Deutschland landet im unteren Mittelfeld
Die Studie mit dem Titel „European Scorecard zum Stand der Implementierung der elektronischen Patientenakte auf nationaler Ebene“ betrachtet verschiedene Indikatoren. Dabei schauten sich die Autorinnen und Autoren infrastrukturelle Voraussetzungen wie das Vorhandensein von Breitband-Internet sowie den Stand bei den politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen an. Einbezogen wurden auch Inhalte und Funktionen, etwa die Frage, ob Patientinnen und Patienten mit ihrer ePA interagieren können.
Insgesamt wird der Status quo der ePA-Einführung in den 26 europäischen Ländern anhand von 32 Indikatoren in fünf Kategorien beleuchtet. Je besser ein Land in den einzelnen Kategorien abschnitt, desto mehr Punkte sammelte es auf seiner „Scorecard“. Die maximal erreichbare Punktezahl betrug dieses Mal 126, der deutsche Score lag bei 87 Punkten. Wie in den vorherigen Erhebungen aus den Jahren 2016 und 2018 führen Dänemark und Finnland auch in der aktuellen Studie das Ranking an.
Deutsche TI startete früh – und entwickelte sich schleppend
Die Studie stellt fest: „Trotz eines frühen Starts der Implementierung einer Telematikinfrastruktur und der gesetzlichen Einführung der ePA im Rahmen des E-Health-Gesetzes im Jahr 2015 blieb die konkrete Umsetzung in Deutschland lange fragmentiert.“ Datenschutzrechtliche Unsicherheiten sowie begrenzte Nutzungsmöglichkeiten in den Anfangsjahren hätten dazu geführt, dass die ePA in der Versorgungspraxis zunächst nur eingeschränkt wirksam wurde. Die flächendeckende technische Anbindung von Arztpraxen, Krankenhäusern und Apotheken an die Telematikinfrastruktur sei nur schleppend verlaufen. Die Leistungserbringer hätten über den hohen administrativen Aufwand sowie unklare Zuständigkeiten geklagt, während viele Patientinnen und Patienten Informationen zum Nutzen der ePA vermissten.
Trotz eines frühen Starts der Implementierung einer Telematikinfrastruktur und der gesetzlichen Einführung der ePA im Jahr 2015 blieb die konkrete Umsetzung in Deutschland lange fragmentiert.
Rhön Stiftung
Während Deutschland auf der europäischen Ebene aktiv an der Weiterentwicklung der digitalen Transformation im Gesundheitswesen teilnehme – Beispiele seien das EU4Health-Programm oder die Ausgestaltung des European Health Data Space –, bleibe es bei der nationalen Umsetzung hinter anderen Ländern zurück. Aber mit Fortschritten: „Im Bereich der Nutzung und Implementierung hat sich Deutschland seit 2018 in einigen Indikatoren verbessert: So nutzen nun 100 Prozent der Hausärzte, Fachärzte, Krankenhäuser sowie Notaufnahmen von Krankenhäusern eine ePA, während diese Werte 2018 noch geringer waren“, so die Rhön Stiftung.
Grund dafür sei, dass sich seitdem in Bezug auf die ePA politisch und strukturell viel bewegt habe. Besonders gut schneide Deutschland mittlerweile im Bereich der rechtlichen Rahmenbedingungen ab. „Das Patientendaten-Schutz-Gesetz (PDSG) von 2020 und das Digital-Gesetz (DigiG), mit dem zum 1. Januar 2025 das so genannte Opt-out-Verfahren in Kraft trat, schaffen solide Grundlagen für die weitere Entwicklung“, heißt es in der Studie. Denn dadurch sei erstmals ein verbindlicher rechtlicher Rahmen für die Einführung und Nutzung der ePA im deutschen Gesundheitswesen geschaffen worden, was die Neustrukturierung der digitalen Gesundheitsstrategie in Gang gesetzt habe.
„Die Effekte dieser neuen politischen Rahmenbedingungen kann die vorliegende Scorecard nur bedingt beziehungsweise noch nicht abbilden, da die verfügbaren Daten aus den Jahren vor 2025 stammen. Dies limitiert die Aussagekraft der Scorecard für den aktuellen Zeitpunkt“, räumen die Autorinnen und Autoren ein. Diese Limitation bedeute auch, „dass jüngste Entwicklungen in dem sich dynamisch entwickelnden Feld der ePA – gerade auch in Deutschland – noch nicht abgebildet werden“ konnten. Messbare Ergebnisse seien erst ab den Jahren 2027 und 2028 zu erwarten.
Die Rhön Stiftung weist außerdem darauf hin, dass die funktionalen, rechtlichen und organisatorischen Ausprägungen der ePA sich teils erheblich zwischen den Ländern, unterscheiden: Einige Länder setzen auf zentralisierte nationale ePA-Systeme wie Estland, Dänemark oder Finnland, wo landesweite digitale Infrastrukturen und zentrale Verwaltungsstrukturen für die ePA bestehen. Andere Länder wie Deutschland oder Österreich sind geprägt durch föderale oder dezentrale Strukturen. Diese strukturellen Unterschiede erschweren demnach eine unmittelbare Vergleichbarkeit.
Was die ausgezeichneten Länder besonders gut machen
Das aktuelle Scorecard-Ranking der Rhön Stiftung betrachtet Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Italien, Irland, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn sowie Zypern.
Wie bereits bei der ersten Erhebung im Jahr 2016 und dem Update im Jahr 2018 führen 2025 mit Finnland und Dänemark zwei skandinavische Länder das Ranking an. Beide erreichten je 113 Punkte. Dänemark habe seine Vorreiterposition vor allem durch Spitzenwerte bei den konkreten Inhalten und Funktionen der ePA behauptet. Finnland ist laut Rhön Stiftung Spitzenreiter in den Kategorien Rechtliche Rahmenbedingungen sowie Nutzungseigenschaften und Gesundheitskompetenz.