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Aigner warnt Fleisch-Industrie

ck/dpa
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Verbraucherministerin Ilse Aigner will angesichts des Pferdefleisch-Skandals schnell eine Herkunftskennzeichnung einführen. Sie sieht darin aber keine Garantie gegen Missbrauch.

Zu einem Treffen mit ihren Amtskollegen aus den Ländern am Montag in Berlin legte die CSU-Politikerin einen Entwurf für einen Nationalen Aktionsplan vor. Er sieht zusätzliche Untersuchungen von Fleischprodukten sowie eine europaweite Herkunftskennzeichnung für verarbeitete Fleischprodukte vor. 

Herkunftskennzeichnung hätte den Fall nicht verhindert

Im Deutschlandfunk räumte Aigner mit Blick auf die jüngsten falsch etikettierten Produkte ein: "Eine Herkunftskennzeichnung hätte auch diesen Fall nicht verhindert, weil es hier um die Fleischart geht und nicht um die Herkunft." Die Ministerin rechnet damit, dass man sich über die Parteigrenzen hinweg rasch auf Konsequenzen verständigt. Ein Sprecher sagte: "Bund und Länder sind sich einig, was jetzt zu tun ist, und dass wir im Schulterschluss handeln wollen." 

Über die Herkunftskennzeichnung wird auf Ebene der Europäischen Union (EU) schon länger debattiert. Bisher muss bei rohem Rindfleisch zum Beispiel vermerkt sein, aus welchem Staat und Bundesland es stammt - nicht aber bei Fertigware mit Fleisch.

Immer mehr Fertigprodukte in Verdacht

Bundesweit sind nun immer mehr Fertigprodukte wie Tiefkühl-Lasagne in Verdacht geraten, entgegen den Angaben auf dem Etikett Pferdefleisch zu enthalten. Aigner: "Wir brauchen auf alle Fälle ein schnelles Vorgehen." Bereits jetzt müsse Rindfleisch gekennzeichnet werden. "Wenn jemand Pferdefleisch reinmischt, dann ist es schlicht und ergreifend ein Vergehen. (...) Betrug, könnte man auch sagen." In der "Berliner Zeitung" warnte sie die Industrie vor Verharmlosung des Skandals. "Ich kann der Wirtschaft nur raten, (...) alle Schritte zu unterstützen, die einer schnellen Aufklärung dienen." 

Ziel muss ein gläsernes Produkt sein

Nordrhein-Westfalens Verbraucherminister Johannes Remmel (Grüne) sagte vor Beginn des Treffens mit Aigner: "Ziel muss das gläserne Produkt sein." Hessens Ministerin Lucia Puttrich (CDU) mahnte, gegen Kriminalität gebe es keine 100-prozentige Sicherheit. Man müsse aber die Möglichkeit des Betrugs erschweren. 

Schnäppchenjäger - "sie haben auch ihren Beitrag geleistet"

Bayerns Gesundheitsminister Marcel Huber (CSU) nahm auch die Verbraucher in die Pflicht. "Wer immer nur darauf achtet, das allerbilligste Schnäppchen zu kaufen, ohne darüber nachzudenken, ob das für diesen Preis überhaupt herstellbar ist, der hat seinen Beitrag auch dazu geleistet, dass es soweit kommt", sagte er dem Bayerischen Rundfunk (Bayern 2). 

Thüringens CDU-Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht setzte sich für lückenlose Nachweisbarkeit der Produktionsketten und der Herkunftsorte bei verarbeiteten Lebensmitteln ein. Zu Verstößen sagte sie: "Da brauchen wir harte Strafen."

DNA-Tests nicht mehr ausgeschlossen

EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg drohte Hintermännern die "volle Härte des Strafrechts" an. In der "Bild"-Zeitung schloss er zugleich die dauerhafte Einführung von DNA-Tests für Fleisch auf EU-Ebene nicht mehr aus. Falsch deklariertes Fleisch in den Handel zu bringen, sei kein Kavaliersdelikt. "Und wer sogar Fleisch mit Medikamentenrückständen wie Phenylbutazon auf den Markt bringt, ist ein Verbrecher."  Lebensmittelanalytiker rechnen damit, dass sich der Skandal ausweitet.

Der Geschäftsführer des ifp Instituts für Produktqualität in Berlin, Wolfgang Weber, bestätigte, dass sein Institut auch bei Döner-Untersuchungen im Auftrag des Fernsehsenders RTL in Leipzig und Berlin in einer Probe einen Anteil von einem Prozent Pferdefleisch entdeckt hat - und in drei Proben sieben Prozent Schweinefleisch. 

Die Verbraucherorganisation foodwatch forderte die Bundesregierung auf, unabhängig von Brüssel Untersuchungsverpflichtungen im nationalen Lebensmittelstrafrecht festzuschreiben und Verstöße entsprechend ahnden zu lassen. Vize-Geschäftsführer Matthias Wolfschmidt kritisierte die Haftungsverpflichtungen des Handels als völlig unzureichend.

Der Handel als Täter

Wolfschmidt: "Die Handelsketten verkaufen Produkte unter ihrem eigenen Namen, für deren Qualität und Rechtskonformität sie strafrechtlich aber faktisch nicht belangt werden können." Der Handel müsse für seine Eigenmarken geradestehen und bei Täuschung oder Gesundheitsgefährdung strafrechtlich als Täter belangt werden. 

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