Blutspendeverbot für Schwule auf dem Prüfstand
Ziel sei, den bisher geltenden dauerhaften Ausschluss von Menschen mit riskantem Sexualverhalten zu beenden. Vielmehr sollte Blut spenden erlaubt sein, wenn die Betroffenen seit einer bestimmten Zeit keinen riskanten Sex hatten. Der genaue Zeitraum müsste noch definiert werden.
Den geltenden Richtlinien zufolge sind Personen von der Blutspende ausgeschlossen, deren Sexualverhalten ein erhöhtes Übertragungsrisiko für durch Blut verbreitete schwere Infektionskrankheiten wie HIV birgt. Dazu zählen neben Männern, die mit Männern Sex haben, auch Heterosexuelle mit häufig wechselnden Geschlechtspartnern oder Prostituierte. Abgeklärt wird das per Fragebogen vor der Spende.
Pauschales Verbote seit Jahren in der Kritik
Gerade das pauschale Verbot für Schwule stößt seit Jahren auf Kritik. Wegen des Vorwurfs der Diskriminierung war bereits die Formulierung "Homo- und bisexuelle Männer" aus dem Fragebogen gestrichen worden, wie Friedrich-Ernst Düppe vom Blutspendedienst beim Deutschen Roten Kreuz erklärt. Dafür ist jetzt von "Männern, die mit Männern Sex haben" die Rede. De facto ist es beim Tabu geblieben.
Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) begrüßte den Vorstoß der Ärzteschaft. "Es ist eine medizinische Entscheidung, aber der faktische Ausschluss von homosexuellen Männern wird nicht verstanden. Wir brauchen mehr Menschen, die bereit sind, Blut zu spenden. Wenn bessere medizinische Kriterien von den Experten gefunden werden, ist das ein Fortschritt", erklärte der Minister am Sonntag.
Eine Entscheidung auf rationaler Ebene
In mehreren Bundesländern fordern vor allem die Grünen Änderungen - so etwa in Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Auf Bundesebene sagte nun der offen schwule parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck: "Die Risikominimierung bei Blutspenden muss auf rationaler Gefährdungsanalyse statt auf Vorurteilen basieren. In diesem Sinne ist eine Überprüfung der Praxis geboten." Und auch SPD-Gesundheitspolitikerin Bärbel Bas erklärte: "Man kann nicht generell Personengruppen ausschließen."
Ein 100-fach höhere Risiko
Grund für das Verbot ist das 100-fach höhere Risiko einer HIV-Neuinfektionen bei Männern, die mit Männern Sex haben, im Vergleich zu heterosexuellen Männern. Damit begründet die BÄK den Dauerausschluss. Eine Änderung der Hämotherapie-Richtlinien auf Basis der neuen Erkenntnisse ist nach Angaben von BÄK-Sprecher Samir Rabbata derzeit aufgrund der europäischen Rechtslage nicht möglich.
Nun wolle die Kammer die zuständigen Bundesoberbehörden, Robert Koch-Institut und Paul-Ehrlich-Institut, kontaktieren sowie das Bundesgesundheitsministerium. Im Haus von Minister Daniel Bahr (FDP) verweist man bislang auf die BÄK-Richtlinien und das selbstverwaltete Gesundheitswesen. "Wir entscheiden nicht, was medizinisch richtig ist und was falsch", sagte eine Ministeriumssprecherin.