsbedingten Verletzungen und Erkrankungen um 249 Prozent, schreiben die Autoren weiter.

Die empfundene Belastung blieb nach der Pandemie gleich

Die Pandemie habe dabei die bestehenden Risiken und Arbeitsbelastungen aufgrund von Personalmangel, der hohen Patientenbelastung, Versorgungsengpässen, Müdigkeit und Trauer verschärft – und die bereits bestehenden Risiken für Burn-out erhöht. Hinzu kam: Das Gesundheitspersonal sei zunehmend auch Belästigungen, das heißt Drohungen, Mobbing, verbalen Beschimpfungen oder anderen Gewalthandlungen von Patienten und Kollegen ausgesetzt gewesen.

Verglichen werden in der Studie dabei das selbstberichtete Wohlbefinden und die Arbeitsbedingungen des Gesundheitspersonals mit anderen während der Pandemie als systemrelevant bezeichneten Berufen sowie der übrigen berufstätigen US-Bevölkerung in den Jahren 2018 und 2022. Im Ergebnis war die Gesamtzahl der Tage mit selbstberichteter „schlechter psychischer Gesundheit“ in den 30 Tagen vor der Befragung im Jahr 2022 in allen drei Gruppen ähnlich (4,1 bis 4,5 Tage). 

Das Gesundheitspersonal berichtete jedoch von einem deutlichen Anstieg der Tage mit schlechter psychischer Gesundheit. 2018 lag der Wert im Durchschnitt bei 3,3 Tagen, 2022 waren es 4,5 Tage. Im diesem Zeitraum stieg auch der Anteil der Beschäftigten im Gesundheitswesen, die sich „sehr häufig“ ausgebrannt fühlten, von 11,6 auf 19,0 Prozent. Insgesamt gab 2022 fast jeder zweite Befragte (45,6 Prozent) der Beschäftigten im Gesundheitswesen an, „oft“ oder „sehr oft“ Burn-out-Symptome zu verspüren.

Dazu passt: 44,2 Prozent der Beschäftigten im Gesundheitswesen gaben an, dass sie im Jahr 2022 eher oder sehr wahrscheinlich nach einem neuen Arbeitsplatz suchen. Im Unterschied dazu ging die Kündigungsabsicht bei allen anderen Arbeitnehmern von 18,6 auf 13,7 Prozent zurück.

Die Zahl der angezeigten Belästigungen steigt

Die Beschwerden des US-Gesundheitspersonals über Belästigungen am Arbeitsplatz haben sich der Studie zufolge mehr als verdoppelt: von 6,4 Prozent im Jahr 2018 auf 13,4 Prozent im Jahr 2022. Die Werte stiegen damit stärker als in den anderen systemrelevanten Berufen (7,9 und 10,8 Prozent) und in der übrigen berufstätigen Bevölkerung (7,0 und 6,6 Prozent). Der Aussage, dass sie dem Management vertrauen, stimmten 2022 nur noch 78,2 Prozent zu, 2018 waren es noch 83,9 Prozent. Das Gefühl, dass die Arbeitsbedingungen die Produktivität fördern, sank beim Gesundheitspersonal von 2018 bis 2022 von 30,4 auf 16,2 Prozent, deutlich stärker als in den beiden übrigen Gruppen. Über eine Arbeitsverdichtung infolge des Fachkräftemangels klagten 2022 insgesamt 69 Prozent des Gesundheitspersonals, 7 Prozent mehr als vier Jahre zuvor.

Dabei lag die Wahrscheinlichkeit bei Beschäftigten, die Belästigungen gemeldet hatten, bis zu fünfmal höher, Angstzustände, Depressionen und Burn-out anzugeben, als beim Gesundheitspersonal, das nicht belästigt wurde. Gesundheitspersonal, das berichtete, dass nicht genügend Personal vorhanden sei, hatte eine fast 2-fach höhere Wahrscheinlichkeit für Angstsymptome und eine 2,73-fach höhere Wahrscheinlichkeit, einen Burn-out zu melden.

Die Forschenden schlagen Arbeitgebern vor, die Manager zum Thema psychische Gesundheit und zur Unterstützung von Arbeitnehmern sowie zur Verbesserung der Sicherheitskultur zu schulen, um den Stress der Arbeitnehmer zu reduzieren und ihr Wohlbefinden zu verbessern [Hammer et al., 2023]. 

Die Studie zeige in jedem Fall, dass ein positiveres Sicherheitsklima, zu dem die Priorisierung der psychischen Gesundheit und der Stressprävention durch das Management gehört, mit geringeren Burn-out-Symptomen verbunden ist. Frühere Untersuchungen hatten den Zusammenhang zwischen psychosozialem Sicherheitsklima und einer verringerten Erschöpfung, besserem Wohlbefinden und gesteigertem Engagement bereits belegt [Juutinen et al., 2023]. Gleichzeitig könnten Organisationen ihre Richtlinien ändern, um die Sicherheit zu verbessern und Gewaltandrohungen zu verringern. Arbeitgeber könnten die Beteiligung der Mitarbeiter an Entscheidungsprozessen erhöhen und die Arbeitsbelastung verringern. 

„Es gibt Hinweise darauf, dass die Beachtung solcher schützender Aspekte der Arbeit die Anzahl der Tage mit schlechter psychischer Gesundheit und die Häufigkeit von Burn-out und Fluktuationsabsichten verringern könnte“, bilanzieren die Forschenden. Aktuell gebe es jedoch noch einen Mangel an Interventionsstudien, die sich mit der psychischen Gesundheit von Gesundheitspersonal befassen.

Die CDC-Studie:
Nigam JA et al.: Vital Signs: Health Worker-Perceived Working Conditions and Symptoms of Poor Mental Health – Quality of Worklife Survey, United States, 2018–2022. MMWR Morb Mortal Wkly Rep 2023;72:1197–1205. DOI: dx.doi.org/10.15585/mmwr.mm7244e1

Literaturliste

  • Hammer LB, Allen SJ, Leslie JJ. Occupational stress and well-being: workplace interventions involving managers/supervisors [Chapter 12]. In: Lapierre LM, Cooper C, eds. Cambridge companion to organisational stress and well-being. Cambridge, MA: Cambridge University Press; 2023:389–417

  • Juutinen S. et al., Psychosocial safety climate: measurement and relationship with well-being in a four-wave longitudinal study during remote work. Scand J Psychol 2023;64:504–11. PMID:37092361 doi.org/10.1111/sjop.12917

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