Landesarbeitsgemeinschaft Jugendzahnpflege in Hessen

Ein neues Kinderbuch ist ein Hit, vier floppen

Andrea Thumeyer
,
Ute Weber
Die Landesarbeitsgemeinschaft Jugendzahnpflege in Hessen (LAGH) hat die 2023 erschienenen Kinderbücher für Kita-Kinder auf Stimmigkeit in puncto Mundgesundheitsförderung geprüft. Eine Neuerscheinung wurde in die Liste der Empfehlungen aufgenommen, vier fielen durch.

Nach den LAGH-Kriterien zeichnet sich ein Bücherhit dadurch aus, dass das Werk sprachlich und grafisch die Mundgesundheit unter salutogenetischem Ansatz aufgreift und fördert. Das Kind, die Eltern und auch die pädagogischen Fachkräfte sollen durch das Buch ihre Gesundheitskompetenz festigen und steigern können. Wie schon in den Jahren zuvor fällt aber auf, dass die Verantwortung für die Mundgesundheit alleine den Kindern beziehungsweise den Tierheldinnen und -helden zugewiesen wird, anstatt die tragende Rolle der Eltern – das abendliche plaquefrei Putzen der Kinderzähne – hervorzuheben. Daher hat es auch in diesem Jahr kein Buch zum Thema Zahnpflege auf die hessische Hitliste geschafft.

Liebevolle Schnuller-Entwöhnung

Die Neuerscheinung „Lilli Lausemaus braucht keinen Schnuller mehr“ ragt beim Thema Schnuller heraus und wurde daher in die LAGH-Hitliste aufgenommen. Das Buch der Autorin Sophia Witt schafft es, die altersgemäße Entwöhnung vom Schnuller liebevoll darzustellen. In leicht verständlicher Sprache und mit freundlichen Illustrationen von Caterina Giorgetto wird Lili stressfrei bei der Schnuller-Entwöhnung begleitet. Die Kriterien zur Schnullerabgabe „Zeit, Zuwendung, Zärtlichkeit“ der hessischen Jugendzahnpflege werden in diesem Buch perfekt wiedergegeben. Als Zusatzmaterial gibt es ein Mitmachlied zum Thema Schnuller per QR-Code als Download. Das Buch ist im Lingen Verlag unter der ISBN 978-3963472091 erschienen.

Plaquefreies Putzen durch die Eltern fehlt komplett

Das lebendig gestaltete Klappenbuch „Aufgeklappt und viel entdeckt! Beim Zahnarzt" von Daniela Sosa und Tim Cooke gibt einen gelungenen Einblick in den Besuch beim Zahnarzt, die Historie der Zahnmedizin und internationale Bräuche zum Thema Wackelzahn. Dass das Buch trotzdem als „Flop“ bewertet wird, liegt insbesondere an der Darstellung des Zähneputzens. Genannt wird im Text die KAI-­Methode, der Weg der Bürste wird jedoch in Text und Bild als Außenfläche, Innenfläche, Kaufläche dargestellt. Auch die Bewegungen widersprechen der der KAIplus Systematik. Das plaquefrei Putzen durch die Eltern fehlt komplett. Das Buch ist im DK Verlag unter der ISBN 978-3831047574 erschienen.

Zähneputzen ist blöde?!

Auf der Reise in die Welt der Zähne verpasst es die Autorin Inken Krüger im Buch „Noelle findet Zähneputzen blöde“, das Zähneputzen als positive Maßnahme zur Gesundheitsförderung darzustellen. Die Plaque wird als „ekeliger Pelz“ bezeichnet. Die Kariesentstehung wird von der Zahnfee mit drohenden Worten im Stil der Furchtpädagogik vermittelt. Das Kind Noelle ist erschrocken und traurig. Die positive Botschaft: „Zähneputzen macht Spaß und hält den Zahn gesund“ wird mit dieser Art von Pädagogik verfehlt. Positiv ist, dass der Speichel als Reparateur des Zahnes grafisch und im Text dargestellt wird. Das Buch ist im Verlag Zwergenstark erschienen, ISBN: 9783987550591.

Der Zahnarzt als Zerstörer der Baulandschaft

„Der kleine Backenzahn“ von Mario Malagrino wird als „eine amüsante Geschichte, die Kinder ihre Ängste vor dem Zahnarzt überwinden lässt und das Bewusstsein für Zahnpflege vermittelt“ angepriesen. Doch auf die Liste der empfehlenswerten Bücher schaffte es die Neuerscheinung nicht: Neben der Empfehlung, sich immer nach dem Essen und dem Verzehr von Süßigkeiten die Zähne zu putzen, fehlen die Hinweise zur KAIplus Systematik. Die „Kariesbande“ hat sich in den an Karies erkrankten Zahn eine farbenfrohe Bauarbeiterlandschaft gebaut, die vom Zahnarzt bei der Behandlung zerstört wird. Dieses Rollenverständnis – der Zahnarzt als Zerstörer – widerspricht auch den Kriterien der hessischen Gruppenprophylaxe für empfehlenswerte Kinderliteratur. Erschienen ist das Buch Independently published unter der ISBN 979-8377408079.

Vögel picken die Zähne nach jedem Essen sauber

Von Balthasar Alletsee ist das Buch „Josef Geranius: Eine tierische Zahnputzgeschichte“ erschienen. Wie in anderen vergleichbaren Werken auch werden die zahnkranken Tiere mit dicken Backen, traurigen Gesichtern und um den Kopf gebundenen Tüchern und kranken Zähnen dargestellt. Nach erfolgreicher Kariesbehandlung durch den Zahnarzt werden die Essensreste nach jedem Essen von nun an von Vögeln aus dem Tiermaul gepickt. Diese Regel widerspricht den Empfehlungen der hessischen Jugendzahnpflege, die Zähneputzen direkt nach dem Frühstück und nach dem Abendessen vorsehen. Im Zusatzmaterial finden sich Lieder, bei denen die Reihenfolge der morgendlichen Zahnhygiene vertauscht ist und das Frühstück auf das Zähneputzen folgt. Zudem wird „geschrubbt“ ohne Hinweise auf eine Systematik. Zu begrüßen ist die Botschaft, dass Zähne auch mit der Hilfe anderer geputzt werden können, wenn man es selbst (noch) nicht kann. Das Buch ist unter der ISBN 978-3000742347 erschienen und ist aufgrund dieser Widersprüche nicht empfehlenswert.

Die Bücherhit-Liste der LAGH zu Themen der Mundgesundheit sowie die zugrunde gelegten Kriterien sind zu finden unter: www.lagh.de/fileadmin/user_upload/LAGH/Downloads/2024_Kinderbuecher_rund_um_den_Mund.pdf

Dr. Andrea Thumeyer

Zahnärztin im Zahnzauberland in Kriftel und
Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft Jugendzahnpflege in Hessen (LAGH)

Dipl. oec.troph. Ute Weber

Referentin der Landesarbeitsgemeinschaft Jugendzahnpflege
in Hessen (LAGH)
Rhonestr. 4, 60528 Frankfurt am Main

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