Von wirksamer Kariesprävention und „Fake News“
Geht es um Kariesprävention, so gibt es drei Kategorien von Maßnahmen: solche, die nachweislich erfolgreich sind; solche, deren Wirksamkeit nicht zweifelsfrei belegt ist; und solche, die auf mindestens fragwürdigen Behauptungen basieren. Diese „good news, bad news und fake news“ adressierte Prof. Dr. Elmar Hellwig (Freiburg) in einem lehrreichen Vortrag mit zahlreichen Praxisbeispielen.
Maßnahmen zur Kariesprävention sind erfolgreich
Die wichtigste „good news“ ist, dass es zahlreiche erfolgreiche Maßnahmen zur Kariesprävention gibt – allen voran die Versorgung mit Fluoriden. Jüngst konnte eine Auswertung von 96 zwischen 1955 und 2014 durchgeführten klinischen Studien erneut eine hohe Evidenz für die Wirksamkeit von fluoridhaltiger Zahnpasta belegen [1]. Hinzu kommt: Je höher die Fluoridkonzentration, desto höher die kariespräventive Wirkung [2]. Bei Menschen mit hohem Kariesrisiko sowie beispielsweise bei Senioren, die bereits unter Wurzelkaries leiden, kann daher eine Zahnpasta mit hoher Fluoridkonzentration wie Duraphat Fluorid 5mg/g Zahnpasta eine signifikante Reduktion bzw. einen Stillstand der Karies bewirken [3].
Zu den großen „bad news“ der Kariesprävention gehört der weltweite Zuckerkonsum. Während die Weltgesundheitsorganisation WHO täglich maximal 50 bis 60 Gramm empfiehlt, nehmen wir tatsächlich im Schnitt bis zu 100 Gramm auf. Besonders problematisch: Kinder haben einer Berechnung von Foodwatch zufolge bereits am 12. August eines Jahres die empfohlene Zuckermenge für das komplette Jahr konsumiert. Die Menge der Zuckeraufnahme ist jedoch signifikant mit dem DMFT-Wert assoziiert [4]. Notwendig im Sinne der Kariesprävention wäre daher unbedingt eine weniger zuckerhaltige Ernährung.
„Fake news“ in der Zahnmedizin
Auch die Zahnmedizin ist nicht frei von „fake news“, wie Hellwig in seinem Vortrag eindrücklich belegte. Mit unvollständigen Zitaten aus Studien, Täuschungsmanövern oder Suggestion präsentieren manche Anbieter ihre Produkte mit zweifelhaften Wirkversprechen, so der Kariologe aus Freiburg. Sein abschließender Appell lautete daher: „Lesen Sie immer die komplette Studie und glauben Sie niemandem, der oder die zum Produkt nicht mindestens zwei wissenschaftliche Studien aus einem renommierten Journal präsentieren kann.“
Initialkaries vorbeugen und kontrollieren
Bis zu einem knappen Drittel der 12-Jährigen sind von so genannten „White Spot Läsionen“(WSL), das heißt initialen kariösen Läsionen betroffen [5]. Während einer kieferorthopädischen Behandlungsphase kommt es in bis zu 45,8 Prozent der Fälle zu neuen Läsionen [6]. Unter anderem die schnelle Zunahme der bakteriellen Plaque an Brackets führt dazu, dass KFO-Behandlungen mit festsitzenden Apparaturen als „public health threat“ wahrgenommen werden können [7]. Auch kariogene Nahrung, mangelnde Fluoridgabe oder schlechte Mundhygiene begünstigen die Entstehung initialer Läsionen. Prof. Dr. Anahita Jablonski-Momeni (Marburg) widmete sich in ihrem Vortrag daher der Prävention und Kontrolle der WSL bei Kindern und Jugendlichen.
Die Basisprophylaxe besteht auch hier aus zweimal täglichem Zähneputzen mit fluoridhaltiger Zahnpasta und ggf. der Nutzung zusätzlicher Hilfsmittel wie Zahnseide und Interdentalbürsten. Zur Schmelzhärtung und Remineralisation kommen je nach Alter und individuellem Profil der Patient weitere Spezialprodukte zum Einsatz. Fluoridhaltige Mundspüllösungen [8] oder Gele (z.B. elmex gelée) [9] können initiale kariöse Läsionen verringern bzw. inaktivieren. Die Anwendung eines Fluoridlacks (z.B. Duraphat Dentalsuspension) alle sechs Wochen reduziert WSL um bis zu 70 Prozent [10]. Für Patienten ab 16 Jahren mit erhöhtem Kariesrisiko – etwa wegen festsitzender Brackets – kann Duraphat Fluorid 5mg/g Zahnpasta empfohlen werden.
Die Mitarbeit der Patienten ist in der zahnmedizinischen Prävention generell ein wesentlicher Erfolgsfaktor, erfordert aber gerade bei Kindern und Jugendlichen besondere Anstrengungen. Vielversprechend könnte hier zum Beispiel eine Smartphone-App sein, mit der KFO-Patienten Selfies zu ihrer Mundhygiene austauschen und damit eine Art digitale Erinnerung erhalten und sich gegenseitig motivieren.
Die Videoaufzeichnungen weiterer Vorträge des CP GABA Symposiums inklusive Präsentationsfolien stehen im Dental Online College zur Verfügung unter
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Quellen[1] Walsh T. et al. 2019, Cochrane Review “Fluoride toothpastes of different strengths for preventing tooth decay”.[2] Pretty I.A. 2016, Caries Res 50 (suppl 1): 9-14.[3] Leóna et al. 2019, Journal of Dentistry 86: 110-117.[4] Bernabe E et al. 2016, J Dent Res 95.[5] Erhebung in zwei hessischen Regionen, vgl. Jablonski-Momeni et al. 2014, Gesundheitswesen 76 (2):103-107.[6] Sundararaj et al. 2015, Soc Prev Community Dent 5.[7] Ren, Y., Jongsma, M.A., Mei, L. et al. 2014, Clin Oral Invest 18 (7): 1711.[8] van der Kaaij et al. 2015, Eur J Oral Sci 123: 186–193.[9] Splieth C. et al. 2012, Clin Oral Investig 16 (5), 1395–1399.[10] Benson et al. 2013, Cochrane Database Syst Rev 12.
Im Fokus des CP GABA Symposiums 2019 in Köln standen unter anderem die neuesten Erkenntnisse zur Prävention und Behandlung der Karies.