Auch zahnärztliche Zusatzleistungen fallen weg
Grund für die Tarifkündigungen, die in den vergangenen Wochen an die Versicherten geschickt wurden, ist der Urteilsbeschluss von Juli 2019 des BGS zu einem jahrelangen Rechtsstreit zwischen zwei Krankenversicherungen. Hier hatte eine private Krankenversicherung gegen die AOK Hamburg/Rheinland geklagt.
Demnach dürfen die Krankenkassen im Rahmen des Leistungskatalogs keine individuellen Kostenerstattungen als Tarife mehr anbieten. Das betrifft unter anderem auch die Tarife für Zahnersatz, Prophylaxe, Auslandskrankenschutz oder die Wahlleistung für Ein- oder Zweibettzimmer, wie das Gericht beschloss und die AOK bestätigte.
Die Urteilsbegründung
„Die gesetzliche Ermächtigung zum Wahltarif Kostenerstattung ermächtigt nicht zu einer Ausdehnung des Leistungskatalogs zum Beispiel um zusätzliche Auslandsleistungen, sondern lediglich zu einem Wahltarif mit einer höheren Kostenerstattung als nach dem gesetzlichen Grundmodell gewillkürter Kostenerstattung.
Soweit die Beklagte Wahltarife für Zahngesundheit und häusliche Krankenpflege vorsieht, missachtet sie, dass leistungserweiternde Gestaltungen nur als Leistungen für alle Versicherten einer Krankenkasse möglich sind, die mit dem allgemeinen Beitrag abgegolten werden.“
BundessozialgerichtAz.: B 1 KR 34/18 RUrteil vom 31. Juli 2019
Besonders ärgerlich für die Versicherten: Die meisten Wahltarife enden zum 30. Juni 2020. Ist ein Patient dann gerade noch in einer laufenden Behandlung eines der betroffenen Tarife, ende die Kostenerstattung trotzdem an dem Tag, zu dem der Wahltarif aufgekündigt wurde.
Ein schneller Wechsel in eine Private ist nicht so einfach
Ein schneller Wechsel in eine private Zusatzversicherung ist nicht so einfach möglich. Denn grundsätzlich wird bei der Aufnahme eine Gesundheitsprüfung veranlasst und bestehende Vorerkrankungen abgefragt, die dann den Versicherungsschutz beeinflussen, erklärt Stephan Caspary vom Verband der Privaten Krankenversicherungen.
Des Weiteren ist in den Bestimmungen festgelegt, dass keine laufenden oder geplanten Behandlungen übernommen werden, fügt Caspary hinzu. Es kann sich aber lohnen, sagt der Experte, das Kleingedruckte im Vertrag zu lesen. In den konkreten Vertragsbedingungen ist vermerkt, ob eine Kostenübernahme eventuell doch möglich ist - gegebenenfalls mit einer Betragsdeckelung oder an eine Mindestlaufzeit geknüpft ist.
Der Unterschied bei privatem Versicherungsschutz besteht darin, dass hier unabhängig von gesetzlichen Änderungen ein Bestandsschutz bestehen bleibt. Außerdem verzichten private Leistungsträger auf das ordentliche Kündigungsrecht und garantieren ihren Versicherten so einen immer gültigen Schutz, hebt Caspary als Vorteil hervor.
Hintergrund: Ab 2007 hatte der Gesetzgeber den gesetzlichen Krankenkassen erlaubt, die Wahltarife auf Basis der Kostenerstattung anzubieten, um den Wettbewerb zu erhöhen. Hier treten die Versicherten wie bei der privaten Krankenversicherung in Vorleistung und erhalten die Kosten rückwirkend von ihrer gesetzlichen Krankenkasse zurück.