Medizin

Das Mesenterium: Gekröse oder Organ?

dg/nh
Nachrichten
Seit einigen Tagen macht die Meldung "Forscher entdecken neues Organ" im Netz die Runde. Genau genommen kennt man das Mesenterium jedoch schon lange.

Das Mesenterium - bekannt als Bauchfellfalte - wurde von irischen Wissenschaftlern nun ins Rampenlicht gerückt: Eine Forschergruppe um Prof. J. Calvin Coffey von der Universität Limerick in Irland stellte fest, dass das Mesenterium ein zusammenhängendes Gewebe ist und eine funktionelle Einheit darstellt, die den Darm vom Magen bis zum Rektum stützt und begleitet. Bisher gingen Mediziner davon aus, dass das Gekröse aus Einzelteilen besteht.

Laut Coffey ist die Bezeichnung "Organ" für das Mesenterium nun gerechtfertigt: "Wir sagen jetzt, dass wir im Körper ein Organ haben, das bislang nicht als solches anerkannt worden ist.“

Coffey schlug sogar vor, den Fachbereich Mesenteriologie zu gründen, in dem sich Mediziner auf die Erforschung des Mesenteriums spezialisieren. Der neue Fachbereich könne dabei helfen, Krankheiten des Verdauungstrakts in Zukunft besser behandeln zu können. "Wir haben jetzt die Anatomie und die Struktur erkannt. Der nächste Schritt ist, die Funktion herauszufinden", sagte Coffey.

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Verschiedene Mediziner äußerten sich bereits in den Medien zu Coffeys Studienergebnissen. Prof. Stefan Schreiber vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein ist zum Beispiel der Meinung, dass die Studie der Universität Limerick einen "hochwichtigen Fokus auf das Gekröse" richtet. "Die Bedeutsamkeit des Mesenteriums für unseren Körper wurde bisher unterschätzt - und ist in der Medizin unterrepräsentiert", sagte Schreiber der Tagesschau. Als Organ betitelt er das Gekröse trotzdem nicht. Zwar verfüge es über eigene Immunzellen, doch im Vergleich zu einem Herzen oder einer Niere könne es nicht aus dem Körper herausgetrennt und transplantiert werden - und sei deshalb kein eigenständiges Organ.

Christian Prinz, Direktor der Klinik für Gastroenterologie am Helios Universitätsklinikum in Wuppertal, sieht die angebliche "neue Entdeckung" ebenfalls deutlich nüchterner: "Das ist kein Organ", sagte er Spiegel Online nach Rücksprache mit seinem Kollegen Hubert Zirngibl, der als Direktor des Chirurgischen Zentrums bei Operationen fast täglich mit dem Mesenterium in Berührung kommt. Stattdessen sehen die beiden die Struktur als funktionelle Einheit, die den Darm mit Lymphknoten, Blutgefäße und Nerven versorgt.

Prof J Calvin Coffey, D Peter O'Leary, PhD, The mesentery: structure, function, and role in disease, in: The LancetGastroenterology & Hepatology, Volume 1, No. 3, p. 238–247, November 2016 DOI: dx.doi.org/10.1016/S2468-1253(16)30026-7

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