Bewertungsportale: Bei einer Lüge des Arztes entfällt die Prüfpflicht
Bei falschen Tatsachenangaben des Bewerteten löst diese Beanstandung keine Prüfpflichten des Hostproviders aus: Eine bewusst wahrheitswidrige Behauptung könne die Rechtswidrigkeit einer Bewertung nicht begründen.
Der Oralchirurg leugnete, die Patientin zu kennen
Folgender Fall lag zugrunde: Im Dezember 2020 erhielt ein Oralchirurg auf dem Portal "Local Reviews" eine negative Beurteilung von einer Patientin. Mit der Behauptung, zu der Bewertung gebe es „nach Prüfung der Kundenvorgänge keinen korrelierenden Kundenvorgang“; die Bewertung könne „keinem der Darstellung des Bewerters korrelierendem Vorfall zugeordnet werden“, verlangte der Zahnarzt die Löschung dieser Bewertung.
Der Portalbetreiber forderte die Patientin daraufhin zu einer Stellungnahme auf, woraufhin diese belegte, dass es ein Behandlungsverhältnis gab. "Local Reviews" unternahm in der Folge keine weiteren Schritte. Der Zahnarzt behauptete erneut, die Verfasserin der Bewertung sei ihm nicht bekannt, zudem habe der Portalbetreiber die Pflicht, auf die erhobene Beanstandung hin ein Prüfverfahren einzuleiten.
Er erhob daher Klage. Das Landgericht Saarbrücken wies die Klage ab. Dagegen richtete sich die Berufung des Zahnarztes.
Keine Prüfpflicht bei bewusst falscher Behauptung
Das OLG Saarbrücken entschied gegen den Oralchirurgen: Beanstandungen, die auf (bewusst) falschen Tatsachenvortrag gestützt werden, können keine Prüfungspflichten des Hostproviders auslösen. Denn falsche Behauptungen seien objektiv ungeeignet, die Rechtswidrigkeit der beanstandeten Bewertung zu begründen. Der Arzt habe hier wahrheitswidrig behauptet, er kenne die Verfasserin der Bewertung nicht. Er habe bewusst den falschen Eindruck vermitteln wollen, es bestehe kein Patientenverhältnis der Nutzerin zum Kläger. Durch die Einholung der Stellungnahme habe der Portalbetreiber schon mehr getan als sie hätte tun müssen.
Oberlandesgericht Saarbrücken
Az.: 5 U 117/21
Urteil vom 9. September 2022