Nicht noch mehr Zeit verstreichen lassen

Heftarchiv Editorial
sr

Das Thema der investorenbetriebenen MVZ wird langsam zur Never Ending Story. Wir erinnern uns: Um Weihnachten 2022 herum versprach Bundesgesundheitsminister Lauterbach vollmundig ein letztes schönes Weihnachten für Finanzinvestoren. Sollte heißen, dass die fetten Jahre durch entsprechende Regulierung wohl bald vorbei sein würden. Passiert ist seitdem genau nichts. Es gab zwar auf Bundesratsebene Vorstöße. Griffige gesetzliche Regelungen vermisst man aber bis heute. In dem kürzlich bekannt gewordenen Entwurf des Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes sucht man diese vergeblich. Es verwundert doch schon, dass die SPD und auch die Grünen dem Turbokapitalismus im Gesundheitswesen an dieser Stelle nicht endlich einen Riegel vorschieben. Bei anderen Gesetzgebungsverfahren ist das Lauterbachsche Ministerium ja durchaus zügig unterwegs. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass die Zahl der iMVZ immer weiter steigt. Die 500er-Marke ist in Sicht. Ende 2022 waren es noch 427. Der Anteil der MVZ in Investorenhand an allen zahnärztlichen Versorgungszentren liegt inzwischen bei knapp einem Drittel. Tendenz steigend.

Die Forderungen zur Regulierung sind hinlänglich bekannt: So fordern die zahnärztlichen Standesorganisationen einen fachlichen und räumlichen Bezug des Trägerkrankenhauses als Gründungsvoraussetzung für MVZ. Außerdem soll es ein iMVZ-Register geben, wo die Inhaberstrukturen zu finden sind, die dann auch auf Praxisschildern zu finden sein sollen, so KZBV und BZÄK.

Natürlich ist iMVZ nicht gleich iMVZ. Wie überall gibt es Unterschiede. Aber die Abrechnungsdaten zeigen insgesamt schon in Richtung Über- und Fehlversorgung bei den iMVZ. Und dort, wo finanzhungrige Investoren dahinterstehen, soll natürlich der Gewinn stimmen. Wohin das führen kann, zeigt ein kürzlich bekannt gewordenes Beispiel aus dem ärztlichen Bereich. So hatte die Augenarzt-Gruppe ARTEMIS ihren angestellten Ärztinnen und Ärzte in einer „Fortbildung zur Gewinnmaximierung“ erklärt, wie man die maximale Marge aus der Behandlung von Privatpatienten herausholen kann. Zwar ist man sich bei ARTEMIS keiner Schuld bewusst, hat aber erst einmal die betroffene Führungskraft „von allen Aufgaben entbunden“. Inwieweit das Ganze möglicherweise wegen des Aufrufs zum Abrechnungsbetrug auch strafrechtlich relevant sein könnte, dürfte geprüft werden. Dass dringender Handlungsbedarf besteht, kann also niemand leugnen. Aber je näher die nächste Bundestagswahl rückt, umso unwahrscheinlicher dürfte eine wirksame Regulierung werden. Deshalb muss zeitnah etwas passieren.

Außerdem beschäftigen wir uns im Titelthema intensiv mit dem schwierigen Thema Kindeswohlgefährdung. Zahnärztinnen und Zahnärzte sind häufig die erste Anlaufstelle bei orofazialen Verletzungen von Kindern. Dann stellt sich die Frage, ob die Verletzungen mit dem geschilderten Unfallhergang übereinstimmen. Wir zeigen, was man tun kann, wenn der Verdacht der Kindeswohlgefährdung besteht. Außerdem gehen wir der Frage nach, ob frühkindliche Karies Kindeswohlgefährdung darstellt.

Und in unserem besonderen Fall begeben sich die Experten auf die Suche nach einem verschwundenen Implantat im Oberkiefer und erläutern Schritt für Schritt dessen Bergung.

Viel Spaß bei der Lektüre

Sascha Rudat
Chefredakteur

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.