Bundesregierung will Corona-Schnelltests für den Hausgebrauch freigeben
Laut eines aktuellen Verordnungsentwurfs aus dem BMG soll das COVID-19-Infektionsgeschehen transparenter gemacht werden. Die geplante „Dritte Verordnung zur Änderung der Medizinprodukte-Abgabeverordnung im Rahmen der epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ sieht vor, dass „In-vitro-Diagnostika für die Eigenanwendung, die für den direkten Nachweis einer SARS-CoV 2-Infektion bestimmt sind“, in Anlage 3 der Medizinprodukte-Abgabeverordnung (MPAV) aufgenommen werden. Unter diese Kategorie fallen derzeit nur HIV-Selbsttests.
Angst vor Fehldiagnosen
Die Durchführung von Tests in Eigenregie stand in den vergangenen Wochen und Monaten in der Kritik, denn Experten befürchten, dass nicht medizinisch geschulte Menschen dabei Fehler begehen könnten, die wiederum das Ergebnis sinnlos machen könnten. Außerdem stand die Skepsis im Raum, ob jeder, der ein positives Ergebnis erhält, sich anschließend auch an die Melde- und Quarantäne-Vorschriften halten würde. Deshalb ist die Abgabe von Corona-Schnelltests bisher nur an Ärzte, Pflegeheime und Schulen erlaubt, nicht aber an Privatpersonen.
Apotheker begrüßen die Pläne
Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) begrüßt den Plan der Bundesregierung. „Corona-Schnelltests für Privatpersonen sind eine vernünftige Ergänzung der Teststrategie im Kampf gegen die Pandemie“, sagt ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening: „Die beste Variante ist und bleibt weiterhin, einen Corona-Schnelltest von einem kompetenten Heilberufler durchführen und auswerten zu lassen. Dies ist auch deswegen wichtig, damit der Meldeweg an die Gesundheitsämter schnell und sicher verläuft. Wenn sich aber zusätzlich nun auch Privatpersonen selbst testen können, weil es genügend geeignete Tests gibt, sollten wir als Gesellschaft diese Chance auch nutzen. Apotheken werden diese Tests anbieten und kompetent dazu beraten. An jeden positiven Test zuhause sollte sich jedoch ein sofortiger Anruf beim Hausarzt beziehungsweise beim Gesundheitsamt anschließen. Nur ein PCR-Test vom Labor kann das Ergebnis des Schnelltests sicher bestätigen und damit das Infektionsgeschehen präzise abbilden.“
Der Berufsverband Deutscher Laborärzte ist skeptisch
Der Berufsverband Deutscher Laborärzte (BDL) hingegen sieht die geplanten Schnelltests skeptisch und fordert eine „objektive externe Überprüfung der geplanten, vom Bund finanzierten Coronavirus-Selbsttests“. In einer Pressemitteilung halten die Laborärzte fest: „Schon bei den Antigen-Schnelltests für nichtmedizinische Einrichtungen drücken aktuell die Behörden derzeit ,beide Augen zu'. Viele falsch negative oder falsch positive Tests sind die Folge. Das darf sich bei den Spuck- oder Gurgeltests und anderen Tests für Zuhause nicht wiederholen“, so BDL-Vorstandsmitglied Dr. Matthias Orth. Der BDL vertritt die Interessen von rund 1.200 Fachärztinnen und Fachärzten für Laboratoriumsmedizin in Deutschland.
Orth, Chefarzt im Stuttgarter Marienhospital , warnt vor den Folgen einer laxen Prüfung und Genehmigung der Coronavirus-Selbsttests: „Wir haben bereits jetzt eine Schnelltest-Schwemme, in der zwischen den Aussagen bestimmter Importeure und der tatsächlichen Leistungsfähigkeit in objektiven Studien riesige Diskrepanzen festgestellt werden. Wenn die Tests entgegen der Zulassungsvorgaben durch Laien eingesetzt werden, wäre das nicht nur eine massive Verschwendung öffentlicher Mittel. Sie würden so auch medizinisch großen Schaden anrichten, wenn Infektionen in großer Zahl unerkannt bleiben. Gerade für den Einsatz im häuslichen Umfeld bei asymptomatischen und präsymptomatischen Personen sind die derzeit bekannten Tests regelmäßig nicht geeignet. Zudem sind im häuslichen Umfeld die Ansteckungsgefahren besonders groß.“ So lange die Selbsttests nicht so gestaltet seien, dass ein „falsch negatives“ oder „falsch positives“ Ergebnis sehr unwahrscheinlich sei, dürfe die Infektionsdiagnostik aus Sicht des BDL nur durch Ärzte erfolgen.