Sozialgericht München

Ärztlicher Leiter im MVZ haftet für Abrechnungsfehler angestellter Ärzte

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Praxis
Die korrekte Dokumentation und Abrechnung zählt zu den vertragsärztlichen Pflichten. In einem MVZ haftet für Fehler aber nicht der Arzt, sondern der Ärztliche Leiter, denn er ist der disziplinarisch Verantwortliche.

Für den Vertragsarzt besteht laut Berufsordnung eine allgemeine Dokumentationspflicht in der Form, dass ein fachkundiger Außenstehender ohne weiteres in der Lage sein muss, zu beurteilen, ob die jeweiligen Leistungsbestandteile erfüllt sind. Das ist wichtig, damit die KV die Rechtmäßigkeit der Abrechnung prüfen kann, stellen die Richter klar.

Im MVZ ist der ärztliche Leiter verantwortlich

In einer Einzelpraxis liegt die entsprechende Verantwortung bei dem niedergelassenen Arzt, in einem medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) ist der ärztliche Leiter verantwortlich. Er kann für Fehler haftbar gemacht werden, wie das Urteil zeigt.

Denn aufgrund der Gesamtverantwortung des ärztlichen Leiters, welche eben auch die Richtigkeit der Abrechnung mit umfasst, besteht den Richtern zufolge grundsätzlich keine Notwendigkeit, vorrangig disziplinarrechtlich gegen angestellte Ärzte im MVZ und allenfalls subsidiär gegen den ärztlichen Leiter vorzugehen, auch wenn diese die Leistungen nicht entsprechend der rechtlichen Vorgaben erbracht haben sollten.

Der Fall: Verdacht der Implausibilität

In dem Fall ging es um ein MVZ in München mit zwei Praxen an zwei Standorten, die acht Kilometer auseinanderlagen. Für beide Praxen war das MVZ als Praxisgemeinschaft angemeldet. Beschäftigt waren dort jeweils Ärzte mit annähernd identischen Fachrichtungen (Orthopädie-Chirurgie). Nachdem sich ein Verdacht der Implausibilität wegen der großen Anzahl gemeinsamer Patienten ergab, forderte KV insgesamt 78.674,68 Euro an Honoraren zurück.

Zur Begründung gab die KV an, dass Überweisungen von einer Praxis in die andere in vielen Fällen medizinisch nicht nachvollziehbar gewesen seien, es wurden offenbar Doppelbehandlungen durchgeführt und Pauschalen beider Fachgruppen in Ansatz gebracht. Außerdem gab es Belege für das gleichzeitige Einlesen von Versichertenkarten an beiden Standorten.

Zusätzlich erlegte die KV dem Ärztlichen Leiter des MVZ eine Geldbuße von 8.000 Euro auf, wogegen dieser vor dem Sozialgericht klagte.

Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung basiert auf Vertrauen

Bei der Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung handelt es sich um eine Grundpflicht und eine der tragenden Säulen des vertrauensbasierten Vertragsarztsystems, verdeutlichten die Richter. Diese Pflicht sei aus der Überlegung heraus entwickelt worden, dass nur ein geringer Teil der Abrechnungen überprüft werden kann. Dagegen habe der Ärztliche Leiter unter mehreren Aspekten verstoßen.

Zum einen wurde die zulassungsrechtlich genehmigte Kooperationsform einer Praxisgemeinschaft rechtsmissbräuchlich genutzt, da die Zusammenarbeit eher der einer Gemeinschaftspraxis entsprach als der einer Praxisgemeinschaft. Dies habe auch in der großen Anzahl gemeinsamer Patienten seinen Niederschlag gefunden. Aber auch das gleichzeitige Einlesen und Doppeleinlesen der Versichertenkarte sei untypisch für zwei wirtschaftlich unabhängige ärztliche Einrichtungen. Hinzu kam, dass in manchen Fällen Überweisungen in die andere Praxis stattfanden, denen sich dann dort entsprechende Behandlungen anschlossen, was nicht nachvollziehbar war.

Die Geldstrafe ist rechtmäßig

Nach Auffassung des Gerichts sind die festzustellenden Pflichtverletzungen insgesamt ausreichend, um die Geldbuße in Höhe von 8.000 Euro zu begründen. Er sei im MVZ disziplinarisch für Fehler bei der Abrechnung und Verletzungen der vertragsärztlichen Pflichten verantwortlich. Denn nur der behandelnde Arzt müsse auf die genaue Honorarabrechnung seiner Leistungen achten, sondern auch der Ärztliche Leiter, der in seiner Funktion eine Überwachungspflicht habe.

Sozialgericht MünchenAz.: S 38 KA 165/19Urteil vom 21. Januar 2021

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