Medizin

Ärzte verpflanzen kranke Organe

sg
Nachrichten
In Deutschland werden händeringend Organspender gesucht. Verstärkt müssen Transplanteure auch zu Organen von Spendern mit Tumoren greifen.

Wie die Ärzte Zeitung berichtet, sind die Chirurgen mittlerweile auch auf „schlechte“ Organe angewiesen. Hintergrund: Die Nachfrage übersteigt das Angebot von Spenderorganen bei weitem - mit der Folge, dass in Deutschland jeden Tag drei Patienten, die auf der Warteliste stehen, sterben.

Früher undenkbar, heute Usus

Früher sei es "undenkbar" gewesen, etwa Organe von Spendern mit einem Malignom zu akzeptieren, zitiert die Zeitung Kerstin Mönch, Koordination der Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO). "Heute sieht das anders aus, wir akzeptieren 'Extended Criteria Donors‘." Dazu würden im Fall der Nierentransplantation nicht nur Patienten über 60, mit Bluthochdruck oder erhöhtem Serumkreatinin zählen, sondern mittlerweile auch solche mit bösartigen Tumoren.

Neuland wird betreten

Das Problem für die behandelnden Ärzte: Mit solchen Organen haben sie nur wenig Erfahrung, es gebe kaum valide Daten - wenn überhaupt nur mit einem begrenzten Evidenzgrad, so Mönch. Ihr zufolge liegt das Transmissionsrisiko in den publizierten Studien zwischen 0, 0,02 und 0,2 Prozent.

Mönch weist in dem Blatt auch darauf hin, dass viele Krebserkrankungen in Spenderorganen erst nach der Transplantation festgestellt werden. Diese Tumoren seien entweder im Spender übersehen worden oder zuvor einfach nicht auffällig gewesen.

Die DSO wertete Daten von 7.483 Spendern von 2006 bis 2011 aus. 248 dieser Spender hatten Malignome (3,31 Prozent). Nierenzellkarzinome stellten mit 38 Tumoren die Hauptzahl, gefolgt von Mammakarzinomen (16). Bei etwa 90 Prozent der Organe wurde bereits zuvor ein Malignom bei den Spendern diagnostiziert. Die meisten Organe wurden somit mit dem Wissen um die Tumoren von den Transplanteuren akzeptiert.

Alles wird angeboten, alles wird akzeptiert

Bislang allerdings wurde der DSO keine Tumortransmission berichtet, teilt Mönch mit. Zumindest nicht bei Organen von Spendern, bei denen schon vor der Transplantation ein Krebs diagnostiziert wurde. Bei den Organen von sieben Spendern mit verdeckten Krebserkrankungen habe die DSO allerdings Tumorübertragungen verzeichnet, darunter RCC, Mamma-Ca, kolorektale Karzinome und neuroendokrine Tumoren. Zehn Empfänger seien erkrankt, acht gestorben. Laut Mönch sind die Transmissionsraten mit 0,02 Prozent niedrig. "Wir bieten alles an, weil auch alles akzeptiert wird."

Im Angebot seien mittlerweile sogar Organe von Spendern mit stark rezidivierenden Tumoren, etwa Melanom oder Mamma-Ca, bei denen die Tumoren allerdings schon Jahre zuvor entfernt wurden. Als ungeschriebene Grenze gelte ein Abstand zwischen Resektion und Spende von zehn Jahren. Selbst Organe von Spendern, die Lymphknotenmetastasen hatten, seien von einzelnen Transplantzentren akzeptiert worden.

„Ich glaube nicht, dass wir bei der Organauswahl noch viel Spielraum haben", zitiert das Blatt die Expertin Mönch. Entscheidend sei in all diesen Fällen die engmaschige und sorgfältige Nachsorge durch die Zentren. 

Melden Sie sich hier zum zm Online-Newsletter an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Online-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm starter-Newsletter und zm Heft-Newsletter.