Anonymer Aidstest auf der Kippe
Die HIV-Testkampagne von Paritätischem Wohlfahrtsverband und freien Trägern der Drogen- und Aidshilfe in Berlin steht vor dem Aus: Im Januar 2014 endet das von der Stiftung Deutsche Klassenlotterie finanzierte Pilotprojekt. Die Gesundheitsverwaltung würdigt zwar seine Verdienste. Mittel, um es weiterzuführen, stünden im kommenden Haushalt jedoch bisher nicht zur Verfügung.
Die Geschäftsführerin der an der Kampagne beteiligten Berliner Aids-Hilfe, Ute Hiller, warnt im Gespräch mit der Agentur dpa davor, dass sich künftig weniger Menschen testen lassen und Infektionen länger unentdeckt bleiben könnten.
Seit 2011 gibt es die Schnelltests auf HIV-, Syphilis- und Hepatitis C in Berlin. Was wurde bislang erreicht?
Ute Hiller:Wir ziehen insgesamt eine sehr positive Bilanz, weil wir genau die Menschen erreicht haben, die in der Regel nicht zum Arzt oder zum Gesundheitsamt gehen. Dazu gehören schwule und bisexuelle Männer ebenso wie Drogenkonsumenten.
Das zeigt unser Zwischenbericht, der 15 Monate der Kampagne erfasst. In dieser Zeit haben wir fast 4.000 Menschen getestet. Gleichzeitig ist die Zahl der Tests etwa beim Gesundheitsamt nicht zurückgegangen. Es ist also eine zusätzliche Gruppe, die zu uns gekommen ist - darunter fast 30 Prozent Menschen mit Migrationshintergrund.
Was unterscheidet den Schnelltest bei der Aids-Hilfe von anderen HIV-Tests, zum Beispiel beim Hausarzt?
Tests beim Arzt werden in der Regel über die Krankenkassen abgerechnet. Sie sind damit aktenkundig. Unser Angebot ist anonym: Es lassen sich auch Menschen testen, die eigentlich nicht mit dem Thema in Verbindung gebracht werden wollen. Schnelltests bieten überhaupt nur die wenigsten Praxen an, das Gesundheitsamt gar nicht. Bei dem Test zeigt sich schon nach 30 Minuten ein erstes Ergebnis. Und wir stehen beratend zur Seite.
Welche Konsequenzen hat es, dass es das Projekt bald nicht mehr geben könnte?
Man muss sehen, dass in dem beobachteten Zeitraum zehn Prozent aller Berliner HIV-positiven Diagnosen bei uns gestellt wurden. Das waren 53 Menschen von 4.000, die sich testen ließen. Die Prävalenz (Rate der Erkrankten) liegt deutlich über dem Wert der Gesundheitsämter. Das würde wegfallen.
Dabei ist es gerade unser Ziel, die unentdeckten Infektionen einzugrenzen. Wenn das Virus früh entdeckt wird, ist es ähnlich gut behandelbar wie chronische Erkrankungen, etwa Diabetes. Menschen hingegen, die nichts von ihrer Infektion wissen, stecken besonders in der ersten Phase unwissentlich andere an. Wer sein positives Ergebnis kennt, geht damit in der Regel sehr verantwortungsvoll um.
Haben Sie Hoffnung, doch noch Gelder auftreiben zu können?
Die Berliner Abgeordneten haben es jetzt in der Hand, Änderungen im Haushalt 2014/15 vorzunehmen. Senator Czaja hält unser Projekt für richtig und gut, will dafür aber kein Geld geben. Es kann und darf nicht sein, dass Berlin als eine der "schwulen" Metropolen in der Welt mit seiner Weltoffenheit und Vielfalt wirbt, aber für die eigene Bevölkerung kein gutes Gesundheitsangebot bereithält.