Wie erfolgreich sind Lithiumdisilikat-Restaurationen auf lange Sicht?
Als hochfeste Glaskeramik eignet sich Lithiumdisilikat sowohl für Teil- als auch für Vollrestaurationen. Es kann verblendet oder monolithisch verarbeitet, adhäsiv oder konventionell befestigt und sowohl analog im Pressverfahren als auch digital durch Schleifen oder 3D-Druck hergestellt werden. Rein theoretisch kann man sogar dreigliedrige Brücken daraus fertigen, jedoch wird dafür in der entsprechenden Leitlinie lediglich eine offene Empfehlung ausgesprochen. Der Haupteinsatzbereich liegt daher bei Einzelzahnrestaurationen.
Der Ersatz verlorengegangener Zahnhartsubstanz durch keramische Materialien hat sich vor allem durch die Einführung von Lithiumdisilikat als klinischer Standard etabliert. Ausschlaggebend waren dabei die für Glaskeramik damals außergewöhnlich hohe Biegefestigkeit sowie die zahnähnliche Ästhetik. Durch die analoge Verarbeitung in Presstechnik konnten viele Dentallabore ohne große Investitionen das Material anbieten. Die parallel fortschreitende Digitalisierung ermöglichte durch die schleifbare Variante eine alternative Herstellungsweise. Auch wenn es vermutlich für kaum ein anderes Material so viele klinische Daten gibt wie für Lithiumdisilikat, sind fast 20 Jahre klinische Nachbeobachtungszeit – und das unter Praxisbedingungen – besonders aufschlussreich.
Material und Methode
Ein Forscherteam um Giacomo Fabbri aus Cattolica (Italien) untersuchte die Überlebens- und Erfolgsraten verschiedener Einzelzahnrestaurationen aus Lithiumdisilikat auf Zähnen und Implantaten über einen mittleren Beobachtungszeitraum von 15 Jahren bei über 300 Patienten. Zwischen Juni 2006 und Dezember 2010 wurden von sechs Behandlern bei 312 Patienten (169 weiblich, 143 männlich) im Alter von 19 bis 71 Jahren insgesamt 860 Restaurationen eingesetzt. In die retrospektive Untersuchung wurden auch Raucher (34 Prozent) und Patienten mit Bruxismus (30,3 Prozent) aufgenommen – obwohl der Hersteller diese Gruppen explizit als Kontraindikation nennt.
Die Autoren differenzierten verschiedene Arten von Restaurationen:
Es wurden 318 Veneers (203 im Oberkiefer, 115 im Unterkiefer) eingesetzt, die im zervikalen Bereich bis zu 0,2 mm dünn waren. Davon waren 265 verblendet, 53 monolithisch. Alle Veneers wurden adhäsiv unter absoluter Trockenlegung befestigt.
Zusätzlich wurden 480 Vollkronen (183 im Frontzahnbereich, 297 im Seitenzahnbereich) mit einer okklusalen Mindeststärke von 1,5 mm gefertigt und entweder unter absoluter oder unter relativer Trockenlegung adhäsiv eingegliedert.
Zudem kamen 62 Onlays mit einer Mindestschichtstärke von 2 mm zum Einsatz, die unter Kofferdam adhäsiv befestigt wurden.
Die 52 implantatgetragenen Kronen waren entweder als Einzelkronen zementiert (7) oder verschraubt (9) oder wurden als okklusionstragender Anteil auf größeren Brückengerüsten aus Zirkonoxid oder Titan adhäsiv befestigt.
Alle Patienten wurden mindestens einmal jährlich zur Erhaltungshygiene einbestellt, wobei jeweils Fotografien und Röntgenbilder erstellt wurden. Die Beurteilung der Restaurationen erfolgte nach den Kriterien der California Dental Association (CDA) in den Kategorien keramische Oberfläche, Randpassung, Randverfärbung und Farbanpassung (Bewertung A = exzellent bis D = nicht befriedigend). Auch die Patienten selbst bewerteten ihre Restaurationen (exzellent, gut, akzeptabel, nicht akzeptabel). Jede mechanische Komplikation wurde als statistisches Ereignis erfasst.
Ergebnisse
Für alle 312 Patienten lagen auswertbare Daten vor. Bei den Veneers traten sechs kleinere Verblendkeramikfrakturen („Chippings“) und drei Gerüstfrakturen auf; ein Veneer dezementierte sich. Daraus ergibt sich eine Überlebensrate von 97,9 Prozent für verblendete und 100 Prozent für monolithische Veneers. Bei den Vollkronen zeigten sich ebenfalls nur wenige technische Komplikationen: Ein Seitenzahn benötigte nach 18 Monaten eine endodontische Behandlung. Die Erfolgsraten zwischen gepressten und CAD/CAM-gefertigten Kronen unterschieden sich signifikant, wobei letztere mehr Komplikationen zeigten.
Vier Onlays wiesen kleinere Chippings auf, die intraoral repariert werden konnten; ein Onlay musste rezementiert werden, verblieb aber in Funktion. Die Überlebensraten lagen bei 97,8 Prozent für monolithische und bei 100 Prozent für verblendete Onlays. Auch die implantatgetragenen Einzelkronen erreichten Überlebensraten von 97,8 Prozent (monolithisch) bis 100 Prozent (verblendet). Insgesamt wurden 261 Restaurationen (30,3 Prozent aller Versorgungen) bei Patienten mit Parafunktionen eingesetzt, bei denen zwölf Komplikationen (33 Prozent) auftraten.
Die Ergebnisse der klinischen Beurteilung sind in Tabelle 1 dargestellt. Die Patienten bewerteten ihre Restaurationen überwiegend als exzellent (88,1 Prozent) und gut (10,8 Prozent).
Diskussion
Klinische Studien mit einem mittleren Beobachtungszeitraum von 15 Jahren und einer derart hohen Patientenzahl sind selten. Exzellente klinische Fotos dokumentieren die saubere Vorgehensweise der Autoren – vermutlich ein wesentlicher Grund für die überzeugenden Langzeitergebnisse. Zwar ist die Präparation aus heutiger Sicht eher invasiv, jedoch wurde die Studie vor fast 20 Jahren initiiert und der Schutz der Zahnhartsubstanz hat heute einen höheren Stellenwert als damals. Besonders hervorzuheben ist die konsequente adhäsive Befestigung, wenn möglich unter Kofferdam.
Unter diesen Bedingungen funktioniert das klinische Konzept der Einzelzahnrestauration mit Lithiumdisilikat sehr gut. Bemerkenswert ist die geringe Zahl biologischer Komplikationen: Nur eine endodontische Behandlung aufgrund einer irreversiblen Pulpitis war notwendig. Ein Zahn musste aufgrund einer Fraktur entfernt werden. Betrachtet man also nicht nur die Restauration selbst, sondern auch die versorgte Zahnhartsubstanz, nähert man sich dem Ideal: Wenige unerwünschte Ereignisse, die sich fast ausschließlich auf die Restauration beschränken und kaum die natürliche Zahnhartsubstanz betreffen.
Fazit für die Praxis
Einzelzahnrestaurationen aus Lithiumdisilikat zeigen nach 15 Jahren Überlebensraten zwischen 95 und 100 Prozent.
Gepresste Veneers wiesen bessere Überlebensraten auf als CAD/CAM-gefertigte.
Gepresste Kronen auf natürlichen Zähnen zeigten bessere Überlebensraten als CAD/CAM-gefertigte.
Patienten mit Parafunktionen erlitten nicht häufiger Misserfolge als Patienten ohne Parafunktionen.
Die Studie:
Fabbri G, Zarone F, Dellificorelli G, Cannistraro G, De Lorenzi M, Mosca A, Leone R, Sorrentino R: A 13- to 17-Year Retrospective Evaluation of the Clinical Performance of Anterior and Posterior Lithium Disilicate Restorations on Teeth and Implants. Int J Periodontics Restorative Dent. 2025 Apr 25; 45(3):369-383.