Fachärztetag des Spitzenverbandes Fachärzte Deutschlands

„Ärzten werden Knüppel zwischen die Beine geworfen“

pr
Politik
Fortschreitender Ärzte- und Fachkräftemangel gehört zu den brennenden Problemen im Gesundheitswesen, so die Meinung auf dem SpiFa-Fachärztetag. Bundesgesundheitsminister Lauterbach kündigte Reformen an.

„Wir müssen jede Kollegin und jeden Kollegen so lange wie möglich im Beruf halten“, erklärte Dr. Dirk Heinrich, Vorstandsvorsitzender des Spitzenverband Fachärzte Deutschlands (SpiFa) in seiner Eröffnungsrede heute zum SpiFa-Fachärztetag im City Hub Berlin. Das gehe aber nicht, wenn der Ärzteschaft von der Politik „jeden Tag mehr Knüppel zwischen die Beine geworfen werden“. Heinrich erwartete klare Signale und warnte, dass der demografische Wandel inzwischen auch bei der Ärzteschaft angekommen sei. Der medizinische Bedarf steige, es gebe immer mehr multimorbide und ältere Patienten – bei einer sinkenden Anzahl von Ärzten. Ein wesentliches Instrument, um die Ärztinnen und Ärzte im Beruf zu halten, sei die vollumfängliche Entbudgetierung der fachärztlichen Leistungen.

Zu prüfen sei auch eine bessere und intelligentere Patientensteuerung, so Heinrich. Dies könne im niedergelassenen Bereich erfolgen, etwa, indem Überweisungen privilegiert werden könnten oder Fragen der Dringlichkeit bei der Behandlung auf den Prüfstand gehörten. Heinrich kam auf den Fachkräftemangel zu sprechen und appellierte an die Krankenkassen, sich dafür einzusetzen, die Medizinischen Fachangestellten (MFA) besser zu vergüten: „Wir bezahlen die Verwaltung besser als die, die am Patienten arbeiten. Das geht nicht.“ Und: „Gestehen Sie auch unserem medizinischen Fachpersonal die Entlohnung zu, die Sie Ihren eigenen Sozialversicherungsfachangestellten gewähren!“

Heinrich: „Die Kliniken warten auf die Reform“

Ein wichtiger Appell des Vorstandsvorsitzenden ging an die Politik, die Krankenhausnovelle zügig auf den Weg zu bringen. „Die Ärzte sind beunruhigt, die Kliniken warten auf die Reform“, sagte Heinrich. „Wir brauche eine Krankenhausreform aus einem Guss“, forderte er. Fragen der Weiterbildung wie auch die Novelle der Notfallversorgung gehörten dazu. Ferner zähle dazu die Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung und eine Statusdefinition zur Rolle des niedergelassenen Arztes im Krankenhaus.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nutzte in seiner Keynote und Replik auf Heinrich die Gelegenheit, die aktuellen Reformvorhaben in der Gesundheitspolitik zu erläutern. Sein Haus arbeite an „vielen Reformen gleichzeitig“, erklärte er. Er griff den wachsenden Ärzte- und Fachkräftemangel auf: „Bis 2040 fehlen 50.000 Ärzte“, sagte er. Hätte man vor zehn Jahren 5.000 Medizinstudienplätze eingerichtet, wäre der dies nicht passiert. Auch mit Ärztinnen und Ärzten aus dem Ausland könne der Bedarf nicht gedeckt werden. Er wolle sich weiter für mehr Medizinstudienplätze einsetzen, kündigte er an.

Lauterbach: „Novelle kommt in den nächsten Tagen“

Zu den weiteren Problembereichen im Gesundheitswesen zählte Lauterbach die Defizite in der Präventivmedizin („Wir sind in Westeuropa das Land mit der schlechtesten Lebenserwartung“) oder in der Digitalisierung („Wir kommen seit 20 Jahren nicht voran“). Auch die Sektorengrenzen seien immer noch nicht überwunden. Ausdrücklich hob der Minister die Pläne zur Krankenhausreform hervor, die Novelle werde „in den nächsten Tagen“ öffentlich gemacht, kündigte er weiter an. „Wir können nicht alle paar Monate mit ein paar Milliarden die Krankenhäuser stützen“, erklärte er. „Wir brauchen eine neue Struktur.“

Ein wichtiges weiteres Vorhaben: Das Versorgungsgesetz I. Dort werde die Entbudgetierung der Hausärzteschaft aufgegriffen. Lauterbach sprach auch über eine Regelung zur Steuerung der Terminvergabe in Facharztpraxen. Diese solle extrabudgetäre Anteile haben, so dass sowohl Patienten als auch Fachärzte davon profitieren könnten. Ein weiterer wichtiger Punkt im geplanten Gesetz: die investorenbetriebenen MVZ. Diese werde man „drastisch einschränken“, kündigte er an. Und zum Thema GOÄ bemerkte er, man könne „darüber reden.“

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