Patientin war über zehn Jahre entstellt

Ameloblastom: Aachener Chirurgen entfernen 440 Gramm-Riesen-Tumor!

ck/pm
Zahnmedizin
Aufgrund eines riesigen Ameloblastoms war die 30-jährige Chinelo aus Nigeria über zehn Jahre entstellt. Dank mehrerer Operationen in der MKG-Chirurgie der Uniklinik RWTH Aachen begann für sie jetzt im April ein neues Leben.

Seitdem Chinelo eine junge Frau war, litt sie an dem Ameloblastom, einem lokal langsam wachsenden odontogenen Tumor, der sich von den zahnschmelzbildenden Zellen, den Ameloblasten, ableitet. Der an sich gutartige Tumor hatte praktisch das gesamte zentrale Mittelgesicht ausgefüllt. Er entstellte und  beeinträchtigte nicht nur ihre linke Gesichtshälfte, sondern auch Teile ihres Kiefers, ihre Nase sowie ihr linkes Auge.

Am Ende wog der Tumor 439 Gramm

Der Tumor fing an zu wachsen, als Chinelo gerade schwanger war. Am Ende hatte er einen Durchmesser von 12,5 x 11,5 x 8,2 Zentimetern bei einem Gewicht von 439 Gramm. In ihrem Heimatland konnte ihr nicht geholfen werden.

In Aachen wurde sie schließlich operiert. Dank modernster Resektionstechniken und komplexer Rekonstruktionsverfahren konnte man sie in der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie von dem entstellenden Tumor befreien, der ihr jahrelang gravierende Schwierigkeiten beim Essen, Trinken, Sprechen, Sehen und Atmen, aber auch soziale Probleme wie Ausgrenzung und Isolation bereitet hatte.

Ziel der ersten OP: die vollständige Tumorentfernung

Ziel der ersten Operation war die vollständige Tumorentfernung. „Der chirurgische Eingriff war wie erwartet in mehrfacher Hinsicht eine Herausforderung. Im Vorfeld musste der Tumor exakt lokalisiert werden, um bei der Entfernung des Ameloblastoms weder Blutgefäße noch Nerven oder andere wichtige Strukturen zu verletzen. Natürlich wollten wir den Tumor vollständig entfernen, gleichzeitig aber auch möglichst viele wichtige gesunde Gewebestrukturen wie Nerven und Gefäße erhalten“, erklärt Operateur  Univ.-Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Frank Hölzle, Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie.

Anhand computertomografischer Daten wurden lange und intensive Besprechungen mit den Radiologen bezüglich der Ausdehnung des Tumors, insbesondere zur linken Augenhöhle und zur Schädelbasis hin geführt. Zwei Fragestellungen waren laut Hölzle dabei zentral: 1. War die Schädelbasis infiltriert? 2. Muss das linke Auge entfernt werden? Entscheidend war schließlich auch die Histologie: Was für ein Tumor lag vor?

Der aufwendige, fast sechs Stunden dauernde Eingriff, wurde von einem Anästhesieteam und zwei OP-Schwestern begleitet. Zur Planung, Durchführung und Nachbehandlung bildeten Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen, Intensivmediziner, Anästhesisten, Radiologen, Phoniater und Logopäden ein interdisziplinäres Team.

Ziel der zweiten OP: Wiederherstellung von Funktion und Ästhetik

Am 6. Mai wurde die junge Frau ein zweites Mal operiert: Dabei wurde der durch den Riesen-Tumor entstandene Defekt – nach der Tumorentfernung blieb eine Apfelsinen-große Lücke – im Oberkiefer und an der Nase durch Weichgewebe aus dem Oberschenkel aufgefüllt, um die Funktion und Ästhetik bestmöglich wiederherzustellen. Die rekonstruktive Operation dauerte rund zehn Stunden und wurde von zwei Operationsteams der MKG-Chirurgie durchgeführt. Drei Monate später erfolgte dann noch eine Ausdünnung und Feinadjustierung des Weichgewebetransplantats. 

Die junge Nigerianerin ist als neuer Mensch zurück in ihre Heimat geflogen. Sie kann nach ihrer ersten Behandlung in der Uniklinik RWTH Aachen den Mund wieder normal öffnen, die Kiefer bewegen und ist auf dem Weg zu einem vollständigen Gesicht.

Für die dritte OP werden noch Spendengelder benötigt

Hölzle hofft, dass er im nächsten Jahr in einer abschließenden OP die knöchernde Rekonstruktion des Oberkiefers mittels eines Unterschenkel-Fibulatransplantats vornehmen kann, um dann Implantate insererieren zu können. Für diesen Eingriff werden jedoch noch Spenden benötigt.

Hintergrund

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